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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Japan

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Japan (Pflanzen- und Tierwelt, Bodenproduktion).

ist die Zahl der Gattungen und Arten, insbesondere an Holzgewächsen, und ihre Verwandtschaft mit dem atlantischen Waldgebiet Nordamerikas sowie der Tertiärflora Europas. Aus dem tropischen Monsungebiet Ostasiens finden viele Gewächse, so Bambusrohre, immergrüne Laurineen, insbesondere der Kampferbaum, neben Ternströmiaceen, namentlich Camellia japonica und andern eigentümlichen Arten, im mittlern J. ihre Nordgrenze. Mit den lorbeerblätterigen, immergrünen Eichen wechseln blattwechselnde nordische Formen ab. Zahlreiche Nadelhölzer, Buchen, Ahorne, Eschen, Ulmen, Erlen, Magnolien und viele andre Bäume gesellen sich hinzu oder bilden allein weite Mischwaldbestände, während arktisch-alpine Kräuter und kriechende Sträucher die hohen Berge bedecken, die das Schneehuhn und der Alpenhase bewohnt. Viele japanische Gewächse zeichnen sich durch die Pracht ihrer Blüten oder die Schönheit ihrer Blätter aus. Hunderte derselben wurden bei uns eingeführt, um unsre Blumentische, Gärten und öffentlichen Anlagen zu schmücken. Man denke nur an die Lilien, Kamelien, an Aralia japonica und Aucuba. Eine ebenso große Verbreitung hat über die wärmern Gebiete der Erde, soweit europäische Herrschaft geht, eine japanische Obstsorte, die Eriobotrya japonica oder die japanische Mispel, gefunden.

Die Tierwelt Japans weist ca. 50 Arten Säugetiere, 360 Vögel, 30 Reptilien und Batrachier und viele Fische auf. Reich vertreten sind die verschiedenen Klassen der wirbellosen Tiere, zumal die des Meers. Viele Arten der Fauna sind von großem Interesse. Für manche ist die Tsugarustraße die Nordgrenze, so für den Saru, den japanischen Affen (Inuus speciosus), den Kuma oder schwarzen Bären (Ursus japonicus), zwei Arten Fasanen (Phaseanus versicolor und P. Soemmeringi). Weit verbreitet ist der gemeine Fuchs, ein Waschbärhund (Nyctereutes viverrinus), ein Dachs (Meles Anakuma), das Wildschwein, ein prächtiger, schlanker Hirsch (Cervus Sika) und in den Gebirgen eine Ziegengemse (Antilope crispa). Mäuse sind seltener als bei uns, aber die Wanderratte fehlt kaum einem japanischen Hause; sie hält sich, da Keller meist fehlen, in der Regel unter den Dächern auf und macht von hier ihre Exkursionen. Unter einem halben Dutzend Schlangen gibt es eine giftige Art. Der bekannte Riesensalamander (Cryptobranchus japonicus) lebt in den kleinen Bergflüssen in der Umgegend von Kioto, vornehmlich in der Provinz Iga. Die Insektenwelt ist derjenigen des nahen Festlandes eng verwandt und besonders reich an Cykaden und Wasserjungfern. Groß ist die Zahl und mannigfaltig die Gestalt der Fische, Krustentiere und Mollusken des Meers. Sie bilden eine der wichtigsten Nahrungsquellen des Volkes. Zu den bemerkenswertesten Meeresprodukten gehört der Glasschwamm (Hyalonema Sieboldi), welchen man am Eingang der Jedobucht aus 2-300 Faden Tiefe fischt.

Bodenproduktion.

Der von Marco Polo, Edrisi, Kämpfer und andern ältern Schriftstellern so überschwenglich hochgepriesene Reichtum des Landes an Gold und Silber ist nicht mehr vorhanden. Überhaupt entspricht die Leistung seiner heutigen Montanindustrie nicht den darauf verwandten Mitteln und den Erwartungen, welche man seit etwa 30 Jahren daran knüpfte. Wo der Schoß der Erde wenig bietet, hört das Geschick des fremden Ingenieurs auf. Die Gold- und Silberminen von Sado liefern viel geringere Erträge als ehemals, und ebenso ist der Gewinn an Edelmetallen in andern Gruben, wie Ikuno, Inai und Ani, nicht groß. Quecksilber, Zinn, Zink und Blei sind wenig vertreten, desgleichen haben sich die Hoffnungen auf eine aufblühende Eisenindustrie nicht erfüllt. Das meiste Eisen wird immer noch aus Magneteisensand dargestellt. Das Lager von Magneteisen zu Kamaishi am Stillen Ozean, 39° 18' nördl. Br., im N. von Hondo, keilt sich nach unten aus und reicht nicht aus für die Verwertung der großen Anlagen, welche vor zwölf Jahren darauf gegründet wurden. Kupfer aus geschwefelten Erzen wird noch immer in ansehnlicher Menge gewonnen und ausgeführt, in der Neuzeit auch Antimon von Shikoku, Kiushiu und Amakusa. Bituminöse Steinkohlen von jugendlichem Alter weist das Land an vielen Orten von Jeso bis zum südlichen Kiushiu auf. Dieselben stehen zwar unsern Steinkohlen an Güte und vielseitiger Verwendbarkeit weit nach, sind aber nichtsdestoweniger von großer Bedeutung und werden in jährlich zunehmenden Mengen ausgeführt, besonders von Takashima und Miike auf Kiushiu. Steinsalz und salzreiche Quellen fehlen, so daß der Bedarf an Kochsalz der See entnommen wird. Dagegen ist das Land reich an Rohmaterialien für die feinere Keramik, insbesondere an Porzellanstein, Feldspat und Kaolin. Gute Bausteine liefern der Granit und Trachyt sowie die doleritische Lava. Sie wurden früher nur zu den Kyklopenmauern der Daimiôburgen und zu Treppen und Steinlaternen bei Tempeln benutzt.

Die Viehzucht ist in J. hinter dem Feldbau zurückgeblieben. Die gewöhnlichsten Haustiere sind: das Pferd, eine kleine, aber ausdauernde Rasse, das Rind, das nur als Last- und Zugtier für Pflüge, nicht der Milch und des Fleisches wegen gehalten wurde, das Schwein, von geringer Verbreitung, der Straßenhund, ein zottiges Zwergschoßhündchen, die Katze, meist mit kurzem, von Geburt an verstümmeltem Schwanz, das Kaninchen, Hahn und Henne, die Ente, die Taube, die Seidenraupe und die Honigbiene. Zur Belustigung werden außerdem weiße und bunte Mäuse und Ratten oft in Käfigen gehalten, weniger Singvögel, unter denen die Unguisu oder japanische Nachtigall (Cettia cantans T. et Schl.) am beliebtesten ist. Von unsern Haustieren fehlten früher Esel und Maultier, Schaf, Ziege und Gans.

Der Ackerbau bildete von jeher in J. des Volkes wichtigste Nahrungs-, und des Staats hauptsächlichste Einnahmequelle; auch genoß er immer viel mehr Ansehen als der Handel und die meisten Gewerbe, mit denen sich vor der Restauration (1868) die privilegierten Klassen nicht beschäftigen durften. Theoretisch gehört alles Land dem Mikado, faktisch ist es unter die Bauern verteilt, welche früher ihre Abgaben den Lehnsherren oder Daimiôs in Naturalien (in Reis), seit zehn Jahren der Regierung in Geld entrichteten, wobei das Reisland am höchsten besteuert wird. Große arrondierte Güter gibt es nicht. Der Adel besitzt heutigestags außer Wohnhaus und Garten nur ausnahmsweise Grundeigentum. Die intensive Bewirtschaftung des Ackerlandes, seine gartenartige Bearbeitung, vornehmlich mit Hacke und Spaten, die Reihensaat, Art der Düngung, Reinhaltung von Unkraut und Aufeinanderfolge der Kulturen sind nur den vielen Händen möglich, welche sich in die Arbeit des beschränkten Feldes teilen. Auf besserm Land erzielt man jährlich zwei Ernten: eine Winterfrucht (Weizen, Gerste, Raps, Erbsen oder Saubohnen) im Mai oder Juni und Reis oder eine andre Sommerfrucht im Spätherbst. Der gebirgige Charakter Japans, die lange Dauer des Winters im N., be-^[folgende Seite]