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Naturwissenschaftlicher Unterricht (Chemie, Mineralogie)
die Physik ist kein Übungsfeld für die Mathematik, wohl aber können sich berde Dienste feisten, jene, indem sie der Mathematik passende Übungsaufgaben stellt, diese, indem sie der Physik möglich macht, die Endresultate in den kürzesten und prägnantesten Ausdruck zu formulieren. Dies gilt auch ganz besonders für die Mechanik, welche noch gegenwärtig viel zu sehr der Mathematik Unterthan ist.
Am weitesten entfernt sich noch von den Forderungen die Astronomie, denn dieselbe ist in den Schulen noch so gut wie jeder Beobachtung bar, der Unterricht erfolgt in rein dogmatischer, gedächtnismäßiger Art, und sein Nutzen ist daher ein verschwindend geringer.
Wann wird man anfangen, den Schüler wenigstens einigemal im Jahre hinauszuführen in die Natur bei Tag und bei Nacht, die »himmlischen Zeichen« wirklich sehen, wiedererkennen und bewundern lehren, wann wird die Beobachtung der »scheinbaren« Bewegungen der Gestirne am Himmel als Ausgangspunkt genommen werden für die Betrachtung statt des Pappe-Himmels und der Pappe-Erde unsrer Tellurien und Globen?
Das Experiment liefert die Einzelfälle für die Analyse, die induktiven Schlüsse und Verallgemeinerungen. Es kommt darauf an, die Teilerscheinungen zu erfassen und auf Grund des Kausalgesetzes zu den Ursachen vorzudringen, die Beziehungen der Erscheinungen in Gesetzen zu fixieren, zu erklären. Diese Arbeit muß nach den Methoden erfolgen, welche die naturwissenschaftliche Forschung an die Hand gibt, den Methoden der Übereinstimmung und des Unterschiedes, des indirekten Unterschiedes, der Nestmethode und der Methode der Vegleitueränderungen, wie sie von Bacon und ausführlicher von I. St. Mill erörtert und formuliert sind. In ihrer Anwendung muß der Lehrer ebenfalls Meister sein. Nur wenn er es ist, kann er den Gedankengang des Schülers recht leiten, so daß dieser recht beobachtet und zergliedert, den Anteil Einer Ursache an der Gesamtwirkung, ebenso der verschiedenen Ursachen für Eine Wirkung erkennt; er kann auch die Deduktion eintreten lassen, denn es wäre ein Fehler, sie ganz ausschließen zu wollen; er kann endlich, sofern die Zerlegung einer neuen, schwerer zu übersehenden Thatsache in schon bekannte Bestandteile nicht gelingt, das Hilfsmittel der Hypothese heranziehen und zur bessern Übersicht den bekannten Thatsachen analoge voraussetzen zur Erklärung, zur Erforschung der Wahrheit. Wie endlich das historische Moment mehr auszunutzen ist als es geschieht, wie die Anordnung des Lehrstoffes, seine Betrachtung, das induktiv logische und das historische Moment zur Richtschnur zu nehmen oder zweckmäßig ein didaktischer Mittelweg einzuschlagen ist, wurde bereits oben betont. Die Unterrichtsform kann nur der Dialo g sein: Leitung der Gedanken durch Frage und Antwort, Aufsuchung, Beschreibung und Interpretation der Thatsachen, der Experimente durch Lehrer und Schüler, zutreffende induktive Urteile und Schlüsse, darauf ist das Augenmerk zu richten.
^Chemie.) Bezüglich der Chemie als Unterrichtsgegenstand können wir uns kürzer fassen, da sie, obwohl sie wesentlich den stofflichen Wandlungen der Körper und deren Ursachen folgt, im allgemeinen die physikalische Methode benutzen muß. Sie ist seit 1882 in Preußen für alle höhern Schulen vorgeschrieben und wird seit 1872 auch in den Volksschulen gelegentlich berücksichtigt. Allerdings wohl immer noch in erster Linie des praktischen Nutzens wegen, oa man ihr fälschlicherweise besondere humanistische
Bildungswerte nur in geringerm Grade zuschreibt.
Obwohl die formale Aufgabe dieselbe wie bei der Physik ist, so ist die Chemie doch insofern im Nachteil, als sie Gesetze von so allgemeiner Bedeutung wie physikalische kaum oder nicht besitzt, somit von einer deduktiven Behandlung hier noch nicht die Rede sein kann. Indes gerade die Leichtigkeit und Durchsichtigkeit vieler ihrer Experimente, ihr ausgeprägt induktiver Charakter, welcher gestattet, Induktionen leicht zu vollziehen, in ihren Einzelgliedern leicht zu übersehen und deren Resultate auch leicht mitzuteilen, gibt ihr besondere Vorzüge und auch besondern Unterrichtswerk. Die richtige Erfassung des formalen Zieles ist erst seit den 60er Jahren im Unterricht hervorgetreten. Zwick und Arendt wiesen zuerst auf den Mangel der Methode hin, jener nach der Seite des Experiments, dieser auch nach Anordnung und Gliederung des gesamten Lehrstoffes. Seit 1881 beschäftigten sich auch Wilbrandt u. a. mit Darlegung von Ziel und Methode. Bis vor 20 Jahren begnügte sich der Unterricht damit, die Elemente irgendwie zu gruppieren und nach Vorkommen, Darstellung, Eigenschaften und Verbindungen zu beschreiben. Es kam nur darauf an, in kurzer Zeit möglichst viel Stoff auf Grund von Experimenten anzueignen. Die von Arendt und v. Wilbrandt verfaßten Lehrgänge stellen dagegen jetzt das formale Ziel in den Vordergrund, jene in synthetischer, diese in analytischer Art. Sie ordnen und gliedern den Stoff so, daß der Schüler von beobachteten Thatsachen und Erscheinungen unter Benutzung der Regeln und Hilfsmittel der Induktion zu unbekannten, von Einzelthatsachen zu rechtmäßigen Verallgemeinerungen und zur Verknüpfung auf Grund des Kausalgefetzes und der oben genannten induktiven Methoden gelangt und darin bis zu selbständiger Anwendung geübt wird. Natürlich steht das Experiment im Vordergrund und an der oben angedeuteten Stelle, auch wird der Schüler zu selbständiger Lösung chemischer Aufgaben geführt.
Es ist dies unsers Erachtens der einzige Weg, dem Gegenstande die ihm gebührende Anerkennung als allgemeines Bildungsmittel zu verschaffen; je spezifischer dieser Bildungswert heraustritt, desto besser.
IMincralogie.i Diese Wissenschaft, welche den Bestand und die Wandlungen der unorganischen Stoffe des Erdkörpers verfolgt, kann in den allgemeinen Bildungsanstalten nur eine untergeordnetere Stelle einnehmen. Zunächst ist sie selbst eine abhängige Wissenschaft, deren Lehren in denjenigen der Physik, Mathematik und Chemie begründet sind, dann finden auch viele ihrer Thatsachen innerhalb des Unterrichts dieser Fächer bereits Erledigung. Daher kann ihr nur kurze Zeit zugewiesen sein, und muß sie ihre Didaktik auch in der Richtung vorgenannter Wissenschaften suchen. An Anstalten, wo ihr ein physikalischer, chemischer und mathematischer Kursus nicht vorangeht, muß sich die Methode insofern selbständig gestalten, als sie in Einzelvorgängen und Thatsachen, in Beobachtung und Experiment, an Vorgängen, die sich auf Einzelmineralien, auf deren physikalische und chemische Eigenschaften, auf Naturvorgänge selbst beziehen, sich das Fundament zur fernern Anordnung und Gliederung des Stoffes legt. Für diese Anstalten, und dazu gehören alle Volksschulen, sind daher wesentlich eigenartige Lehrgänge nötig. Für die höhern Lehranstalten spielt die Anordnung diese Nolle nicht. Es hat sich als zweckmäßig erwiesen, sofern kein besonderer chemischer Unterricht besteht, denselben an die Mineralogie anzuschließen; am Gymnasium hat sie vielfach die Aufgabe, den Schüler in