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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Wetter (Vorherbestimmung).

Anmerkung: Fortsetzung des Artikels 'Wetter'

Barometerstand auf die Rückseite des Wirbels gelangt; dagegen wird umgekehrt klare Witterung in trübe übergehen, wenn ein Wirbel mit niedrigem Barometerstand an die Stelle von hohem Luftdruck tritt, oder wenn ein Wirbel auf einen vorangegangenen folgt.

Vorherbestimmung des Wetters, Wetterberichte etc.

Aus den vorstehenden Thatsachen ergibt sich, daß alle Veränderungen des Wetters in dem innigsten Zusammenhang mit den Änderungen im Luftdruck stehen, und daß, wenn eine Vorherbestimmung des Wetters (Wetterprognose) aufgestellt werden soll, es durchaus notwendig ist, sowohl die Verteilung des Luftdrucks über einem größern Gebiet zu kennen, als auch zu wissen, wie sich dieselbe für die Zukunft gestalten wird. Wenn es in neuerer Zeit gelungen ist, wenigstens für einen kürzern Zeitraum, für die nächstfolgenden 24 Stunden, Wetterprognosen zu stellen, die im allgemeinen 80-90 Proz. Treffer ergaben, so ist das nur dadurch möglich gemacht, daß der Telegraph in den Dienst der Meteorologie gezogen wurde und durch die Wettertelegraphie die zu einer bestimmten Zeit vorhandenen Werte der meteorologischen Elemente einer Zentralstelle mitgeteilt, von dieser gesammelt und zum Entwerfen von Wetterkarten und zum Aufstellen von allgemeinen Übersichten der Witterung (Wetterberichte) benutzt wurden.

Da die verschiedene Verteilung des Luftdrucks und die von ihr abhängige wechselnde Richtung und Stärke der Winde die das W. hauptsächlich bestimmenden Elemente sind, so ist auch bei den Wetterkarten auf Luftdruck und Winde die meiste Rücksicht genommen. Aber auch die andern Witterungserscheinungen, als: Temperatur, Bewölkung, Regen etc., werden in diese Wetterkarten eingetragen. Die Methode der Anfertigung dieser Wetter- oder synoptischen Karten besteht darin, daß die Witterungserscheinungen, welche gleichzeitig auf einem größern Gebiet stattfinden, durch vereinbarte, allen verständliche Zeichen in eine geographische Karte eingetragen werden, um auf diese Weise ein übersichtliches Bild des Witterungszustandes zu erhalten, welches einer weitern Diskussion unterworfen werden kann. Vorzüglich sind zwei Arten solcher Wetterkarten zu unterscheiden: solche, welche allein auf Grund der telegraphischen Nachrichten konstruiert werden und dem sofortigen praktischen Gebrauch, namentlich dem Ausstellen der Wetterprognosen, dienen, und solche, welche nachher mit reichhaltigerm Material angefertigt und den wissenschaftlichen, theoretischen Forschungen zu Grunde gelegt werden. Da unter allen europäischen meteorologischen Zentralinstituten die deutsche Seewarte in Hamburg (s. Seewarte) das reichhaltigste Material bei der relativ besten Verteilung der Stationen besitzt, so mögen als Beispiel für alle ähnlichen Wetterkarten und Wetterberichte die von der deutschen Seewarte getroffenen Einrichtungen und Maßregeln dienen. Das Gebiet, aus welchem die deutsche Seewarte ihre Morgentelegramme erhält, hat einen Radius von ca. 1000 Seemeilen und erstreckt sich nach Westen bis an die Westküste von Irland, nach S. bis Corsica und Süditalien, nach O. bis Moskau und nach N. bis Bodö nördlich vom Polarkreis. Unter den 96 Stationen, welche der Seewarte telegraphische Nachrichten übermitteln, sind 28 deutsche und 68 ausländische. Die Morgentelegramme bringen nach einem vereinbarten Schema die Barometerstände, Windrichtung und Stärke, Temperatur und Bewölkung für den Abend des vorhergehenden Tags und zwar für die deutschen ↔ Stationen für 8 Uhr abends und für die ausländischen meistens für 9, für mehrere für 6 oder 8 und vereinzelt für 7 oder 10 Uhr abends. Außerdem sind in den Morgentelegrammen die Werte derselben Größen für 8 Uhr (beiden ausländischen Stationen zum Teil für 7 Uhr) morgens angegeben, denen noch die relative Feuchtigkeit, die Regenmenge, der vorherrschende Himmelszustand (Wolkenform) und meistens auch die Temperaturextreme für die letzten 24 Stunden hinzugefügt sind. Von diesen 96 Stationen senden endlich noch 22 (13 deutsche und 9 ausländische) die Werte der meteorologischen Elemente, die in der Morgendepesche berücksichtigt waren, auch für 2 Uhr nachmittags ein. Nach Eintreffen der Telegramme werden diese in eine Tabelle und in eine geographische Karte eingetragen. Nach dieser werden vier Karten gezeichnet: zwei größere für 8, resp. 7 Uhr morgens des laufenden Tags und zwei kleinere für 2 Uhr nachmittags und 8 Uhr abends des vorhergehenden Tags. Von den ersten beiden Karten enthält die eine den Luftdruck, dargestellt durch die von 5 zu 5 mm fortschreitenden Isobaren (Linien gleichen Barometerstandes) für den auf 0° und das Meeresniveau reduzierten Barometerstand, sowie die Änderung des Luftdrucks in den letzten 24 Stunden durch beigeschriebene Zahlen, den Wind (Richtung und Stärke) und die Größe der Bewölkung, während in der andern die Temperatur durch die von 5 zu 5° C. fortschreitenden Isothermen, die Änderung der Temperatur in den letzten 24 Stunden, der Niederschlag und der Seegang angegeben ist. Von den beiden kleinern, den Witterungszustand um 2 Uhr nachmittags und 8 Uhr abends des vorhergehenden Tags darstellenden Karten enthält jede die von 5 zu 5 mm fortschreitenden Isobaren, die Richtung und Stärke des Windes, den Grad der Bewölkung, die Temperatur, angegeben in ganzen Graden, und die Höhe des Niederschlags. Bei dem Eintragen der Witterungstelegramme in die Karten wird zunächst jede Station durch einen kleinen Ring bezeichnet. Ein durch die Station gelegter Pfeil gibt die Richtung des Windes an, so daß der Pfeil mit dem Wind fliegt; die Windstärke wird durch die Befiederung des Pfeils angegeben, so daß eine Fieder einen schwachen Wind und sechs Fiedern einen Orkan bedeuten (halbe Beauforts Skala, s. Wind). Die Bewölkung wird durch Ausfüllung der Ringe gegeben, so daß ein unausgefüllter Ring einen wolkenlosen und ein ausgefüllter Ring einen völlig bedeckten Himmel bezeichnet, und die Hydrometeore werden durch international vereinbarte Zeichen eingetragen, wobei Regen durch einen oder mehrere Punkte bezeichnet ist. Dabei bedeutet ein Punkt einen Regenfall in 24 Stunden von 1-5 mm, zwei Punkte von 6-10 mm, drei Punkte von 11-20 mm und vier Punkte von über 20 mm Höhe. Diese Eintragung in die Karten und die Abfassung der tabellarischen Übersicht kann schon jeden Tag um 11 Uhr vormittags dem Druck übergeben werden. Nach Vervollständigung der Karten und mit Benutzung der Nachmittagsdepeschen werden, nachdem ein Wetterbericht, die allgemeine Übersicht der Witterung über Zentraleuropa für 8 (7) Uhr morgens des betreffenden Tags, zusammengestellt ist, die Aussichten für die Witterung des nächstfolgenden Tags hinzugefügt. Aus den allgemeinen Übersichten der Witterung und den Wetterkarten, welche beide verschiedenen Zeitungen telegraphisch mitgeteilt werden, werden an verschiedenen Orten mit Benutzung von lokal angestellten Beobachtungen sogen. Lokalprognosen gestellt und ebenso wie die Wetterkarten selbst und die von der Seewarte auf-

Anmerkung: Fortgesetzt auf Seite 569.