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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Jutespinnerei
Iutesamt besteht aus einem Grundgewebe von Baumwolle und einem Flor von Jute und wird wie gewöhnliches Samtgewebe erzeugt, und zwar in der Kegel nach Teppichmustern. Nachträglich wird der Flor durch Pressen oder Gaufrieren mittels heißer Platten oder Walzen mit hochstehenden Mustern an diesen Musterstellen niedergedrückt, wodurch vertiefte, atlasartig glänzende Flächen neben den Samtfiguren und infolgedessen wirkungsvolle Teppiche, Möbelstoffe 2c. entstehen. Die Rückseite des Gewebes erhält zur Vermeidung des Wiederaufrichtend des niedergedrückten Flors einen Anstrich mit dünnen:
Leimwasser.
Iutespinnerei. Die zur Erzeugung von Jutegarn bestimmten Fasern der Jute (s. Bd. 9, S. 340) kommen in Baststrängen von 2-3 m Länge und in folgenden Sorten von absteigender Güte auf den Markt: 1) Serajgunge, 2) Nerajgunge, 3) Dacca, 4) Daisen (Crown), 5) Dowrahjute, 6) Rejektions und 7) Cuttings (Wurzelenden). Das Verspinnen derselben erfolgt nach zwei verschiedenen Methoden.
Nach der ersten, gebräuchlichsten Methode erzeugt man sogen. Iutewerg- oder Hedegarn, indem man die langen Fasern auf besondern Karden in kürzere von etwa 200-230 mm zerlegt und dann wie gewöhnliche Hede verspinnt. Nach der zweiten, erst in neuester Zeit bei uns eingeführten Methode spinnt man sogen. Hechelgarn (Feinjutegarn) aus etwa 760 mm langen Abschnitten der allerbesten Iutesorten, nach der in der Flachsspinnerei üblichen Art mittels Hecheln vorbereitet.
Nachdem die Jute aus den Ballen genommen ist, unterwirft man dieselbe einer Arbeit, welche die Verteilung der fest zusammengepreßten Stränge in kleinere Partien (Risten) bezweckt, Öffnen genannt und entweder mit der Hand oder neuerdings in der Regel mit Maschinen (Öffner) vorgenommen wird.
Diese bestehen aus zwei oder drei Paar horizontal nebeneinander angeordneten Walzen, welche entweder, wie die Flachsbrechmaschinen, mit zahnräderartig zwischeneinander tretenden Leisten oder mit nebeneinander tretenden stumpfen, prismatischen Pflöcken ausgestattet sind. Indem die schichtenweise abgelösten Iutepartien diese in Drehung versetzten Walzen der Reihe nach passieren, erhalten sie eine Auflockerung, welche sodann eine Teilung mit der Hand in Risten leicht gestattet. Gleichzeitig mit diesem Öffnen nimmt man eine sorgfältige Sortierung der Stränge nach ihrem Spinnwerte vor, indem man zugleich die harten, mißfarbigen sowie zerrissenen Faserstreifen heraussucht ^Abfall). Nm aus diesen Risten verspinnbare Fasern zu gewinnen, ist ein mehrfach wiederholtes Spalten des Bastes in der Längenrichtung auf Kratzen oder Hechelmaschinen erforderlich. Da jedoch die Fasern im Baste sehr steif und hart sind und sich deshalb nicht ohne weiteres spalten und weiter bearbeiten lassen, so unterliegen sie einer Vorarbeit, welche die Herstellung einer möglichst großen Weichheit bezweckt und Weichmachen genannt wird. Dasselbe zerfällt wieder in zwei Operationen: Einweichen und Quetschen, die entweder getrennt oder gleichzeitig vorgenommen werden. Zum Einweichen dient eine Flüssigkeit, die aus Öl (gewöhnlich Thran, selten Petroleum) und Wasser besteht in dem Verhältnis von 5 Teilen Thran auf 40 Teilen Wasser. Weil sich diese Substanzen nicht direkt mischen, so setzt man oft etwa 0,6 Teile Seife zu und bildet dadurch eine Emulsion. Nach dem neuern Verfahren findet jedoch überhaupt kein Mischen, sondern eine Anwendung in der Weise statt,
daß erst Wasser und darauf Thran auf die Fasern gelangt. Nach der ältern Methode beginnt das Einweichen (Barschen) mit dem Benetzen, indem man die Nisten schichtenweise in größern Behältern aus Holz aufstapelt und jede Schicht aus einer Gießkanne mit der gemischten Flüssigkeit derart besprengt, daß von letzterer etwa 45 Teile auf 200 Teile Jute kommen. In diesem Zustande bleiben die Risten so lange liegen, bis sie das Wasser aufgesogen und sich oberflächlich mit einer äußerst dünnen Fettschicht bedeckt haben, wozu je nach der Temperatur und der Beschaffenheit der Jute 24-48 Stunden genügen. Hierbei vollzieht sich in dem Iutebast ein Rotteprozeß, der die Fasern lockert, während das Fett dieselben schlüpfrig macht. Auf dieses Einweichen folgt unmittelbar ein Geschmeidigmachen des Materials durch einen Quetschprozeß, der in einem wiederholten kräftigen Drücken besteht und zur Folge hat, daß selbst die härtesten Stellen der Faserbündel eine große Weichheit und Biegsamkeit annehmen. Durchgeführt wird der Quetschprozeß auf Quetschmaschinen, deren Hauptorgane dicht nebeneinander gelagerte, stark geriffelte Walzenpaare sind, die, in Drehung versetzt, die Iuteristen zwischen sich durchziehen und vermöge eines gehörigen Druckes der Oberwalzen quetschen. Damit das Quetschen an möglichst vielen Punkten stattfindet, verwendet man in einer Maschine mindestens 20, vielfach 30 bis 40 Walzenpaare. Der Durchmesser der Walzen beträgt etwa 10-13 om, die Zahl der Riffeln 12-14. Die letztern laufen nicht parallel der Walzenachse, sondern gehen in langgestreckten Schraubenlinien um die Walzen herum. Zugleich ist die Anordnung getroffen, daß die Richtung der Riffeln in jedem Walzenpaare wechselt, indem z. B. im ersten Paare die Unterwalze rechtsgängige, die Oberwalze lintsgängige, im zweiten Paare die Nnterwalze linksgängige, die Oberwalze rechtsgängige Riffeln erhält 2c. Zur Zuführung des Materials dient ein schräg aufsteigendes endloses Tuch. Von den Walzen erfaßt, breitet es sich infolge der Schraubenlage der Riffeln aus und gelangt plattgedrückt aus der Ma-schine. Bei der zweiten, neuern Methode des Weichmachens erfolgt das Besprengen und Quetschen gleichzeitig auf den fogen. Einspreng Maschinen, welche dem Wesen nach aus einem Behälter für die Einweichflüssigkeit in Verbindung mit einem Quetschwerk bestehen. Die gewöhnliche Ausführung besitzt ein über dem Quetschwerk angebrachtes Gefäß, in welchem sich Wasser befindet, das mittels Dampfröhren warm gehalten wird. In diesem Gefäße steht ein zweites, von warmem Wasser umgebenes zur Aufnahme des Thranes, der bei dieser Methode dem Wasser nicht beigemischt, sondern erst aufgesprengt wird, nachdem die Risten mit Wasser getränkt sind.
Nm dieses zu erzielen, liegen über einer Quetschmaschine parallel zu deren Walzenachsen drei mit feinen Sieblöchern versehene Röhren, und zwar zwei am Eingangsende in Verbindung mit dem genannten Wasserbehälter und die dritte in Verbindung mit dem Thrangefäß. Beim Eintritt des Materials zwischen die Quetschwalzen heben sich die Oberwalzen, öffnen dadurch Ventile, welche die Sprengröhren abschließen, und veranlassen dadurch das Aufspritzen des Wassers an zwei Stellen. Beim Fortschreiten des Materials gelangt auf gleiche Weise der durch das warme Wasser dünnflüssig gehaltene Thran auf die Juteristen, so daß diese den Apparat eingeweicht und gequetscht verlassen. Die hierbei verwendete Quetschmaschine ist in der Regel einfacher