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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Sachsen-Weimar-Eisenach (Verwaltung etc.; Geschichte).

Anmerkung: Fortsetzung des Artikels 'Sachsen-Weimar-Eisenach'

Anmerkung: Fortsetzung von [Verfassung und Verwaltung.]

alt ist und in dem Bezirk, für welchen der Wahlmann gewählt wird, seinen wesentlichen Wohnsitz hat. Wählbar zum Abgeordneten ist jeder selbständige, unbescholtene Staatsbürger von 30 Jahren. Der Präsident des Landtags wird frei gewählt. Ordentliche Landtage werden von 3 zu 3 Jahren berufen. Nach dem Organisationsgesetz vom 5. März 1850 ist das Staatsministerium die oberste Verwaltungsbehörde für das Großherzogtum. Dasselbe begreift vier Departements: das der Finanzen, das des großherzoglichen Hauses und des Kultus, das der Justiz, das des Äußern und Innern. Dem Ministerium des Innern unterstehen als Administrativbehörden die Bezirksdirektionen zu Weimar, Apolda, Eisenach, Dermbach, Neustadt a. O. Unter dem Ministerium für Kultus besteht ein evangelischer Kirchenrat zu Weimar; die katholischen Pfarreien, elf an der Zahl, bilden ein zum Sprengel des Bischofs von Fulda gehöriges Dekanat; für die sieben Judengemeinden besteht das Landrabbinat zu Lengsfeld. Die höchste Gerichtsbehörde ist das gemeinschaftliche Oberlandesgericht zu Jena. Es umfaßt die vier sachsen-ernestinischen Staaten, das Fürstentum Schwarzburg-Rudolstadt und die beiden reußischen Fürstentümer sowie die preußischen Kreise Schmalkalden, Schleusingen und Ziegenrück. Landgerichte bestehen in Weimar, Eisenach und Gera, letzteres gemeinschaftlich mit Reuß jüngere Linie, unter ihnen 19 Amtsgerichte. Was die Finanzen anlangt, so hat der Landtag für die Finanzperiode 1887/89 die jährliche Einnahme und Ausgabe mit 6,746,544 Mk. festgestellt. Die Matrikularbeiträge für 1888/89 sind auf 1,391,565 Mk. veranschlagt. Die Staatsschuld des Großherzogtums betrug 1. Jan. 1885: 6,343,938 Mk. und wird für Anfang 1889 mit 5,856,775 Mk. berechnet. Sie ist geringer als die Summe der angelegten Aktivkapitalien, welche der Staat besitzt. Im Großherzogtum liegen drei Garnisonorte, in welchen das 5. thüringische Infanterieregiment (Großherzog von Sachsen) Nr. 94 und zwar je ein Bataillon in Weimar, Eisenach, Jena garnisoniert. S. ist beim deutschen Bundesrat mit einer Stimme vertreten und sendet drei Abgeordnete zum deutschen Reichstag.

Das Wappen besteht in einem quadrierten Haupt- und einem Mittelschild: jener enthält die Zeichen von Thüringen, Meißen, Henneberg, Blankenhain, Neustadt und Tautenburg; dieser zeigt das sächsische Stammwappen (fünf schwarze Balken in Gold mit grünem Rautenkranz). Das Ganze ist mit dem Falkenorden umhangen und mit der Königskrone bedeckt. Die Landesfarben sind Schwarz, Grün, Gold. Der Großherzog verleiht den Hausorden der Wachsamkeit oder vom Weißen Falken (s. Tafel »Orden«, Fig. 14), eine Zivilverdienstmedaille (für Verdienste im Krieg 1870/71 mit Schwertern verliehen), eine Dienstauszeichnung für Gendarmen, Unteroffiziere und Gemeine und eine Lebensrettungsmedaille; ferner ist ein silbernes Ehrenzeichen für rühmliche Thätigkeit während des Kriegs von 1870/71 verliehen worden. Die Residenz ist Weimar; großherzogliche Schlösser sind zu Dornburg, Allstedt, Jena, Belvedere, Ettersburg, Wilhelmsthal, Eisenach und Wartburg. S. Karte »Sächsische Herzogtümer«.

Geschichte

Weimar gehörte seit dem frühsten Mittelalter den Grafen von Orlamünde, und schon im 10. Jahrh. erscheint eine Seitenlinie derselben unter dem Namen der Grafen von Weimar, die 1067 erlosch. Mit dem Haus Wettin gerieten die Grafen von Orlamünde, seitdem dasselbe die Landgrafschaft Thüringen erhalten ↔ hatte, vielfach in Zwistigkeiten und mußten 1345 die Lehnshoheit des Landgrafen Friedrich des Ernsthaften anerkennen sowie das Haus im Fall ihres Erlöschens zum Erben ihrer Besitzungen einsetzen. Dies trat 1376 ein, und seitdem gehörte Weimar den Wettinern und seit der Teilung von 1485 der Ernestinischen Linie derselben. Nach der Wittenberger Kapitulation (1547) ward es Hauptstadt der den Ernestinern verbliebenen Lande, bis Johann Friedrich der Mittlere 1564 seinen Sitz nach Gotha verlegte. Bei der Teilung von 1572 zwischen dessen Söhnen und seinem Bruder Johann Wilhelm erhielt dieser Weimar und ward Stifter der ältern weimarischen Linie, starb aber schon 1573. Seine Söhne Friedrich Wilhelm und Johann regierten gemeinschaftlich bis zu dem Tode des erstern 1602, worauf Johann mit dessen Söhnen 1603 eine Teilung vornahm. Bei dieser erhielt er die Ämter Weimar, Jena, Burgau, Kapellendorf, Ringleben, Ichtershausen, Wachsenburg, Reinhardsbrunn, Georgenthal, Schwarzwald, Königsberg und Oldisleben und begründete die jüngere weimarische Linie.

Auch Johann starb schon 1605, und Kurfürst Christian I., dann Johann Georg I. von Sachsen übernahmen für die acht unmündigen Söhne die Vormundschaft, bis 1615 der älteste, Johann Ernst, die Regierung antrat. Derselbe trat 1619 mit seinen Brüdern Friedrich und Wilhelm in das Heer des Königs Friedrich von Böhmen, kehrte aber nach dessen Sturz in seine Lande zurück und war bemüht, die Kriegsleiden möglichst zu mildern. Ihm folgte 1626 sein jüngerer Bruder, Wilhelm, unter welchem das Land von den Kaiserlichen Merodes und Tillys schwer zu leiden hatte. Als Gustav Adolf 1630 in Deutschland landete, waren Wilhelm und seine Brüder Albrecht, Ernst und Bernhard unter den ersten deutschen Fürsten, die sich ihm anschlossen. Wilhelm übernahm nach der Schlacht bei Breitenfeld den Oberbefehl in Thüringen, Bernhard schwang sich zum Befehlshaber der Truppen der deutschen Protestanten auf und hatte Aussicht auf eine noch größere Machtstellung, als die Schlacht bei Nördlingen (1634) diese Hoffnungen zerstörte. Die weimarischen Fürsten traten daher dem Prager Frieden (1635) bei, zogen sich aber hierdurch die Feindschaft und Plünderungszüge der Schweden zu. Nachdem mit dem Tod Johann Kasimirs (1638) Koburg und Eisenach an die weimarische Linie gefallen waren, beschlossen die drei Brüder 1641 zu teilen. Während Albrecht Eisenach, Ernst Gotha erhielt, kam auf Wilhelm der weimarische Teil (Weimar, Jena, Burgau, Kapellendorf, Ringleben und Berka), und er wurde so Stifter der neuen weimarischen Linie. Nach dem Tod Albrechts fiel dieser Eisenach, bei der definitiven Teilung der hennebergischen Erbschaft die Ämter Ilmenau, Kaltennordheim, Wasungen und die Zillbach zu. Nach Wilhelms Tod (1662) teilten sich dessen Söhne die Lande so, daß Johann Ernst II. Weimar, Adolf Wilhelm Eisenach, Johann Georg Marksuhl und Bernhard II. Jena erhielten.

Die von Johann Ernst abstammende Linie, welche man auch als die jüngste weimarische bezeichnet, erwarb 1672 nach dem Erlöschen der altenburgischen Linie einige Ämter (Dornburg, Allstedt, Roßla und Bürgel). Unter Wilhelm Ernst (1683-1728) fiel ihr das Herzogtum Jena zu, nachdem dessen Linie 1690 erloschen war. Mit Wilhelm Ernst regierte gemeinschaftlich sein Bruder Johann Ernst III. und nach dessen Tod (1707) sein Sohn Ernst August. Doch wurde 1719 die Primogenitur eingeführt, und Ernst

Anmerkung: Fortgesetzt auf Seite 157.

Anmerkung: Fortgesetzt auf Seite 157.