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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Eisenbahn (Geschichtliches).

Anmerkung: Fortsetzung des Artikels 'Eisenbahn'

Anmerkung: Fortsetzung von [Geschichte der Eisenbahnen.]

ältern Kulturvolk erhielten, ist unbekannt. Wahrscheinlich waren die Ägypter, welche das Räderfuhrwerk schon früher benutzten, hierin ihre Lehrmeister. Mit der Ausbreitung des römischen Reichs, deren Machthaber zur Bewegung ihrer Eroberungsheere breiter Bahnen bedurften, verschwanden die Steingeleise. Erst der deutsche Bergbau griff die Idee der Spurbahn wieder auf. Chroniken aus dem 16. Jahrh. erzählen von ausgehöhlten Bahnen und Geleisen zur leichtern Fortschaffung der Förderwagen (Hunde) in den Grubengängen. Auch die Anwendung des Eisens beim Bau der Spurbahnen in den deutschen Bergwerken wird im 16. Jahrh. schon erwähnt. Von Deutschland aus gelangten diese Spurbahnen nach England. Hölzerne Schienenwege als Ersatz für die gewöhnlichen Straßen wurden in England zwischen 1602 und 1649 zuerst angewandt. 1765 bestanden in Newcastle von den dortigen Gewerken mit für die damaligen Zeiten beträchtlichen Kosten angelegte Spurbahnen zum Transport der Kohlen von den Gruben zur Verschiffungsstelle. Sie wurden nach vorangegangenem Nivellement und genauer Ermittelung der Trace fallend gebaut und bestanden aus 60-90 cm voneinander entfernten Querschwellen, auf welchen 16-18 cm breite, 10-13 cm starke Eichenholzlanghölzer eingezapft waren; auf diesen bewegten sich die Fuhrwerke, von Pferden gezogen, durch Räder, welche nach einwärts um 4 cm vorstehende Ränder hatten, die sie zwangen, in der Bahn zu bleiben. Wahrscheinlich wurde zur Verstärkung der Langhölzer an besonders der Abnutzung ausgesetzten Stellen, ebenso wie bei den ältern deutschen Bergwerksbahnen, auch Eisen angewandt. Als 1767 die Eisenpreise sehr niedrig waren, goß das Eisenwerk Colebrook Dale eine bedeutende Menge vorrätigen Roheisens in Plattenform und belegte damit einen der Spurwege des Werkes, bis sich Gelegenheit zu vorteilhafterm Verkauf des Eisens finden würde. Die hierbei sich ergebenden Vorteile führten zu dem Entschluß, diese Eisenplatten nicht nur liegen zu lassen, sondern noch andre derartige Bahnen anzulegen. Von diesen Colebrook Dale-Schienen, welche eine konkave Oberfläche hatten, kamen indes die Räder, welche keine Spurkränze besaßen, leicht ab, weshalb man 1776 den Schienen an ihrer innern Seite Erhöhungen gab, wodurch die Karren im Geleise festgehalten wurden. Diese Schienen waren unmittelbar auf Langhölzern befestigt, welche wieder auf Querhölzern ruhten. Im J. 1793 ersetzte Josua Burns auf der Lawson-Minebahn bei Newcastle die Holzunterlagen durch Steinblöcke und ließ auf diesen die Schienen mittels eiserner Nägel und Holzdübel befestigen. Um an Eisen zu sparen und den Schienen die gehörige Tragfähigkeit zu geben, ließ man sie nach der Mitte zu höher werden. Später krümmte man die untere Fläche der frei aufliegenden Schiene, um jeder Stelle gegen Bruch die gleiche Sicherheit zu geben, nach der Linie eines Fischbauchs. Die sogen. Fischbauchschiene, auf welcher die Räder mit vorspringenden Rändern liefen, an den Enden in gußeisernen Stühlen ruhend, meist von Steinwürfeln unterstützt, war der Typus, der auf fast allen Bahnen, die vom Ende des 18. Jahrh. an in rascher Aufeinanderfolge und großer Ausdehnung auf dem Boden des nördlichen England entstanden, zur Anwendung gelangte. Seit 1808 begann man, das Gußeisen bei der Herstellung der Schienen durch das zähere und haltbarere Schmiedeeisen zu ersetzen, und Robert Stephenson machte darauf aufmerksam, daß die Festigkeitsverhältnisse, seitdem die Schiene ↔ über mehrere Stützen sich erstreckte, andre geworden waren und die Form der Ellipse entbehrlich machten. Er verwandte beim Bau der London-Birminghamer Bahn Schienen mit symmetrischem Querschnitt und parallelen Ober- und Unterflächen und war damit zu den Formen gelangt, wie wir sie heute noch bei unsern modernen Bahnen treffen. Die Fuhrwerke waren, solange sie auf gußeisernen Schienen liefen, klein; die Lasten wurden auf größere Längen verteilt, auch die einzelnen Räder nicht sehr belastet. Letztere bestanden aus Gußeisen und waren auf den Achsen festgehalten, welche sich in am Karren befestigten Büchsen drehten. Nach der Herstellung der Schienen aus Schmiedeeisen, durch welches die Räder verhältnismäßig schnell abgenutzt wurden, erfand man die Kunst, die Radreifen hart zu gießen. Die Bauart der Wagen war ursprünglich roh; da man Personen zu jener Zeit auf E. noch nicht transportierte. Menschen- und Pferdekräfte waren ursprünglich die einzigen Kräfte, womit das Fuhrwerk auf E. und zwar zunächst nur bei der Thalfahrt in Bewegung gesetzt wurde; bei hohen Steigungen ließ man einen herabrollenden schweren Zug auf der einen Seite einen auf der entgegengesetzt Seite zu bewegenden leichtern Zug hinaufziehen. Auch wurden schon damals an solchen Stellen stehende Dampfmaschinen in Anwendung gebracht. In den Kohlendistrikten von Wales und Schottland schafften in den ersten Jahren dieses Jahrhunderts Dampfmaschinen mittels Ketten oder Seilzügen, die sich auf Trommeln wickelten, die Wagen auf steilen Steigungen empor. Auf bewegliche Dampfmaschinen zur Fortschaffung von Wagen auf E. nahm zwar schon 1784 Watt ein Patent; seine Erfindung kam jedoch nirgends zur Ausführung. Die erste wirklich brauchbare Lokomotivmaschine, welche von Trevethik und Vivian erbaut und 1802 patentiert worden war, fand erst 1805 auf der Bahn Merthyr Tydvil Anwendung. Diese Maschine zeigte bereits alle wesentlichsten Teile der jetzigen Lokomotiven und bewegte sich ohne gezahnte Radreifen auf den Schienen. Die damaligen Techniker glaubten aber, daß die Reibung der glatten Räder auf den Schienen nicht ausreiche, um mit schweren Wagenzügen steile Steigungen zu überwinden. Trevethik selbst konstruierte neben den Schienen noch eine Holzbahn, in welche sich hervorragende Nagelköpfe der Räder eindrücken und so ein Zurücklaufen der letztern verhindern sollten. Blenkinsop erhielt 1811 ein Patent auf eine Maschine, die mit einem verzahnten Rad versehen war, welches in eine gezahnte Schiene eingreifen konnte. Ein Jahr später suchte Chapman das Ziel durch eine Vermehrung der Treibräder zu erreichen und brachte deren Zahl auf acht. Erst 1814 ließ George Stephenson auf den Kohlenbahnen bei Newcastle upon Tyne Maschinen mit glatten Rädern auf glatten Schienen laufen und dann in seiner Fabrik mehrere Maschinen ausführen, die seit 1815 auf den Grubengeleisen der Kohlendistrikte von Newcastle Verwendung fanden. Die erste Eisenbahn, welche dem öffentlichen Verkehr diente, wurde 1825 zwischen Stockton und Darlington eröffnet und zeigte zuerst, daß auch andre Güter als Kohlen und auch Passagiere auf weitere Strecken und mit größerer Geschwindigkeit als seither auf E. transportiert werden könnten. Zwischen den genannten Städten fuhr man mit der Geschwindigkeit von 16-17 km in der Stunde. Am 25. April 1829 wurde von dem Direktorium der Manchester-Liverpooler Bahn eine Belohnung von 500 Pfd. Sterl. für die Erfindung einer Lokomotivmaschine ausgesetzt, welche ihr

Anmerkung: Fortgesetzt auf Seite 430.