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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Gesicht^[richtig: Gesellschaft für deutsche Erziehungs- und Schulgeschichte] - Gesundheitspflege

Bezüglich der Erklärung des elektrischen Geschmacks schließen sich Hermann und Laserstein der elektrolytischen Theorie an, nach welcher die Erscheinungen durch das Auftreten saurer, resp. alkalischer Elektrolyten in den Endorganen der Geschmacksnerven gedeutet werden.

Einen Beitrag zur Lehre vom Geschmack hat auch Michelson geliefert. Er vermochte darzuthun, daß die untere, dem Innern des Kehlkopfes zugewendete Fläche des Kehldeckels mit Geschmacksvermögen begabt ist. Sowohl süße als bittere Substanzen wurden, wenn sie durch Vermittelung einer Kehlkopfsonde mit der genannten Fläche in Berührung gebracht wurden, in vielen Fällen deutlich geschmeckt; auch der elektrische Strom zeigte sich wirksam. Veranlaßt wurde diese Untersuchung durch die schon von Verson und andern gemachte Beobachtung, daß die untere Kehldeckelfläche mit ähnlichen Gebilden versehen ist, wie wir sie an den der Geschmacksfunktion dienenden Teilen der Zunge kennen. Es sind das die von Schwalbe und Lovén entdeckten Schmeckbecher oder Geschmacksknospen, Gebilde, die sicher als nervöse Endapparate aufzufassen sind. Da man nun nach ihrer Verbreitungsweise vermuten mußte, daß sie die der Geschmacksfunktion dienenden Sinnesorgane seien, war es wünschenswert, zu untersuchen, ob wirklich auch alle mit ihnen versehenen Teile mit Geschmacksempfindung begabt sind. Durch die Untersuchung von Michelson ist nun der Beweis geführt, daß ein mit Schmeckbechern ausgestatteter, aber von den schmeckenden Abschnitten der Mundrachenhöhle entfernt liegender Teil, von dem man von vornherein kaum Beziehungen zum Geschmack annehmen konnte, deutliche Geschmacksempfindlichkeit besitzt. Die Auffassung der Schmeckbecher als Geschmacksinnsorgane erhält durch diesen Nachweis eine neue Stütze.

Gesellschaft für deutsche Erziehungs- und Schulgeschichte, s. Deutsche Erziehungs- und Schulgeschichte (S. 177).

Gesicht, s. Gehirn.

Geß, Wolfgang Friedrich, protestant. Theolog, starb 1. Juni 1891 in Wernigerode.

Gesundheitspflege, öffentliche (Hygiene). I. Die 17. Versammlung des Deutschen Vereins für öffentliche G. tagte vom 17.-19. Sept. 1891 in Leipzig. In der ersten Sitzung sprach Soxhlet-München über die Anforderungen der G. an die Beschaffenheit der Milch. Für die Gewinnung einer möglichst gehaltreichen Milch kommt wesentlich die Fütterungsmethode in Betracht, namentlich aber auch der Wasserverbrauch der Kühe; je größer letzterer ist, um so wässeriger wird die Milch. Im allgemeinen und speziell für die Ernährung der Kinder ist gemischte Milch mehrerer Kühe der von nur einem Tier gemolkenen vorzuziehen. Wünscht man Milch von möglichst gleichförmiger Zusammensetzung zu erhalten, so müssen die Pausen zwischen dem Melken gleichartig sein. Die Milch wird häufig mit Wasser gemischt, was im wesentlichen nur eine Vermögensschädigung bedeutet, während das Abrahmen viel größere Bedeutung besitzt. Jedenfalls ist unverfälschte, aber fettarme Milch wertvoller als abgerahmte Milch von gleichem Fettgehalt. Der diätetische Wert der Milch hängt ab von dem Grade der Verunreinigung. In erster Reihe steht hier der Schmutz (Kuhexkremente, Futter- und Streuteilchen, Schmutz der Gefäße, zersetzte Milch, übelriechende Stallgase), welcher beim Melken in die Milch gelangt und zu rascher Zersetzung derselben Veranlassung gibt. Der Schmutz, der bei ruhigem Stehen der Milch als Bodensatz sich abscheidet, kann durch Zentrifugieren entfernt werden. Eine völlige Ausschließung des Schmutzes bei der Milchgewinnung ist nicht möglich, aber die jetzt noch bestehenden Übelstände lassen sich größtenteils vermeiden. Eine durchgreifende Änderung wird erst eintreten, wenn die Milchschau nicht nur den Nährstoffgehalt, sondern auch den diätetischen Wert prüft. Mindestens bei Kindermilch sollte dies verlangt werden. Häufig werden der Milch konservierende Substanzen zugesetzt. Dies ist leider durch das Nahrungsmittelgesetz nicht verboten, es wäre jedoch zu wünschen, daß man das Beispiel Bayerns befolgt, welches durch Spezialgesetz jeden Zusatz fremder Stoffe zur Milch verbietet. Die in die Milch gelangten Bakterien verwandeln bei der Verdauung wertvolle Nährstoffe in minderwertige Zersetzungsprodukte, sie scheiden als Produkte des eignen Stoffwechsels giftige Substanzen ab, produzieren fermentartige Körper, welche die Milch tiefgreifend verändern, und bei Anwesenheit gewisser Bakterien tritt Milchzersetzung unter starker Gasentwickelung ein. Zur Ausschließung aller Schädigungen, welche Milchgenuß hervorbringen kann, genügt das bloße Aufkochen nicht, längeres Kochen aber raubt dem Fett, bez. dem Milcheiweiß die Emulsionsfähigkeit und verschlechtert die Umsetzungsvorgänge in der Milch, indem sich Buttersäure an Stelle eines Teiles der Milchsäure bildet. Es ist mithin eine auf wissenschaftlicher Grundlage beruhende Sterilisierung erforderlich, und diese läßt sich um so leichter erreichen, je frischer und reiner die Milch ist. Die Sterilisierung hat besondern Wert für die Ernährung der Säuglinge, denen man jede einzelne Trinkportion sterilisiert, keimfrei verabreichen sollte. Dagegen schieße man entschieden über das Ziel hinaus, wenn man verlange, daß alle Milch sterilisiert werden solle. Erwachsene, die Fleisch und Käse verzehren, brauchen sich auch vor den Bakterien der Milch nicht zu fürchten. Überhaupt sei vor der übertriebenen Bakterienfurcht zu warnen, was allerdings den Wunsch oder die Forderung nicht ausschließt, daß der Landwirt die Milch möglichst bakterienfrei, also rein und frisch auf den Markt bringe. Zur Beschaffung von Kindermilch sollten sich Vereine und Wohlthätigkeitsgesellschaften bilden, welche sterilisierte Milch kostenfrei an Arme, zum Selbstkostenpreis an weniger bemittelte Leute abgeben. Privatunternehmungen können niemals sterilisierte Milch Unbemittelten zugänglich machen, man muß annehmen, daß das Sterilisieren der Milch, die ein Säugling im ersten Lebensjahr verbraucht, einen Kostenaufwand von 45 Mk. verursacht. Die Versorgung der großen Städte mit guter Milch fordert genaue Berücksichtigung der Zersetzungsbedingungen der Milch. Von größtem Wert ist die Reinlichkeit beim Melken und alsbaldige sorgsame Kühlung. Wird diese allgemein auf dem Lande eingeführt, so bedarf man keiner Kuhhaltung in den Städten mehr. Mit Rücksicht auf diese städtischen Melkereien, die sich gewöhnlich auf die von ihnen geübte Trockenfütterung etwas zu gute thun, bemerkte der Redner, daß es nicht richtig sei, die Trockenfütterung als das unbedingt Beste anzusehen. Auch Grünfütterung habe ihre bestimmten Vorzüge, und je nach den Umständen werde also der Landwirt Trocken- und Grünfutter verwenden können, wenn nur das Endergebniß eine leicht sterilisierbare Milch sei. Natürlich müssen Futterstoffe ausgeschlossen werden, welche der Milch einen schlechten Geschmack erteilen. Die Reinheit der Milch kann man im großen und ganzen nach ihren