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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Schutzeinrichtungen der Pflanzen (gegen anorganische Kräfte)
sindet sich am Halm der Gräser dicht über dem Knoten eine Stelle, an welcher die Gewebe in zartwandigem, teilungsfähigem Zustand verharren, und wo daher leicht ein Einknicken durch den Wind erfolgen könnte, wenn dieselbe nicht durch eine Blattscheide mit stark entwickeltem Skelett bedeckt würde.
Auch die fortwachsende Wurzelspitze wird durch eine sie überziehende, sich stetig regenerierende Zellenschicht (Wurzelhaube) gegen den Druck des umgebenden Erdbodens geschützt. Ähnliches wird "durch Lokalisierung der Bildungsgewebe der Stammspitze unter dicht übereinander schließenden Schutzblättern oder durch Verlegung des kambialen Gewebes der 'eikotylen Stämme auf den Umkreis eines festen, wesentlich aus Libriform gebildeten Skelettringes unter gleichzeitiger Fortbildung eines äußern Schutzniantels erreicht. Dieim Wind flatternden Laubblätter sind gegen die Gefahr des Zerfetziwerdens dadurch gesichert, daß ihre biegungsfesten Skelettteile durch die zahlreichen Gefäßbü ndelanastomosen, die das Netzwerk in der Blattfläche bilden, fest miteinander vertopvelt werden; am Blattrand, wo die Gefahr des Einreißens am größten ist, finden sich besondere Schutzvorrichtungen in Form verdickter Außen;ellwände oder subepioermaler Vastgruppl'n, deren Querschnitt oft einer Pfeilspitze oder einer Sichel gleicht.
Auch gegen die Stoßwirkung von Regen und Hagel schützen sich die zu einer dünnen Fläche ausgebreiteten Blätter dadurch, daß die zwischen den ^inzklnen Vlattnervenmaschen befindlichen Flächenstücke nach oben konvexe, flache Gewölbe bilden, die sich seitlich an elastische Widerlager, d. h. an die nur unterseits hervortretenden Nerven, anlehnen; der Stoß wird dabei auf die Widerlager übertragen und durch die Elastizität derselben gescywächt. Kau zeigte durch Versuche, bei welchen er Schrotkörner von einer deftimmten Höye auf ausgespannte Blattstücke herabfallen ließ, daß die mit derartigen Hervorwölbungen versehenen Blätter gegen das Durchschlagen an der Oberseite erheblich widerstandsfähiger sind als an der Unterseite. Auch durch die Teilung der Blattfläche oder durch stark verschmälerte Form und biegsame Beschaffenheit der elven wie bei den Gräsern wird ein leichteres Ausweichen der Blattfläche beim Anprall von Hagelkörnern erreicht.
Eine zweite Reihe höchst bemerkenswerter Einrichtungen entwickeln die Pflanzen zum Schutz gegen rindringendes Wasser. Zunächst werden die meisten jugendlichen Pflanzenteile auf der Außenwand ihrer Oberhautzellen von einer dünnen, für Wasser undurchdringlichen Schicht, der Cuticula, überzogen, welche zugleich die innern Gewebe vor zu starker Verdunstung schützt. Dem gleichen Doppelzweck dienen Wachs- und Korküberzüge; besonders letzterer tritt vielfach da auf, wo das Eintreten von Wasser in das Gewebe, z.B. bei Rhizomen von Wasser- oder Sumpfpflanzen, verhindert oder wo bestimmte Gewebeparuen vom osmotischen Saftaustaufch mit andern abgeschnitten nxrden sollen, wie dies regelmäßig im Umkreis von Wunden oder erkrankten Gewebeteilen der Fall ist; das geringe Wärmeleitungsvermögen des Korks befähigt ihn außerdem zum Schutz zarter Gewebe gegen starke Temperaturschwankungen. Da die Oberhaut der grünen Pflanzenteile durch die Spaltöffnungen, welche als Regulatoren der Wasserverdunstung dienen, unterbrochen ist und deren Bahn der Regel nach für den Wasserdampf frei erhalten werden muß, so sind Schutzeinrichtungen notwendig, welche das Eindringen fließenden Wassers, z. B. vo l Tautropfen, in die Spaltöffnungen verhindern. Da
letztere bei der Mehrzahl der Pflanzenblätter auf der Unterseite zahlreicher vorhanden sind als auf der Oberseite, so muß auch erstere gegen Nässe stärker geschützt werden; aus diesem Grund erklären sich die mehligen oder wachsartigen Überzüge gerade an der Unterseite zahlreicher Blätter (z. B. der Mehlprimel, vieler Weidenarten u. a.). Trägt dagegen das Blatt die Mehrzahl der Spaltöffnungen an der Oberseite, so wird der Ve-'etzung auch hier durch ähnliche Überzüge vorgebeugt. Auch die zweifarbigen, d. h. unterseits durch Haare weiß oder grau erscheinenden, Blätter haben meist eine spaltöffnungsfreie, von Wasser benetzbare Oberseite, während die an diesen Organen reiche Unterfläche durch die daselbst reichlich vorhandenen Haarbildungen vor Be netzung der Spaltöffnungseingänge gesichert wird.
In andern Fällen, z. B. bei einzelnen Sumpsgewachsen, besitzen die Spaltöffnungen einen Schutz gegen Benetzung in papillenartig vorgewölbten Hautzellen oder ln zapfenförmigen Auswüchsen der Cuticula, indem das Wasser in den betreffenden kleinen Hohlräumen die Luft nicht zu verdrängen vermag.
Andre Pflanzen, wie die Hasuarineen, (^di8us rg^ äiaM8 und einzelne Schmetterlingsblüter/besonders der spanischen Flora (Arten von ^stamk, (?6M8ta, l^lkx. 8Hl-or!iinnlM8), bergen ihre Spaltöffnungen in Längsrinnen vor Wasserbenetzung. Die mit immergrünen Rollblättern verjehenen Gewächse (Mioa-Arten, Oailmm vulFai'i8, Nmi Mrum ui^rum, ^nclrumeäa, I^sdum Mlustt^, ^2^163. pr(icmnch6N8), welche in den Hochalpen, in arktischen Gegenden, den Heiden und Mooren Nordwestdeutschlands und im Kaliland mit ähnlichen Formen auftreten und an allen diefen Orten einer übermäßig starken Benetzung neben großer Trockenheit ausgesetzt sind, erreichen einen gleichen Schutz ihrer Spaltöffnungen durch Nmrolluna. ihrer Blattränder nach unten, damit die an der Unterseite befindlichen Durchlüftungsorgane auch während der Niederschläge ihre Funktion ausüben tonnen.
Die eben beschriebenen Einrichtungen haben zu andrer Zeit, d. h. bei Trockenheit und Dürre, eine wesentlich abweichende Aufgabe, indem sie dann dem innern Gewebe der damit ausgestatteten Pflanzen Schutz gegen die Gefahr übermäßiger Transpiration und des Wasserverlustes zu gewähren haben; von manchen Botanikern werden sie sogar als ausschließlich genanntem Zweck angepaßt betrachtet. Gegen Wasserverlust schützt der Spaltöffnungsapparat selbst, indem die beiden den offenen Spalt begrenzenden Oberhautzellen (Schließzellen) durch einen eigenartig konstruierten Mechanismus befähigt erscheinen, sich bei abnehmendem Wasserdampfgehalt der Luft zü schließen und im entgegengesetzten Fall wieder zu öffnen. Dementsprechend besitzen Feuchtigkeit liebende (hygrophlle) Pflanzenarten Spaltöffnungen, die in gleichem Niveau mit den Oberhautzellen oder sogar über dieselben emporgehoben liegen, xerophile ^Trockenheit liebende) Pflanzen dagegen mehr oder weniger tief eingesenkte. Andre Pflanzen schützen sich durch Verstärkung ihrer Cuiicma (1i6x, >i6i'iuiii), durch Überzüge von Wachs, von balsamartigem Firnis ^i8M8> Arten des Mittelmeergebiets), ferner durch Kalk- oder Salzkrusten, wie viele Strand-, Steppen- und Wüstenpflanzen, oder durch Haarüderzüge (zahlreiche Woll- und Wzpflanzen) vor zu starker Verdunstung. Vei unserm einheimischen Uiki'Hcium ^ii0>6ilN, das untersens weißfilzige Blätter hat, krümmt sich bei trocknem Wetter das Blatt derartig, daß die weiße Unterseite einsn schützenden Schirm für das übrige Blatt her-