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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Norwegen

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Norwegen (Geschichte: 10.-15. Jahrhundert).

land ansiedelten. Haralds ältester Sohn, Erich Blodyxa ("Blutaxt"), der seine Brüder ihrer Rechte beraubte und sich durch unmenschliche Grausamkeit verhaßt machte, ward 935 durch einen unehelichen Sohn Haralds, Hakon den Guten, gestürzt, der Wermland, Helsingland und Jemtland unterwarf und 950 im Kampf gegen Dänemark fiel, worauf Harald II. Graafel ("Graufell"), der Sohn des vertriebenen Erich, den Thron bestieg, aber schon 963 von Hakon, Jarl von Thrand, ermordet wurde. Hakon rottete das Christentum, das schon hier und da Fuß gefaßt, wieder aus und führte glückliche Kriege, ward aber 996 von einem seiner Diener ermordet. Sein Nachfolger ward Haralds I. Urenkel Olaf I. Trygveson, der das Christentum zur herrschenden Religion erhob und die Stadt Nidaros (Drontheim) gründete. Als die Könige Sven von Dänemark und Olaf Schoßkönig von Schweden auf Antrieb der Söhne Hakons ihn mit Krieg überzogen, stürzte er sich nach mannhaftem Widerstand, an Rettung verzweifelnd, ins Meer (1000), worauf die fremden Könige Hakons Söhne Erich und Sven als Herrscher einsetzten. Dieselben wurden 1017 durch Olaf II., den Heiligen (Dicken), vertrieben, der, ein Enkel der alten Könige, die Orkneyinseln, Färöer und Island unter die norwegische Herrschaft zurückbrachte und das Heidentum gänzlich auszurotten versuchte. Er fiel im Kampf gegen Knut von Dänemark bei Sticklestad (31. Aug. 1029), nach seinem Tod als Heiliger verehrt, worauf N. zum Reich Knuts gehörte, bis Olafs II. Sohn Magnus I., der Gute, es 1035 von der dänischen Herrschaft befreite. Derselbe bestieg nach dem Tode des Dänenkönigs Hordaknut, mit dem er einen Erbvertrag geschlossen, auch den dänischen Thron, wurde aber dadurch in schwere Kriege verwickelt und fiel 1047 in Seeland. Ihm verdankt N. sein erstes Gesetzbuch, Grágás, "die graue Gans"; hrsg. von Finsen, Kopenh. 1850 u. 1879 (s. Nordische Litteratur, S. 223).

Harald III. Hardrada, Magnus' Oheim, gründete 1054 Opslo (Christiania) und fiel auf einem Kriegszug nach England in der Schlacht bei Stamfordbridge (1066). Ihm folgte sein Sohn Magnus II., welcher seinen Bruder Olaf III. Kyrre ("den Friedfertigen") zum Mitregenten annahm, aber schon 1069 starb. Auf Olaf III., der 1070 Bergen gründete, folgte 1093 sein natürlicher Sohn Magnus III. Barfot ("Barfuß"), der die Hebriden und die Orkneyinseln wieder unterwarf und auch die Iren zur Anerkennung seiner Lehnshoheit zwang; er fiel 1103 in Irland. Nach ihm bestieg den Thron Sigurd I. Jorsalefarer ("der Jerusalemfahrer", 1103-30), welcher von 1107 bis 1110 einen Kreuzzug nach Palästina unternahm und den geistlichen Zehnten einführte. Sein Sohn Magnus IV., der Blinde, wurde 1134 von seinem Vetter Harald IV. Gille bei Bergen besiegt und gefangen genommen. Harald ließ ihn blenden und entmannen und schickte ihn in ein Kloster, ward aber schon 1136 von seinem Halbbruder, dem Priester Sigurd Slemmedegn ("der schlimme Diakonus"), ermordet, der darauf mit Magnus IV. den Thron bestieg. Beide fielen im Kampf gegen Haralds Sohn Inge I. 1139, der bis 1155 die Herrschaft mit seinem Bruder Sigurd II. teilte, aber 1161 von Sigurds II. Sohn Hakon III. Herdabreid gestürzt wurde. Da dieser aber schon 1162 in einem Treffen fiel, so ließ Graf Erling Skakke, Sigurds I. Schwiegersohn, seinen Sohn Magnus V. (1162-80) als König krönen. Gegen ihn erhob sich Eystein Meyla als Haupt der nationalen Partei der Birkenbeine (s. d.), während Magnus 1174 durch den Erlaß eines Kirchengesetzes, der Guldfjeder ("Goldfeder"), welches dem Klerus große Rechte zusicherte und die Entscheidung bei der Königswahl übertrug, die Geistlichkeit und ihre Partei, die Bagler ("Krummstäbler"), für sich gewann. Die Birkenbeine erlangten endlich die Oberhand, und nachdem Magnus in der Schlacht bei Fimrejte 1184 gefallen war, wurde ihr Anführer Sverrir, ein Abkömmling Harald Gilles, König.

Von Sverrir (1184-1202), einem tüchtigen Herrscher, stammten die folgenden Könige ab. Nach seines Sohns Hakon IV. (1202-1204) frühem Tod kam es von neuem zu Thronstreitigkeiten zwischen den Birkenbeinen und den Baglern, bis 1223 Sverrirs Enkel Hakon V. Gamla von beiden Parteien auf dem Reichstag zu Bergen als König anerkannt und 1247 durch einen päpstlichen Legaten feierlich gekrönt wurde. Er führte ein Erbfolgegesetz ein, welches den Einfluß der Bischöfe auf die Königswahl aufhob, stellte das Ansehen der Krone und den innern Frieden her, hob Ackerbau und Handel und gestattete der Hansa die Niederlassung in Bergen. Er unterwarf die Inselkönige seiner Herrschaft, die von Island und Grönland 1260 freiwillig anerkannt wurde, und starb 1263 auf einem Zug nach den Hebriden. Da sein älterer Sohn und Mitregent, Hakon VI., schon 1256 gestorben war, folgte ihm sein zweiter Sohn, Magnus VI. Lagaböter ("Gesetzverbesserer"), der die Insel Man und die Hebriden 1264 an Schottland abtrat und 1267-79 die Sammlung eines neuen Gesetzbuchs veranstaltete. Sein Sohn Erich Prestader ("Priesterfeind", 1280-99) hatte wieder mit dem Klerus zu kämpfen, den er endlich unterwarf, und dessen Vorrechte er beschränkte, und mußte 1285 der Hansa völlige Handelsfreiheit in N. einräumen. Mit seinem Bruder Hakon VII. Hochbein erlosch 1319 das norwegische Königsgeschlecht im Mannesstamm. Die Krone fiel an Hakons minderjährigen Tochtersohn, den Schwedenkönig Magnus Erichson, der 1330 selbst die Regierung übernahm. Unter ihm wurde N. von Kriegen und 1349 von der Pest heimgesucht, welche mehr als ein Drittel der an sich schon schwachen Bevölkerung wegraffte. 1350 trat er die Krone Norwegens an seinen schon 1343 zum Mitregenten angenommenen Sohn Hakon VIII. (1350-1380) ab, der sich 1363 mit Margarete, der Erbin von Dänemark, vermählte. Dessen Sohn Olaf V. ward daher 1376 König von Dänemark und vereinigte 1380 mit der dänischen Krone die norwegische, starb aber schon 1387, worauf seine Mutter Margarete sowohl in N. als in Dänemark als Königin anerkannt wurde. Dieselbe vereinigte durch die Kalmarsche Union (1397) Schweden mit den beiden andern nordischen Reichen und erlangte in allen die Anerkennung ihres Großneffen Erich von Pommern als Thronfolger.

[Norwegen mit Dänemark vereinigt.] Die Vereinigung Norwegens mit Dänemark dauerte bis 1814. Schon unter Erich (1412-39) wurde das Volk in N. von fremden Vögten mit Kriegssteuern hart bedrückt. Als sich daher nach dem Tod seines Schwestersohn und Nachfolgers Christoph von Bayern (1441-48) die Union wieder auflöste, wurden auch in N. Versuche zur Losreißung von Dänemark gemacht, 1450 aber auf dem Reichstag zu Halmstad der dänische König Christian I. anerkannt und die Personalunion mit Dänemark bestätigt, doch die Gleichberechtigung beider Reiche zugesichert. Auf Christian I., der die Orkney- und Shetlandinseln an Schottland verpfändete und 1481 starb, folgte in Dänemark König