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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Korrespondenzblatt zum achten Band.

erscheint ihm das Zustandekommen des Bewußtseins auch in seiner einfachsten und niedersten Gestalt als bloße Empfindung sinnlicher Qualitäten oder von Schmerz oder Lust. Dies ist unter du Bois-Reymonds Aufstellungen die, welche das größte Aufsehen machte, indem sie den Anschein erweckte, als ginge ihr Urheber, der bis dahin für einen Vorkämpfer der monistischen Weltanschauung galt, in das dualistische Lager über. Mit Recht aber beklagt sich in den "sieben Welträtseln" der Verfasser über das geringe dialektische Vermögen seiner Gegner, welche nicht im stande waren, zu unterscheiden zwischen der Behauptung, die er widerlegte: Bewußtsein kann mechanisch erklärt werden, und der Behauptung, die er verteidigte: Bewußtsein ist an materielle Vorgänge gebunden. Besonders auf die Unmöglichkeit, das Bewußtsein mechanisch zu erklären, bezieht sich das berufene ignorabimus. Keineswegs ist übrigens, wie du Bois-Reymond selber betont, diese Einsicht neu; sie findet sich schon bei Locke, Leibniz, Lamettrie, Rousseau u. a. Ihm eigen aber ist sein Beweis für diesen Satz. Er nennt astronomische Kenntnis eines materiellen Systems solche Kenntnisse, wie wir sie annähernd vom Planetensystem haben, eine Kenntnis, welche es uns ermöglicht, Bewegungen und Lagen aller betrachteten Massen zu einer gegebenen Zeit vor- und rückwärts zu berechnen. Solche Kenntnis ist, wie er ausführt, die vollkommenste Einsicht, welche wir von einem materiellen System haben können, und sie läßt unserm Kausalbedürfnis nichts zu wünschen übrig, als das Verständnis von Materie und Kraft und vom Ursprung der Bewegung. Stellen wir uns nun vor: wir hätten die astronomische Kenntnis von einem noch ganz rätselhaften organischen Vorgang, bespielsweise ^[richtig: beispielsweise] der Befruchtung, so würde an diesem Vorgang nichts mehr zu erklären übrigbleiben als das Wesen von Materie und Kraft, es wäre so völlig durchschaut, wie die Natur unsers Intellekts es erlaubt. Stellen wir uns dagegen vor, wir hätten die astronomische Kenntnis vom Gehirn, so würde uns auch die einfachste geistige Thätigkeit noch ebenso rätselhaft und unvermittelt erscheinen wie vorher. Verständen wir aber das Bewußtsein auch niederster Stufe aus mechanischen Gründen, so ließe sich wohl von hier aus eine Stufenleiter geistiger Aktionen herstellen bis zu den höchsten Leistungen der mit dem Werkzeug der Sprache operierenden Vernunft. Daher dies sechste Welträtsel für kein transcendentes gelten kann. Als siebentes Welträtsel betrachtet du Bois-Reymond die Willensfreiheit in ihrem Widerspruch mit dem Naturmechanismus. Doch würde dies Problem aus einem transcendenten zu einem gegenstandslosen, sobald man sich entschlösse, die Willensfreiheit zu leugnen und das subjektive Freiheitsgefühl für Täuschung zu erklären. - Bei der Beurteilung dieser Sätze darf man nicht aus den Augen verlieren, daß du Bois-Reymond sich streng auf den Standpunkt des theoretischen Naturforschers stellt und als wissenschaftliches Verständnis allein die mathematisch ausdrückbare Abhängigkeit zwischen zwei Zuständen eines materiellen Systems gelten läßt. "Wo Supernaturalismus sich einmischt", sagt er in dem Vortrag 'über die Übung' (in der zweiten Folge der Reden), "hört Wissenschaft auf. Wie der Jurist das Recht findet, unbekümmert um Billigkeit und mildernde Umstände, so denkt der Naturforscher mechanisch, unbekümmert um altersheilige Überzeugungen, über welche seine Schlüsse hinwegschreiten; diese Schlüsse mit jenen Überzeugungen zu versöhnen, ist nicht seines Amtes."

Ernst Kirchner in St. Man kann die Monatstage des französischen Revolutionskalenders wegen der beiderseitigen Schalttage nicht ein für allemal auf diejenigen des gregorianischen Kalenders übertragen. So läuft der Brumaire des Jahrs VIII allerdings vom 23. Okt. bis 21. Nov. inkl., dagegen im Jahr I z. B. vom 22. Okt. bis 20. Nov. inkl. etc. Aus dieser Schwierigkeit mag es sich wohl erklären, daß in allen Geschichtswerken die französischen Daten so häufig ganz unrichtig auf den gregorianischen Kalender reduziert sind. Selbst das treffliche "Handbuch der historischen Chronologie" von Brinckmeier (Berl. 1882) ist bezüglich des französischen Revolutionskalenders teils unrichtig, teils nicht ganz vollständig. Eine eigenartige Vergleichungstabelle des französischen Revolutionskalenders mit dem gregorianischen finden Sie im Artikel "Kalender" abgedruckt.

Die neueste italienische Übersetzung von Dichtungen Heinr. Heines ist die vom Grafen Secco-Suardo. Sie erschien unter dem Titel: "Poesie complete" in 2 Bänden bei Casanova in Turin.

Dr. E. L. Browski in Mosul (asiatische Türkei). Durch den § 1 des Reichsgesetzes vom 11. März 1887 wird die Friedenspräsenzstärke des Deutschen Heers für die Zeit vom 1. April 1887 bis 31. März 1894 auf 468,409 Mann ohne die Einjährig-Freiwilligen festgesetzt. Die Infanterie ist in 534 Bataillone, die Kavallerie in 465 Eskadrons, die Feldartillerie in 364 Batterien, die Fußartillerie in 31, die Pioniere in 19 und der Train in 18 Bataillone formiert. Der Mannschaftszuwachs soll zu Neuformationen und zur Etatsverstärkung vorhandener Truppenteile verwendet werden. Es werden neuformiert:

1) 2 Divisionsstäbe, die 32. und 33. Division, erstere wird dem 12. (sächsischen), letztere dem 15. Armeekorps zugeteilt;

2) die den vorgenannten Divisionen unterstellten Stäbe der 63., 64. (32. Div.), 65. und 66. (33. Div.) Infanterie-Brigade.

3) Bei der Infanterie: 5 Regimenter Nr. 139 beim 12. Armeekorps (sächsisch), Nr. 135-138 als preußische beim 15. Armeekorps; ferner 15 Bataillone als 4. Bataillone bei den preußischen Regimentern Nr. 13, 14, 16, 17, 18, 39, 40, 53, 65, 80, 83, 112, 113, 114 und 129. Die Kompanien dieser Regimenter erhalten die Nrn. 1-16.

4) Bei den Jägern: 1 Bataillon Nr. 15 als 3. königlich sächsisches beim 12. Armeekorps.

5) Bei der Feldartillerie. Bei jeder Feldartilleriebrigade hatte bisher das 1. (Korpsartillerie-) Regiment 3 Abteilungen à 4 und 3 Batterien, jedes 2. (Divisionsartillerie-) Regiment 2 Abteilungen à 4 Batterien, letztere Regimenter sollen jetzt in 3 Abteilungen zu 3 Batterien formiert werden, und demnach sind neu zu formieren 21 Abteilungsstäbe, davon 16 in Preußen, 2 in Bayern, 1 in Sachsen, 2 in Württemberg, ferner 24 Batterien, davon 17 in Preußen, 2 in Bayern, 3 in Sachsen, 2 in Württemberg.

6) Bei den Eisenbahntruppen: 3 Bataillonsstäbe und zwar: 2 preußische und 1 bayrischer; ferner 9 Kompanien, davon 6 preußische und je 1 sächsische, bayrische und württembergische. Hieraus wird gebildet: das Eisenbahnregiment in Berlin zu 4 Bataillonen mit zusammen 16 Kompanien, von denen die 15. die Bezeichnung königlich sächsische, die 16. königlich württembergische erhält. Bayern hat bereits 1 Eisenbahnkompanie, welche mit der neuformierten das bayrische Eisenbahnbataillon bilden wird.