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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Fische

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Fische (Einteilung; fossile Fische).

Abkömmlinge einer untergegangenen Schmelzfischgruppe. Im einzelnen ergibt sich hiernach folgende Einteilung:

A. Knorpelfische (Chondropterygii). Skelett knorpelig.

1. Ordnung: Selachier (Selachii) oder Quermäuler (Plagiostomi). 5-7 Kiemenöffnungen. Hierher Haie und Rochen (Fig. 21 u. 22, s. Selachier).

2. Ordnung: Holocephalen (Holocephali). Eine Kiemenöffnung. Hierher die eigentümlich gestalteten Chimaeridae (Seekatzen).

3. Ordnung: Dipnoer (Dipnoi), Lungen- oder Lurchfische. Mit Kiemen und Lungen. Bilden den Übergang zu den Amphibien und zerfallen in Monopneumones (mit einer Lunge) und Dipneumones (mit zwei Lungen). Zu den erstern gehört auch Ceratodus (s. d.).

B. Schmelzfische (Ganoidei).

Knorpel- und Knochenfische. Schuppen oder Knochenschilder der Haut mit Schmelz überzogen. Zum größten Teil fossil. 7 Ordnungen, darunter genauer bekannt: die Störe (Acipenserini, Fig. 20), Flösselhechte (Polypterini), Knochenhechte (Lepidosteini) und Kahlhechte (Amiadini).

C. Knochenfische (Teleostei). Skelett knöchern.

1. Ordnung: Physostomi. Schwimmblase mit Luftgang.

1. Unterordnung: Apodes, ohne Bauchflossen. Hierher unter andern die Aale (Muraenoidi, Fig. 11) und Zitteraale (Gymnotini).

2. Unterordnung: Abdominales (Bauchflosser), mit Bauchflossen. Hierher unter andern die Heringe (Clupeidei, Fig. 10), Lachse (Salmonoidei, Fig. 8), Hechte (Esocini, Fig. 9), Karpfen (Cyprinoidei, Fig. 1, 5, 6, 7), Salmler (Characini) und Welse (Siluroidei, Fig. 4).

2. Ordnung: Physoclisti. Schwimmblase ohne Luftgang.

1. Unterordnung: Weichflosser (Anacanthini). Flossen ohne Stachelstrahlen. Hierher unter andern die Schlangenfische (Ophidini), Schellfische (Gadoidei, Fig. 12) und Schollen (Pleuronectides, Fig. 13).

2. Unterordnung: Schlundkiefer (Pharyngognathi). Untere Schlundknochen verwachsen. Flossen mit oder ohne Stachelstrahlen. Hierher unter andern die Lippfische (Labroidei) und Hornhechte (Scomberesocides, Fig. 14).

3. Unterordnung: Stachelflosser (Acanthopteri, Brustflosser, Kehlflosser). Flossen stets mit Stachelstrahlen. Untere Schlundknochen frei. Hierher unter andern Stichlinge (Gasterosteoidei, Fig. 16), Barsche (Percoidei, Fig. 15), Panzerwangen (Cataphracti), Meerbrachsen (Sparoidei), Meerbarben (Mulloidei), Labyrinthfische (Labyrinthici), Harder (Mugiloidei), Makrelen (Scomberoidei, Fig. 17), Bandfische (Taenioidei), Meergrundeln (Gobioidei), Scheibenbäuche (Discoboli), Schleimfische (Blennioidei, Fig. 18), Armflosser (Pediculati, Fig. 19) und Röhrenmäuler (Fistulares).

4. Unterordnung: Haftkiefer (Plectognathi). Ober- und Zwischenkiefer am Schädel nicht beweglich. Hierher unter andern die Kofferfische (ostracionidae), Nacktzähner (Gymnodontidae) und Hornfische (Balistidae. Fig. 3).

5. Unterordnung: Büschelkiemer (Lophobranchii, Fig. 2). Kiemen büschelförmig, Schnauze röhrenförmig. Hierher unter andern die Seepferdchen (Hippocampidae).

Von den Fischen früherer Erdperioden sind fast nur die harten Teile (Skelett, Zähne, Schuppen, Flossenstacheln und Knochenplatten der Haut) erhalten geblieben, während die Weichteile vielleicht an der Bildung von Kohlenwasserstoffen mitgeholfen haben, welche die bituminösen Schiefer durchtränken. Versteinerte Exkremente (Koprolithen) sind nicht eben häufig und deuten, da sie spiralig gedreht sind, auf die Spiralklappe im Darm der Haie und Schmelzfische hin. Die meisten fossilen F. waren Meeresbewohner; erst aus der Tertiärzeit kennt man mit Sicherheit und in größern Mengen auch Süßwasserfische. Den Aufschwung, den die Kunde der versteinerten F. in den letzten Jahrzehnten genommen, verdankt man größtenteils Agassiz, der ein förmliches System derselben auf die Beschaffenheit der versteinerungsfähigen Hautbedeckungen gründete. Er unterschied vier große Gruppen: Plakoiden (mit nur einzelnen verknöcherten Schmelzpunkten [Chagrin] oder Schmelzplatten in der Haut), Ganoiden (Eckschupper, Schmelzfische oder Schmelzschupper, Knorpel- oder Knochenfische, die als Bedeckung viereckige oder rundliche Schmelzschilder oder größere Knochenschilder, überzogen von einer Schmelzlage, besaßen), Ktenoiden (Kammschupper, mit hornigen, schmelzlosen Schuppen, die am freien hintern Ende gezahnt sind, so daß der Fisch beim Rückwärtsstreichen rauh erscheint, wie z. B. Barsch, s. Tafel "Kreideformation") und Cykloiden (Kreis- oder Rundschupper, ebenfalls mit dünnen, schmelzlosen, rundlichen, aber am Hinterrand nicht gezahnten Schuppen versehen, wie Hering, Karpfen, Hecht, s. Tafel "Kreideformation"). -

Die Selachier (Haie und Rochen) sind schon im Obersilur sicher konstatiert; ganze Tiere sind selten, dagegen finden sich Stacheln und Zähne vielfach vor (s. Selachier). Die Ganoiden sind vor allen für die Urzeit charakteristisch und dort durch viele ausgestorbene Familien vertreten. Unter ihren ältesten Formen finden sich die wunderlichen Cephalaspiden oder Schildköpfe (Eucephalaspis auf Tafel "Devonische Formation"), mit fast ganz knorpeligem Skelett und dem Mund auf der Bauchseite, wie bei den Haifischen; sie machen im Devon etwa acht Zehntel aller gefundenen F. aus und sind an manchen Orten in Wagenladungen vorhanden. Zu den Panzerganoiden (Plakodermen), bei denen der ganze Körper von einem aus Knochenplatten gebildeten Panzer umschlossen wird, aus dem nur der flossenlose, kurze Schwanz und wunderliche seitliche Bewegungswerkzeuge frei hervorstehen, gehört der merkwürdige Asterolepis (s. Tafel "Devonische Formation") aus Schottland und Rußland. Die übrigen fossilen Ganoiden haben zum Teil mehr rundliche und dachziegelförmig sich deckende Schuppen: cyklifere Ganoiden, wie bei der lebenden Amia, oder viereckige, nur aneinander stoßende: rhombifere Ganoiden, wie beim lebenden Lepidosteus und Polypterus. Zu den Cykliferen gehören die Cölakanthen mit hohlen Flossenstacheln, wie z. B. der über 60 cm große Holoptychius, welcher sich durch die prachtvolle Skulptur seiner großen Schmelzschuppen und seine mächtigen Fangzähne auszeichnet; ferner vielleicht die auch wohl zu den Knochenfischen gerechneten, zum Teil heringsähnlichen Leptolepiden, vom Lias bis zur Wälderformation häufig (Megalurus, s. Tafel "Juraformation II"), und die ebenfalls dünnschuppigen Amien der Mitteltertiärzeit, in Amerika noch lebend. Die ungleich zahlreichern rhombiferen Ganoiden umfassen die Dipterinen, mit doppelter Afterflosse; die Akanthodier, mit mikroskopisch kleinen Schuppen (s. Tafel "Devonische Formation"); die zahlreichen Lepidotiden, mit großen Schuppen und feinen, bürstenförmigen Zähnen (Palaeoniscus, s. Tafel "Dyasformation"; Aspidorhynchus, s. Tafel "Juraformation II", u. a.); die raubgierigen Sauroiden, ebenfalls großschuppig, mit kräftigen, gekrümmten Fangzähnen, vom Devon bis zum Jura, und endlich die pflasterzahnigen Pyknodonten, deren runde oder elliptische Zähne vorzugsweise unter dem Namen Bufoniten begriffen werden (Platysomus, s. Tafel "Dyasformation", u. a.). -

Die Lurchfische (Dipnoi) sind durch Zahnreste von Ceratodonten (s. Ceratodus) aus der Trias vertreten. -

Von den Knochenfischen (Teleostei) erscheinen die Physostomen bereits in der Kreide, in welcher auch die Haftkiefer, Schlundkiefer und Stachelstrahler auftreten, während die Weichstrahler (z. B. Rhombus, s. Tafel