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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Schutzeinrichtungen der Pflanzen (gegen Wärmeverlust etc., Angriffe von Tieren)
die Transpiration herabgesetzt wird, und die als solche bereits oben genannt sind; die Mittel der Haarbekleidung, der Vertttalstellung der Blätter u. a. machen sich auch als Regulatoren der Beleuchtung geltend. Eine und dieselbe Pflanzenart entwickelt unter dem Einfluß eines sonnigen oder schattigen Standortes verschieden gebaute Blätter, welche eine Schutziiulwug gegen zu grelles Licht deutlich erkennen lassen. Auch die Ausbildung roter und violetter Farbstoffe in stark belichteten Blättern, Z. B. von siMit'^'a Ii0rt6Q8i8, bezweckt Lichtdämpfung. Als Schattendecke gegen zerstörende Lichtstrahlen scheinen auch die Farbstoffe zu fungieren, die bei zahlreichen Pflanzenarten (Walnuß, Wein, K.rschbaum, Päonie, Ampfer arten u. a.) eine gelbe oder braune Färbung des jugendlichen Laubes veranlassen. Ebenso nehmen die Chlorophyllkörper immergrüner Gewächse während oes Winter- oder Sommerschlafs eine gelbbraune uder braunrote Färbung an und ballen sich in größern oder kleinern Klumpen in den Palissadenzellen 5es Blattes zusammen. Endlich tritt in einjährigen ^aubblättern vor dem Abfallen derselben und der damit verbundenen Entleerung an Kohlehydraten und Eiweißstoffen eine ähnliche Gelb-, Rot- oder Braunfärbung ein, so daß vermutlich alle diese Farbstoffe für die Schutzwirkung der im Innern der Chlorophyllzellen sich abspielenden chemischen Vorgänge gegen Lich^überschuß Bedeutung haben.
Den meisten Pflanzenteilen ist ferner Schutz gegen Närmeverlust notwendig, und die Bildung eines Periderm-, Kork oder Borkenmantels an Holz^weiqen und Baumstämmen, die Haar-, Filz- und Harzoelleidungen der Knospenschuppen, die Bergung aller zarten, das Wachstum fortsetzenden Gewebepartien unter schützende Decken erscheinen aus genanntem Grund leichtverständlich. Manche Blüten nehmen, um während der Nacht durch Wärmeausstrahlung nicht geschädigt zu werden, durch Nutation ihrer Blütenstiele eine zur Erde gerichtete Stellung ein; bei vielen Kompositen schlagen sich die Hüllblätter oder Randblüten des Köpfchens zu gleichem Zweck über den mittlern Blüten zusammen. Auch die Kotyledonen mancher Keimpflanzen (Sonnenrose, Arten von Oxals, 'Ilitoüuin, I^0tn8 u.a.), die während des Tags ihre Breitseiten nach oben kehren, legen dieselben während der Nacht aneinander, um die zwischen ihnen befindliche zarte Stengelspitze zu schützen. Ebenso können die Schlafbewegungen der Mimosen und vieler andrer Pflamen als S. gegen Wärmeverluste, aber auch als Vorkehrungen zur Ableitung von Regentropfen, Verhinderung von zu starker Wasserverdunstung u. dgl. gedeutet werden. Schutz gegen Erfrieren gewährt den Pflanzen, abgesehen von dem 'Vorhandellsein einer sie einhüllenden Schnee- oder Laubdecke, vor allem die Bildung unterirdischer Rhizome, auf welche sich ihr Leben während des Winters unter Absterben der oberirdischen Teile zurückzieht.
Derartige Stammteile sind aus diesem Grund bei hochalpi'nen und hochnordischen Gewächsen im Vergleich zu den oberirdischen besonders stark ausgebildet. Wasserpflanzen erreichen dasselbe dadurch, daß sie, wie z. B. ?otam0F6t0u 0N8M8 (s. Tafel, Fig. 3), in Form von kleinen, wohlverwahrten Winterknospen unter Absterben der übrigen Teile in den Schlamm am Grunde der Gewässer sich verstecken und auf diefe Weise trefflich gegen die Winterkälte geschützt sind.
Von Spezialschutzeinrichtungen sind besonders diejenigen bemerkenswert, welche den jungen Pflanzenleim (Embryo) und seine Ernährungsorgane innerhalb der Samenschale umgeben, oderwelche
die Befestigung des Samens beim Kennen an geeigneter Stelle sichern. Zahlreiche spezielle S. besitzen die Bluten, deren Pollen besonders durch Nässe geschädigt wird, weshalb in zahlreichen Fällen, z. V. durch Bildung hängender Glöckchen, durch dichten Schluß der Blütendecken, z. B. bei ^rollius europa,6U8 (s. Tafel, Fig. 4 d), durch starke Verengerung oder durch einen Haarbesatz des Blüteneinganges, z. B. bei ^retig. ^lapi ÄÜg (s. Tafel, Fig. 4 c u. ä), das Eindringen von Regen und Tau in den Blüteninnenraum verhindert wird (Schutzmittel des Pollens). In andern Fällen übernehmen nicht die Blütenteile selbst, sondern die ihnen benachbarten Hüllblätter die Rolle von Pollenschutzorganen. Bei der im Himalaja einheimischen Aracee ^>iup8iß peili Na (s.
Tafel, Fig. 4 a) bildet das Hüllblatt eine Art von umgekehrter Barke, welche den darunter befindlichen Blutenkolben vor Nässe schützt. Die strahlenförmigen, innen silberweiß glänzenden Hüllblätter der Wetterdistel (s. Tafel, Fig. 5) breiten sich bei trocknem, sonnigem Wetter flach aus (a), schließen sich dagegen bei Feuchtigkeit infolge von Änderungen ihrer Gewebespannung zu einem aufrechten Hohlkegel (d) zusammen und schützen dadurch die unterihnen befindlichen Blütenteile vor Regen. Ähnliche Schließbewegungen führen auch die Blüten des Safrans (s. Tafel, Fig. 6) aus, die im geschlossenen Zustand (a) ein Gewölbe bilden, an dessen Außenseite das Wasser abfließt, während sie sich bei warmem, trocknem Wetter strahlenförmig ausbreiten (d). In den zuletzt genannten Fällen wird durch den Schließungsvorgang nicht nur Pollenschutz erreicht, sondern auch die Beschädigung zarter innerer Blütenteile verhindert.
Unter den S. gegen die Angriffe von Tieren stehen die Stachel- und Dornbildungen obenan. Teils entwickeln sich dieselben an den zu schützenden Pflanzenteilen selbst, indem laublose, rutensörmige, am Ende in Dornen auslausende Stengel oder stachelähnliche Nadelblätter (^aiäu8 sti^cra, ^e^vicg. 2.1^ ix'i^ris u. a.) oder ringsbestachelte Distelblattformen, wie besonders bei Kompositen und Nmbelliferen, auf treten, teils übernehmen zu Dornen umgewandelte Seitentriebe den Schutz benachbarter Blätter, wie bei den Alhagi-Gebüschen der Steppen sowie auch bei dem einheimischen Weiß- und Schlehdorn. Die im Mittelmeergebiet häusigen Phryganasträucher( Vsilä, X0liii5N,^ot6rium spinosum) bilden struppige Büsche, von deren Peripherie eine Menge dorniger, das darunter befindliche Laub schützender Äste abstarren. Bei den Tragantsträuchern (^8tr3.A3.!ut>-Arten) der asiatischen Hochsteppen entwickeln sich die in Dornstacheln umgewandelten Spindeln der Fiederblättchen zu einem Schutzapparat für die grünen Laubb.ätter des nächstfolgenden Jahrs. Bei den Kakteen der Neuen Welt und den Euphorbien Afrikas tragen die blatt losen, fleischigen Stämme oft ein ganzes Arsenal von Stacheln, Borsten und Widerhaken, das diese auch während der größten Dürre saitstrotzenden Pflanzen besonders bedürfen. Außer Stacheln und Dornem schützen auch in der Haut schmerzhaft wirkende Angelu. Stechborsten sowie die Brennhaare der Di'ück-Arten die Pflanzen vor dem Angriff von Weidetieren.
Neuerdings wurden auch die S. gegen die Angriffe pflanzenzerstörender niederer Tiere, wie besonders der Schnecken, näher untersucht. Durch Beobach tungen im Freien und durch Fütterungsversuche stellte Stahl für eine Reihe von Nacktschnecken (Arion und I^imkx) und Gehäuseschnecken (lielix pomarik, H. Ko»t6li8i'8 und ähnliche Arten) fest, daß diese sehr gefräßigen Tiere, welche im stände sind, in einem Tag