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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Korrespondenzblatt zum zwölften Band.

und dünnen Geschosses schwierig war, ist begreiflich; weiche, selbst Hartbleigeschosse sind wegen zu großer Stauchung und des dadurch verursachten Widerstandes in den Zügen ganz ungeeignet, selbst die Kupfermantelgeschosse befriedigen nicht. Ein entscheidender Fortschritt war das Compoundgeschoß von Lorenz in Karlsruhe, in dessen Mantel aus Kupfer, Stahl oder einer Nickellegierung (Nickel und Antimon) ein Kern aus Weich- oder Hartblei (97 Blei, 3 Antimon) eingelötet ist, wodurch einer Deformierung der Geschosse vorgebeugt und deren Durchschlagskraft außerordentlich gesteigert ist, so daß sie in den Weich- und Knochenteilen von Menschen- und Tierkörpern nur einen runden Schußkanal erzeugen und nicht die Verwüstungen hier anrichten wie Bleigeschosse. Der fingerhutartige Mantel ist gepreßt, vorn etwa 1,5 mm dick, nach hinten zur Dünne feinen Papiers auslaufend. Um den Stahlmantel gegen Rost bei der Aufbewahrung der Patrone zu schützen, hat ihn Lorenz vernickelt. Die 4 Kalibergeschosse bedürfen bei der Anfangsgeschwindigkeit von 550-600 m eines außerordentlich steilen Dralles, um die nötige Festigkeit in der Achsenrichtung des Geschosses beim Schießen zu erlangen. Hebler hat seinem 7,5 mm Kaliber 12 cm Dralllänge gegeben, das Geschoß macht dann im Flug in der Sekunde gegen 5000 Umdrehungen um seine Achse. Sehr günstige Treffergebnisse erzielte man durch Nachahmung der Artillerie, indem man dem Geschoß am Boden einen etwa 5 mm breiten Führungsteil gab, der sich allein in die Züge einpreßt, während der übrige Teil des Geschosses nur den Durchmesser der Seele zwischen den Feldern hat, so daß derselbe gar nicht in die Züge eintritt.

Größere Schwierigkeiten als das Geschoß machte die Pulverladung. Lorenz in Karlsruhe hat ein Patent auf das Verdichten der Pulverladung in der Patronenhülse mit stark eingezogenem Geschoßraum unter Freilassung eines zentralen Längskanals erhalten. Obschon mit solchen Patronen die besten Erfolge erzielt wurden, konnten sie doch das Verlangen nach einem bessern, namentlich einem rauchlos verbrennenden Pulver nicht befriedigen. Frankreich hat mit dem Pikrinpulver des Obersten Brugère bei den Gewehren gleich üble Erfahrungen gemacht wie mit dem Melinit bei Verwendung als Sprengladung in Artilleriegeschossen. Es verwendet jetzt ein von Vieille erfundenes rauchloses Pulver, dessen Hauptbestandteil Schießwolle ist. Neuerdings hat aber die Pulverfabrik Rottweil-Hamburg, welche sich bereits durch die Erfindung des braunen Geschützpulvers einen Weltruf erwarb, ein Gewehrpulver mit wenig Rauch erfunden, welches auch für das österreichische neue Gewehr angenommen worden sein soll. Es scheint, daß auch andre Staaten dasselbe erworben haben da die Gesellschaft behufs großartiger Betriebserweiterung zur Anfertigung dieses Gewehrpulvers eine Anleihe von 900,000 Mk. aufgenommen hat. Die Zusammensetzung, Herstellung und Leistungen dieses Pulvers sind noch Geheimnis, wie denn alle Staaten, selbst neuerdings die Schweiz, das Geburtsland der kleinkaliberigen Gewehre, über ihre Gewehrversuche strenges Schweigen beobachten.

Der Geradezugverschluß des österreichischen Gewehrs (System Mannlicher) ist der denkbar einfachste. An der Verschlußkammer sitzt unten ein um ein Scharnier auf und nieder drehbarer Riegel, der schwalbenschwanzförmig einen keilförmigem Ansatz am Griffteil des Verschlusses umfaßt. Mit dem in der Verschlußkammer vor und zurück verschiebbaren Griffteil wird der Verschluß geöffnet und geschlossen, hierbei der bewegliche Riegel gehoben, bez. so weit nach unten gedruckt, daß er hinter einen Ansatz der Verschlußhülse greift und so den Rückstoß auffangen kann, der Schlagbolzen wird gespannt etc. Die Patronen stecken zu fünf in einem halbkapselartigen Magazin, welches mit kurzem Griff durch die Ladeöffnung eingesetzt wird; nach dem Abschießen wird es selbstthätig nach unten ausgeworfen. Das Visier reicht bis 2500 m. Deutschland hat für das neuanzufertigende Repetiergewehr von 8 mm Kaliber gleichfalls einen Mannlicher-Verschluß angenommen, der noch Patentgeheimnis (vom Staat angekauft) ist. Frankreich hat bereits einen großen Teil seiner Armee mit dem neuen Repetiergewehr M/86 von 8 mm Kaliber bewaffnet. Dasselbe hat Vorderschaftmagazin; der Geradezugverschluß ähnelt demjenigen von Gras-Kropatschek; das Verbundgeschoß hat einen Mantel aus Nickellegierung.

Richard Wendt in Hamburg. Der am 20. Nov. 1881 in Wiesbaden verstorbene Komponist Kéler Béla, eigentlich Albert von Kéler, wurde 13. Febr. 1820 zu Bartfeld in Ungarn geboren. Er begann juristische Studien, ging aber dann zur Landwirtschaft und 1845 zur Musik über und studierte zu Wien unter Schlesinger und Sechter. Nachdem er einige Zeit als Violonist im Theater an der Wien mitgewirkt und durch seine Tänze und Märsche bekannt geworden, wirkte er 1854 kurze Zeit als Dirigent der früher Gunglschen Kapelle in Berlin, kehrte dann nach Wien zurück an die Spitze der Kapelle des soeben verstorbenen Lanner (1855) und war sodann 1856-1863 Militärkapellmeister zu Wien und bis 1873 in Wiesbaden, wo er seitdem privatisierte.

H. v. Üchtritz in Berlin. Ein Verzeichnis der zur Zeit erscheinenden heraldischen Zeitschriften finden Sie in Professor Hildebrandts "Wappen-Fibel", wo auch die Adressen einiger Wappenmaler angegeben sind.

Finanzrat B. in Debreczin. Wir verweisen Sie auf das soeben im Verlag von M. Diesterweg in Frankfurt a. M. erschienene Werk von G. Schinkenberger und H. Kreidel: "Handbuch der Berechnungen von Anleihen und Annuitäten und der Kurs- und Rentabilitätswerte von Obligationen". Dasselbe ist auf Grundlage von 32 Tilgungsplänen mit verschiedenen Tilgungsweisen ohne algebraische Zeichen und Symbole ausführlich für die Praxis bearbeitet und entspricht diesem seinem Zweck vollkommen. Die finanzwissenschaftliche Litteratur hat zwar keinen Mangel an Werken über Zinseszinsen und Renten sowie über deren Anwendung auf die Berechnung von Anleihen und Obligationen, diese sind aber mehr als Lehrbücher der Mathematik denn als Nachschlagbücher und Wegweiser für die Praxis abgefaßt. Das vorliegende Buch setzt deshalb bei gänzlicher Vermeidung der Buchstabenrechnung von dem Benutzer nur die Kenntnis der vier Spezies voraus und belehrt hauptsächlich durch praktische Beispiele, gibt daneben aber dem geübten Rechner und Finanzbeamten auch ausführliche logarithmische Tafeln als Hilfsmittel an die Hand.

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Druck vom Bibliographischen Institut in Leipzig.

Holzfreies Papier.