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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Hartmann

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Hartmann.

an als Organist, zog sich jedoch 1873 auf einen Landsitz bei Kopenhagen zurück, um sich ausschließlicher Komposition zu widmen. Von seinen Arbeiten, deren viele auch in Deutschland mit Beifall zur Aufführung gelangten, sind im Druck erschienen: Klavier- und Kammermusikstücke, "Lieder und Weisen im nordischen Volkston", ein Konzert für Violoncello, eins für Violine, das Chorstück "Winter und Lenz", "Nordische Volkstänze für Orchester", die Ouvertüre "Eine nordische Heerfahrt", Serenade für Klavier, Cello und Klarinette, eine Symphonie u. a.

12) Karl Robert Eduard von, Philosoph, geb. 23. Febr. 1842 zu Berlin als Sohn des Generals Robert v. H., trat 1858 in das Gardeartillerieregiment und besuchte die Artillerieschule, nahm, durch ein Knieleiden genötigt, 1865 als Premierleutnant seinen Abschied, promovierte 1867 in Rostock und lebt seitdem als Privatmann in Berlin. Nachdem er mit 22 Jahren den "Gedanken als seinen Beruf" erkannt hatte, begann er gegen Ende 1864 sein philosophisches Hauptwerk "ohne Plan" der Reihe nach niederzuschreiben, das unter dem Namen "Philosophie des Unbewußten" (Berl. 1869; 9. Aufl. 1882, 2 Bde.) erschien und rasch Aufsehen erregt hat. H. bezeichnet darin seinen Standpunkt als einen die Extreme der logischen Idee (bei Hegel) und des blinden Willens (Schopenhauer) in der Einheit des "Unbewußten" (das für sein System das Nämliche ist, was für Spinoza die Substanz, für Fichte das absolute Ich, für Hegel die Idee etc.), das "Wille und Vorstellung" ist, aufhebenden Monismus. Hegels größter Irrtum sei gewesen, das Unlogische, den gleichberechtigten Gegensatz des Logischen, als innern Bestandteil des Logischen aufzufassen; Schopenhauers dagegen, die Vorstellung als bloßes "Hirnprodukt" und den Willen, das Wesen der Welt, als von jeder Vorstellung entblößt zu betrachten. Das Unbewußte ist beides, Wille und Vorstellung, Reales und Ideales, Unlogisches und Logisches, zugleich und der Weltprozeß nur die Folge des ideellen Gegensatzes dieser beiden Attribute, der mit der Besiegung des Unlogischen (des Willens) durch das Logische (die Vorstellung) endet. Die Aufhebung des Wollens durch das letztere erfolgt universell, nicht (wie bei Schopenhauer) individuell; nicht als Erlösung des einzelnen Menschen (etwa durch Selbstmord), sondern der ganzen Erscheinungswelt von der Qual des Daseins. Die pessimistische Ansicht von der "Unseligkeit" (dem Überschuß der Unlust über die Lust) in der Welt hat daher nicht den Quietismus, die "feige persönliche Entsagung und Zurückziehung", die "Verneinung der Welt" (wie bei Schopenhauer), sondern vielmehr "volle Hingabe der Persönlichkeit an den Weltprozeß um seines Ziels, der allgemeinen Welterlösung, willen", also die positive "Bejahung des Willens zum Leben", statt der "Entzweiung" die "Versöhnung" mit dem Leben zur Folge. In dieser nachdrücklichen Abweisung beschaulicher Thatlosigkeit liegt ein ebenso anerkennenswerter Fortschritt dieser Philosophie über Schopenhauer hinaus wie in der Verwendung der angeblichen Thatsachen des Instinkts, des Hellsehens, der Naturheilkraft und andrer zweifelhafter Erscheinungen, welche im besten Fall ein Rätsel für ein andres setzen, als ebenso vieler empirischer Beweise für die Existenz des "Unbewußten" eine bedenkliche Verwandtschaft mit der einstigen Schellingschen Naturphilosophie. Auf Schellings positive Philosophie hat übrigens H. selbst in einer besondern Schrift als die Einheit Hegels und Schopenhauers zurückgewiesen. Wie in diesem seinem ersten Hauptwerk seine Metaphysik; so hat H. in seinem zweiten: "Phänomenologie des sittlichen Bewußtseins" (Berl. 1878, 2. Aufl. 1886), seine Moralphilosophie, in einem dritten seine Religionsphilosophie dargestellt und zwar in einem ersten, historisch-kritischen Teil: "Das religiöse Bewußtsein der Menschheit im Stufengang seiner Entwickelung" (das. 1882), in einem zweiten, systematischen Teil: "Die Religion des Geistes" (das. 1882), d. h. das religiöse Bewußtsein auf der Stufe des konkreten Monismus und seiner Immanenzlehre. Sein viertes Hauptwerk behandelt die "Ästhetik" und zwar im ersten Teil "Die deutsche Ästhetik seit Kant" (Berl. 1886), im zweiten Teil "Die Philosophie des Schönen" (das. 1887). Die übrigen Schriften Hartmanns sind: "Über die dialektische Methode" (Berl. 1868); "Das Ding an sich und seine Beschaffenheit" (das. 1871, 2. Aufl. 1875 unter dem Titel: "Kritische Grundlegung des transcendentalen Realismus", 3. Aufl. 1885); "Erläuterungen zur Metaphysik des Unbewußten" (das. 1874, 2. Aufl. 1878 unter dem Titel: "Neukantianismus, Schopenhauerianismus und Hegelianismus"); "Die Selbstzersetzung des Christentums und die Religion der Zukunft" (2. Aufl., das. 1874); "Wahrheit und Irrtum im Darwinismus" (das. 1875); "Kirchmanns erkenntnistheoretischer Realismus" (das. 1875); "Zur Reform des höhern Schulwesens" (das. 1875); "Die Krisis des Christentums in der modernen Theologie" (das. 1880); "Zur Geschichte und Begründung des Pessimismus" (das. 1880); "Die polit. Aufgaben und Zustände des Deutschen Reichs" (das. 1881); "Das Judentum in Gegenwart und Zukunft" (Leipz. 1885); "Philosophische Fragen der Gegenwart" (das. 1885); "Der Spiritismus" (das. 1885); "Moderne Probleme" (das. 1885). Andre kleinere Schriften: "Schellings positive Philosophie als Einheit von Hegel und Schopenhauer" (1869), "Aphorismen über das Drama" (1870), "Gesammelte philosophische Abhandlungen zur Philosophie des Unbewußten" (1872), "Über Shakespeares Romeo und Julia" (1874), sind in den "Gesammelten Studien und Aufsätzen" (Berl. 1876), die auch seine Selbstbiographie enthalten, wieder abgedruckt. Unter dem Namen Karl Robert veröffentlichte er: "Dramatische Dichtungen: Tristan und Isolde; David und Bathseba" (Berl. 1871). - Auch seine erste Gattin, Agnes, geborne Taubert, ist unter dem Namen A. Taubert mit der Schrift "Der Pessimismus und seine Gegner" (Berl. 1873) als Schriftstellerin aufgetreten. Vgl. Koeber, Das philosophische System E. v. Hartmanns (Bresl. 1884); Vaihinger, H., Dühring und Lange (Iserlohn 1876); Oskar Schmidt, Die naturwissenschaftlichen Grundlagen der Philosophie des Unbewußten (Leipz. 1876). Eine Entgegnung auf letztere Schrift enthält Hartmanns Werk "Das Unbewußte vom Standpunkt der Physiologie und Deszendenztheorie" (2. Aufl., Berl. 1877). Eine Übersicht der umfangreichen H.-Litteratur bietet Plümacher in "Der Kampf ums Unbewußte" (Berl. 1880) und "Der Pessimismus in Vergangenheit und Gegenwart" (Heidelb. 1884). Schneidewin gab "Lichtstrahlen aus Hartmanns Werken" (Berl. 1880) heraus.

13) Helene, geborne Schneeberger, Schauspielerin, geb. 14. Sept. 1845 zu Mannheim, betrat hier 1860 die Bühne und gehörte dem Nationaltheater ihrer Vaterstadt als jugendliche Liebhaberin bis 1864 an, in welchem Jahr sie Mitglied des Hamburger Thaliatheaters wurde, nachdem sie bereits im Mai 1863 daselbst erfolgreich gastiert hatte. Eine Naive ersten Ranges, erweckte sie Laubes Aufmerksamkeit, der sie 1865 zu einem Gastspiel am Burg-^[folgende Seite]