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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Osteom - Ostergebräuche.

richten konnte. So entdeckte Alex. Achellini 1480 den Hammer und Amboß im Ohr; Vesalius untersucht besonders die Schädelknochen, deren Zahl er aber noch fälschlich acht sein läßt; Berengar und Ingrassiat wandten ihre Aufmerksamkeit dem seltsam gebildeten Keilbein zu, letzterm ist auch die Entdeckung des Steigbügels zuzuschreiben. Eustachio entdeckte die nach ihm genannte Ohrtrompete, Fallopia machte wertvolle Entdeckungen über den feinern Bau des Felsenbeins. Die frühste Arbeit über die Knochen des Fötus rührt von Koyter (aus Nürnberg, Ende des 15. Jahrh.) her. Große Verdienste um die Kenntnis des mikroskopischen Baues der Knochen haben sich Purkinje, Joh. Müller, Kölliker, Virchow, Heinrich Müller u. a. erworben, deren Leistungen, mit Ausnahme der der beiden ersten, sämtlich in die zwei letzten Jahrzehnte fallen. Vgl. Henle, Handbuch der Knochenlehre (3. Aufl., Braunschw. 1871); Flower, Einleitung in die O. der Säugetiere (deutsch, Lpz. 1888).

Osteōm (griech.), Knochengeschwulst.

Osteomalacīe (griech.), s. Knochenerweichung.

Osteomyelītis (griech.), s. v. w. Knochenmarkentzündung.

Osteophyt (griech., Knochengewächs), kleiner, flacher Knochenauswuchs, besonders an der Innenfläche des Schädels bei schwangern Frauen.

Osteoporōse (griech.), schwammiger Zustand der Knochen nach Beinhautentzündung und Knochenfraß (s. d.).

Osteopsathyrōsis (griech.), Knochenbrüchigkeit.

Osteosklerōse (griech.), übermäßige Absetzung neuer Knochenlamellen an der innern Fläche der Markräume, wobei diese bis auf das Lumen von Kapillargefäßen verengert werden.

Osteotomīe (griech.), chirurgische Operation, bei welcher ein Knochen durchsägt wird, nachdem er vorher in schiefer Richtung geheilt war; zuweilen wird dabei ein keilförmiges Stück entfernt (reseziert).

Oster, Kreisstadt im russ. Gouvernement Tschernigow, an der Mündung der Oster in die Desna, mit 3 Kirchen und (1885) 3548 Einw., die sich mit Fischerei, Verfertigung von Holzgefäßen und Netzen beschäftigen und nicht unbedeutenden Handel treiben.

Osterblume, s. v. w. Anemone Nemorosa und A. sylvestris; Narcissus Pseudonarcissus; Pulsatilla pratensis.

Osterburg, Kreisstadt im preuß. Regierungsbezirk Magdeburg, an der Biese und der Linie Leipzig-Wittenberge der Preußischen Staatsbahn, 24 m ü. M., hat eine evang. Kirche, ein (Privat-) Progymnasium, ein Schullehrerseminar, eine Taubstummenanstalt, ein Amtsgericht, Dampfschneidemühlen, Ziegeleien und (1885) 4278 Einw.

Österdalen, das östlichste der Hauptthäler im südlichen Norwegen, von dem Fluß Glommen durchströmt, mit über 33,000 Einw., ist ein weiter, sehr waldiger Distrikt, von dessen bedeutender Holzausfuhr der Wohlstand der Bevölkerung sich herleitet. Auch ist es eins der besten Jagdreviere Norwegens. Das Thal wird von der Eisenbahnlinie Christiania-Drontheim durchschnitten.

Ostereier, s. Ostergebräuche.

Osterfeld, Stadt im preuß. Regierungsbezirk Merseburg, Kreis Weißenfels, 234 m ü. M., hat ein Schloß, ein Amtsgericht, Taubenmarkt und (1885) 1867 fast nur evang. Einwohner.

Osterfest, s. Ostern.

Osterfeuer, s. Ostergebräuche.

Ostergebräuche und Osterspiele. Gleich dem Weihnachtsfest gilt Ostern als ein Freudenfest, besonders für die Jugend, weshalb die Kirche eine Reihe von alten Gebrauchen mehr oder weniger in Verbindung oder innerhalb der kirchlichen Feier hat fortbestehen lassen, die zum guten Teil aus heidnischen Zeiten stammen und ursprünglich angeblich einer Frühlingsgöttin Ostara gewidmet waren. Wie noch heute das Osterfest für viele, die in Handwerks- und Erwerbsbanden schmachten, die erste Begrüßung der neuerwachenden Natur auf dem "Osterspaziergang" zu vermitteln pflegt, so begrüßte man ehemals das Fest der Frühlingsgöttin mit Tänzen, Aufzügen, dramatischen Spielen und Freudenfeuern; man stellte dabei bildlich den Abschied des nach vielen Kämpfen besiegten Winters durch den Kampf gegen eine Puppe dar, deren Ersäufung oder Verbrennung den Schlußeffekt des Festes bildete. Die hierzu dienenden Osterfeuer, die mit "neuem Feuer" (s. Notfeuer) entzündet werden mußten und hier und da von allen Bergen leuchteten, wurden in veränderte Gestalt in den Kultus der griechischen und russischen Kirche aufgenommen, wo man, ähnlich wie in andern Gegenden zu Weihnachten, mit Lichtern zur Kirche geht, und am Heiligen Grab zu Jerusalem bildete das Osterfeuer seit langer Zeit den Gegenstand einer unwürdigen Täuschung. In Deutschland ist der Gebrauch der Osterfeuer meist auf den Sonntag Invokavit (s. Funkensonntag) verlegt, ebenso wie die Vertreibung des Winters und das sogen. Todaustragen meist mit dem Maifest (s. d.) verbunden wurden. Dagegen haben sich die symbolischen Speisen des alten Frühlingsfestes, welche, wie Osterei und Osterhase, meist Symbole der Fruchtbarkeit waren, bis heute erhalten, und namentlich die bunt gefärbten Ostereier geben Veranlassung zu zahlreichen Spielen der Jugend, wobei eben Eier die Gewinne darstellen. Der Osterhase der meist in Kuchenform gebacken und verzehrt wird, ist heute ein ziemlich unverständliches Symbol geworden; teilweise wird er durch das Osterlamm ersetzt, welches hier und da, aus Butter oder Kuchenteig geformt, mit zu den Gegenständen (Eiern, Mehl, Salz etc.) gehört, welche in katholischen Ländern noch heute in der Kirche zu Ostern eingesegnet werden. An die Stelle der ehemals üblichen Feuerweihe ist meist die Einsegnung in die Kirche gebrachter grüner Reiser und Sträuße aus "Weidenpalmen", Stechginster und andern immergrünen Zweigen getreten. Diese Palmenweihe, die irrtümlich in vielen Gegenden auf den Palmsonntag verlegt wird, gehört ebenfalls zu den alten heidnischen Ostergebräuchen, denn die geweihten Zweige sollten nicht nur das Haus bis zur nächsten Erneuerung vor Blitz und Feuersgefahr schützen, sondern sie werden an vielen Orten auch mitsamt den Schalen der Ostereier und den Kohlen der Osterfeuer in den Ecken der Felder eingesteckt oder vergraben, um diese fruchtbar zu machen. Anderseits werden grüne getriebene Baumzweige namentlich im östlichen Deutschland als Symbol der Fruchtbarkeit und des Gedeihens, gerade wie bei den römischen Luperkalien zum Stäupen (Osterstiepe, Kindleinstreichen) derjenigen gebraucht, denen man Gutes wünscht. Früh am Ostermontag (an andern Orten auch am Palmsonntag) suchen sich Eltern und Kinder gegenseitig in den Betten zu überraschen, um die gesundheitbringenden Rutenstreiche einander auf den nackten Leib applizieren zu können. Die Kinder oder Bediensteten erhalten dafür ein besonderes Geschenk in Geld oder Leckereien (Schmack- oder Schmeckostern). Ein ähnliches Überbleibsel aus der Heidenzeit scheint der Gebrauch des Osterwassers zu sein, welches beim Aufgang der nach der Sage dabei dreimal vor Freuden aufhüpfenden Sonne