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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Ultrarotes Spektrum

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Ultrarotes Spektrum (Phosphorographie).

nenspektrum dar. Das Maximum der Energie fällt im Normalspektrum ins Gelb in der Nähe der Linie D, also in den sichtbaren Teil, im prismatischen Spektrum dagegen, wo durch die Wirkung des Prismas die Strahlen gegen das weniger brechbare Ende hin enger zusammengeschoben werden, in das dunkle, ultrarote Gebiet. Die Energie der ultravioletten Strahlen ist äußerst gering, und die des ganzen sichtbaren Spektrums beträgt kaum ein Viertel der gesamten Sonnenenergie.

Diese thermoskopischen Methoden (mit Thermosäule oder Bolometer) gestatten zwar, die Energie der Strahlung zu messen und sehr weit in das ultrarote Gebiet hinein zu verfolgen; sie können jedoch nur mehr oder weniger breite Lücken in der Strahlung anzeigen, wogegen schmälere Linien ihnen notwendig entgehen; solche könnten nur auf rein optischem oder auf photographischem Wege nachgewiesen werden.

Schon 1843 hatte Draper gefunden, daß rote und ultrarote Strahlen auf Daguerrotypplatten bei hinreichend langdauernder Einwirkung, oder wenn die Platten vorher dem violetten Lichte ausgesetzt waren, einen Eindruck hinterlassen derart, daß Quecksilberdampf an den getroffenen Stellen sich nicht mehr niederschlägt. Er erhielt auf diese Weise das photographische Bild dreier Linien im Ultrarot, welche er mit α, β, γ bezeichnete. Auf gewöhnliche photographische Platten wirken diese Strahlen bekanntlich nicht. In neuerer Zeit (1880) aber gelang es Abney nach vielen Bemühungen, eine Bromsilberemulsion herzustellen, welche auch für diese Strahlen empfindlich ist, und damit das ultrarote Gebiet sowohl des prismatischen als des Gitterspektrums zu photographieren. Nach seinen Photographien entwarf er eine große Zeichnung des ultraroten Teils des Normalspektrums der Sonne, welche mehr als 500 stärkere und feinere Linien aufweist, von welchen Abney einige besonders hervorragende mit Z, X_{I}, X_{II}, X_{III}, X_{IV}, Y bezeichnete.

Eine weitere Methode zur Erforschung der ultraroten Strahlung ist die Phosphorographie. Wird ein Spektrum auf der Oberfläche einer vorher durch Tageslicht schwach leuchtend gemachten phosphoreszierenden Substanz entworfen, so wirken, wie E. Becquerel zuerst gezeigt hat, die verschiedenen Partien des Spektrums in sehr verschiedener Weise auf die Substanz ein. Ein Teil der blauen und violetten sowie ein Teil der ultravioletten Strahlen regen die Substanz zu erhöhtem Selbstleuchten an, die übrigen dagegen, und darunter insbesondere die roten und ultraroten, löschen das bereits vorhandene Phosphoreszenzlicht aus, nachdem sie dasselbe zuerst kurze Zeit zu hellerm Aufleuchten angefacht hatten. Nach der Einwirkung erblickt man daher auf der phosphoreszierenden Fläche ein Bild, eine Phosphorographie des Spektrums, welches an den von den erregenden Strahlen getroffenen Stellen heller, an den Stellen aber, auf welche die auslöschenden Strahlen wirkten, dunkler ist als der schwach leuchtende Grund. Sind in dem Spektrum Lücken vorhanden, wie die Fraunhoferschen Linien im Sonnenspektrum, so erscheinen sie in dem hellen Teile der Phosphorographie, nämlich im Gebiete der erregenden Strahlen, dunkel auf hellem Grunde, in dem dunkel gewordenen Gebiete der auslöschenden Strahlen aber hell auf dunklem Grunde. Besonders hell treten in letzterer Region die Linien hervor, wenn man während der Einwirkung des Spektrums die phosphoreszierende Fläche noch mit diffusem, blauem Lichte beleuchtet, welches, ohne die auslöschende Wirkung der ultraroten Strahlen wesentlich zu stören, das allmähliche Verlöschen der hell gebliebenen Stellen verhindert. H. Becquerel entwarf 1883 auf diese Weise das ultrarote Spektrum auf einem mit hexagonaler Blende (künstlichem Wurtzit, Schwefelzink) überzogenen phosphoreszierenden Schirm und bezeichnete auf demselben die Stellen der gesehenen Linien mit Bleistift, oder las sie an einer dem Spektrum entlang angebrachten Skala ab; die von ihm nach diesen Beobachtungen angefertigte Zeichnung des ultraroten Spektrums enthält zahlreiche Linien und breitere Bänder und reicht bis zur Wellenlänge 1,48 μ. Auch die ultraroten Emissionsspektren einiger Metalle wurden auf diese Weise ermittelt.

Die Beobachtung und Ausmessung des lichtschwachen phosphorographischen Bildes ist mühsam und unsicher. Weit empfindlicher und sicherer als das Auge

^[Abb.: Fig. 2. Ultrarotes Normalspektrum der Sonne.]