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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Freycinet - Fritfliege

Freycinet, Charles Louis de Saulces de, franz. Staatsmann, wurde 1891 an Stelle des Dichters Augier zum Mitglied des Instituts gewählt. Die Bedenken, welche diese nicht durch litterarische Verdienste Freycinets begründete, sondern aus politischen Rücksichten erfolgte Wahl hervorgerufen hatte, wurden durch die völlig mißlungene Rede gerechtfertigt, welche F. bei seiner Aufnahme in die Reihen der 40 Unsterblichen auf seinen berühmten Vorgänger hielt. Als Kriegsminister entfaltete F. eine fieberhafte Thätigkeit, um die Streitkräfte und die Festungswerke zu vermehren und durch große Manöver die Kampffähigkeit der Truppen zu erproben. Da die günstigen Erfolge seine Thätigkeit selbst in der Armee allgemein anerkannt wurden, behielt F. auch nach dem Sturz seines Ministeriums (18. Febr. 1892) in dem neugebildeten Kabinet Loubet das Kriegsportefeuille.

Frick, Otto, Schulmann (Bd. 17), Direktor der Franckeschen Stiftungen in Halle a. d. Saale, starb das. 19. Jan. 1892.

Fricke, 1) Friedrich Wilhelm, pädagog. Schriftsteller, starb 28. März 1891 in Wiesbaden.

Friedjung, Heinrich, polit. Schriftsteller und Journalist, geb. 18. Jan. 1851 zu Rostschin in Mähren, betrieb an den Universitäten von Prag, Berlin und Wien unter Sickel, Lorenz, Mommsen und Nitzsche zumeist historische Studien und promovierte 1873 in Wien. In demselben Jahre wurde er supplierender, 1874 ordentlicher Professor an der Wiener Handelsakademie, doch kurz nach Eintritt Graf Taaffes ins Ministerium (1881) wegen einer im Deutschen Verein gehaltenen oppositionellen Rede seines Amtes entsetzt. Darauf trat er in die Redaktion der »Deutschen Zeitung« ein, verließ sie wieder infolge der Kaminski-Affaire und des bekannten Prozesses und gründete 1883 die »Deutsche Wochenschrift«, mit der damals sehr wichtigen Tendenz, die guten Beziehungen zwischen Wien und Berlin zu fördern. Diese freimütige und gehaltvolle Wochenschrift ist für die Geschichte der Wiener Journalistik wichtig, sie zog viele neue Talente heran. Leider gab sie F. schon 1886 auf, weil er vom Deutschen Klub des österreichischen Abgeordnetenhauses zum Chefredakteur der neugestalteten »Deutschen Zeitung« bestellt wurde. Doch zerfiel der Deutsche Klub auch bald, und F. legte seine Stelle nieder. 1891 wurde er in den Gemeinderat der Stadt Wien gewählt und lebt als Korrespondent großer deutscher Blätter. Von seinen Schriften sind zu nennen: »Kaiser Karl IV. und sein Anteil am geistigen Leben seiner Zeit« (Wien 1876); »Der Ausgleich mit Ungarn« (3. Aufl., Leipz. 1877); »Ein Stück Zeitungsgeschichte« (Wien 1887).

Friedrich. 20) Die erste Gemahlin des Königs F. VII. von Dänemark (gest. 1863), geborne Prinzessin Wilhelmine Marie, Herzogin von Schleswig-Holstein-Sonderburg-Glücksburg, starb 30. Mai 1891 in Glücksburg.

56) F. Karl Nikolaus, Prinz von Preußen. In Görlitz wurde 27. Okt. 1891, dem Jahrestag der Kapitulation von Metz, ein Nationaldenkmal für F. auf dem Blockhausplateau errichtet.

Fritfliege, kleine (Haferfliege, Oscinis pusilla Meig.). Diese F. hat während der letzten Jahre in einem Teil Deutschlands, hauptsächlich aber in Österreichisch-Schlesien, Mähren, Galizien und in verschiedenen Gegenden Böhmens und Ungarns durch Verwüstung der Saaten großen Schaden hervorgerufen; sie ist etwas kleiner als die berüchtigte F. (Bd. 6), Zeichnung bei Weibchen und Männchen vorherrschend dunkel. Ihr Flugvermögen ist nur gering, indem sie kaum 2 cm weit fliegen, worauf sie sich kurze Zeit niedersetzen, um dann einen neuen kleinen Flug zu thun. Dieser eigenartigen Flugbewegung wegen, die den Sprüngen von Erdflöhen nicht unähnlich ist, sind die Haferfliegen oft mit diesen verwechselt worden. Als Schädling macht sich die kleine F. in drei verschiedenen Perioden des Jahres auf, zuerst im zeitigen Frühjahr, im Mai, hierauf zur Zeit der Haferreife, im Juli und August, und schließlich während des Winters, vom Spätherbst bis zum Frühlingsanfang. Die Verletzungen der Pflanze und der dadurch geänderte Habitus derselben sind in den drei Perioden so ungleiche, daß es anfänglich schwer ist, sie als von einem und demselben Insekt hervorgebrachte zu erkennen. Die im Spätherbst auftretende Schädigung betrifft ausschließlich Roggenpflanzen; sie macht sich in der Weise bemerkbar, daß die Pflanzen trotz günstiger Witterungs- und Ernährungsverhältnisse anfangs im Wachstum zurückbleiben, bald aber zu welken anfangen und vielfach absterben. Die Made der Fliege nagt an der Substanz einer Blatt- oder Halmanlage, im Innern sich aufwärts fressend, oder auch eine Halmwand durchbohrend und seitliche Organe zernagend. Wird hierbei der eigentliche Vegetationspunkt, die Terminalknospe des Triebes, nicht gestört, so vermögen sich unter sonst normalen Außeneinflüssen am Grunde neue Triebknospen zu bilden. Während die Larve der Hessenfliege die Pflanze direkt über der Wurzel zernagt, zernagt die Larve der kleinen F. die Pflanzentesle oft mehrere Zentimeter über dem Wurzelhalm. Auf Feldern, wo im Herbst der Schädling stark gehaust hat, erscheinen im Frühjahr infolge des Verfaulens der getöteten Roggenpflanzen mehr oder weniger große kahle Stellen, die sich bald mit verschiedenen Gräsern und Unkräutern bedecken. Die Puppen der Herbstgeneration (Sonnenpuppen) überwintern in der Roggenpflanze; die folgende Frühjahrsgeneration ist hinsichtlich der Nährpflanze nicht wählerisch; sie befällt in gleicher Weise auch Weizen, Gerste, Hafer und von den wildwachsenden Gräsern vor allem Triticum repens, Alopecurus- und Phleum-Arten, die unter den Angriffen der Fliege ebenso leiden wie der Winterroggen; im allgemeinen jedoch erscheint der Schade besonders bei reichlichern atmosphärischen Niederschlägen geringer als der an den Wintersaaten verursachte. Die Nachkommen dieser zweiten Generation haben wiederum eine von der der Eltern und Großeltern abweichende Lebensweise; sie leben an den verschiedenen Haferarten und vereinzelt auch an Sommerweizen. Der am Hafer entstehende Schade ist beträchtlich und ins Auge fallend; die aus dem Ei entstandene Larve zehrt den Inhalt von dem in einem Ährchen nach außen gerichteten Korn meist so vollständig auf, daß statt desselben eine mulmige, aus Exkrementen, Häuteteilchen etc. bestehende Masse bleibt, an der Spitze des einstigen Kornes, in den Zwischenräumen zwischen der Spelzenwand und dem durchbrochenen Hautgewebe des Samens, bildet die Larve das Puparium. Indem durch diese Verwundung zugleich auch die äußere Gestalt der Ährchen verändert wird, wird das Auffinden der Schädlinge erleichtert. Der durch die kleine F. angerichtete Schade kann sehr bedeutend sein; mehrfach schon sind in eingangs bezeichneten Gegenden bis zwei Drittel der Weizenernte vernichtet worden, und auf einzelnen Feldern des Schulgutes der landwirtschaftlichen Landeslehranstalt in Kotzobendz in Österreichisch-^[folgende Seite]