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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Alaun (gewöhnlicher)

davon liefert Deutschland etwa 84000, Österreich 31000 Centner. Die Ausfuhr aus dem Deutschen Reiche belief sich 1888 auf 227088, 1889 auf 236392, 1890 auf 275412 Centner. Die Einfuhr hat seit 10 Jahren ungefähr um die Hälfte abgenommen und betrug 1889 nur noch 70400 Centner. In den die Ausfuhr und Einfuhr betreffenden Zahlen ist aber schwefelsaure Thonerde mit inbegriffen. Die Versendung des A. geschieht in Fässern von 200 bis 300 kg, je nach dem Grade der Reinheit, im Preise von 20 bis 28 M. pro 100 kg, chemisch reiner 50 M. Als Rohmaterialien dienen natürlich vorkommende Gesteine verschiedener Art, von denen einige wenige die sämtlichen Bestandteile des A. enthalten, während in andern die Bedingungen zur Erzeugung von schwefelsaurer Thonerde vorhanden sind: eine dritte Kategorie von Rohstoffen enthält von nutzbaren Bestandteilen nur Thonerde. Je nach der Art der Rohmaterialien ist die Verarbeitung eine verschiedene.

1) Verarbeitung von Rohmaterialien, die sämtliche Bestandteile des A. enthalten. Natürlicher A. findet sich im unreinen Zustande als Zersetzungsprodukt von trachytischen Gesteinen und Laven an der Nordküste von Sicilien, auf dem Kap Miseno, der Solfatara bei Neapel und an andern Orten. Bei Neapel wird die A. enthaltende Lava mit Wasser angerührt, die Lösung durch die natürliche Wärme des vulkanischen Bodens in Bleipfannen verdampft und zur Krystallisation gebracht; das Produkt (neapolitanischer A.) ist seiner großen Reinheit wegen sehr geschätzt. Verbreiteter als der natürliche A. ist der Alaunstein. (S. Alunit.) Derselbe ist im Wasser unlöslich. Wird er aber auf etwa 500° erhitzt, so zerfällt er in Wasser, Thonerde und neutralen A., der sich leicht auslaugen läßt. Der auf Tolfa so gewonnene A. war früher als römischer A. (s. Alaun, kubischer) sehr geschätzt.

2) Verarbeitung von Rohmaterialien, die unmittelbar nur schwefelsaure Thonerde ergeben. Diese Rohmaterialien werden am häufigsten im Großbetriebe verwandt. Hierher gehört besonders der Alaunschiefer (s. d.) und die Alaunerde (s. d.) Bei der Verarbeitung läßt man diese Alaunerze entweder an der Luft verwittern, wobei unter Einwirkung des Sauerstoffs und des Wassers der Luft der vorhandene Schwefelkies sich in Eisenvitriol und freie Schwefelsäure umsetzt nach der Gleichung FeS₂ + 7O + H₂O = Fe₂SO₄ + H₂SO₄ ^[FeS<sub>2</sub> + 7O + H<sub>2</sub>O = Fe<sub>2</sub>SO<sub>4</sub> + H<sub>2</sub>SO<sub>4</sub>]; das Eisenvitriol oxydiert sich weiter zu unlöslichem basischen Eisenoxydsulfat, Fe₂O(SO₄)₂ ^[Fe<sub>2</sub>O(SO<sub>4</sub>)<sub>2</sub>] und freier Schwefelsäure, und diese zersetzt das Thonerdesilikat zu schwefelsaurer Thonerde und sich abscheidender Kieselsäure. Oder man röstet die Erze, wobei der Gehalt an bituminöser Substanz und Kohle den größten Teil des Bedarfs an Brennmaterial liefert; oder man läßt die Erze zunächst verwittern und nimmt nachher noch eine Röstung derselben vor. Die Verwitterung erfordert immer sehr lange Zeit, 2‒3 Jahre, um so länger, je dichter die Erze sind; bei solchen von letzterer Beschaffenheit ist daher Röstung, die in 4‒6 Monaten beendet ist, vorzuziehen. Bei der Röstung ist eine ganz allmähliche Durchwärmung der Erzmassen anzustreben und jede Überhitzung derselben zu vermeiden, um der bei hoher Temperatur entstehenden schwefligen Säure Gelegenheit zu geben, in Schwefelsäure überzugehen, die die Zersetzung der Silikate bewirkt, und außerdem, um eine bei zu hoher Wärme stattfindende Zersetzung der schwefelsauren Salze zu verhüten. Die reifen Erze werden in Auslaugeapparaten mit Wasser übergossen, nach sechs- bis zwölfstündiger Einwirkung wird die Lauge abgezogen und mit anderm reifen Erz zusammengebracht, und dies so oft wiederholt, bis man eine Lauge von etwa 20° B. erhält. Diese enthält als Hauptbestandteil schwefelsaure Thonerde, daneben Eisenvitriol, schwefelsaures Eisenoxyd, schwefelsaure Magnesia, zuweilen auch schwefelsaure Alkalien, rohe Schwefelsäure. Die Rohlauge wird durch Verdampfung konzentriert. Während des Verdampfens scheidet sich unter der Einwirkung des Sauerstoffs der Feuergase basisches Eisenoxydsulfat (Vitriolschmand) am Boden ab. Nach erreichter Konzentration von 30‒40° B. läßt man die Garlauge in Klärreservoirs abfließen, in denen sich der auf rote Farbe zu verarbeitende Vitriolschmand absetzt. Welcher Konzentrationsgrad der Garlauge zu geben ist, hängt ab von ihrem Gehalt an den verschiedenen Salzen. Ist dieselbe reich an schwefelsaurer Thonerde, dagegen arm an Vitriol, so treibt man die Verdampfung möglichst weit, enthält sie dagegen viel Eisenvitriol und andere Salze, so ist die Verdampfung früher zu unterbrechen, um der Garlauge einen Wassergehalt zu belassen, der so hoch ist, daß die fremden Salze auskrystallisieren. Die klare Garlauge wird durch Zusatz der erforderlichen Menge eines Kalisalzes (Alaunsalz) in A. verwandelt. Hierzu verwendet man schwefelsaures Kali bei Laugen von hohem Reinheitsgrade, Kaliumbisulfat (Rückstand der Salpetersäurefabrikation) bei einem Gehalt der Laugen an basischem Thonerdesulfat, Chlorkalium bei reichlichem Gehalt an Eisenvitriol, wobei beide Salze sich in Eisenchlorür und schwefelsaures Kali umsetzen, endlich kohlensaures Kali (Schlempekohle) bei stark sauren Laugen. In den meisten Fällen bedient man sich des Chlorkaliums, weil dieses das billigste Kalisalz ist und weil meist genügend Eisenvitriol oder schwefelsaures Eisenoxyd vorhanden ist, durch welche die Bildung von Chloraluminium verhindert und die Umwandlung des Chlorkaliums in schwefelsaures Kali bewirkt werden kann. Das Kalisalz wird in siedendheiß gesättigter Lösung der geklärten Garlauge zugefügt. Das Gemisch bleibt entweder in großen Bottichen ruhig stehen, wobei beim Erkalten nach 4‒6 Tagen unreiner A. (Halbalaun) anskrystallisiert, oder es wird während des Erkaltens durch Rühren (Schütteln) in beständiger Bewegung erhalten, wobei der A. in Form von feinem Krystallmehl erhalten wird. Der Halbalaun oder das Alaunmehl wird durch Waschen mit kaltem Wasser und Schleudern in Centrifugen von anhängender Mutterlauge möglichst befreit und hierauf durch Umkrystallisieren nochmals gereinigt. Nach erfolgter Lösung bleibt die Lauge zur Klärung im gut verschlossenen Lösegefäß kurze Zeit stehen, um dann in die Krystallisiergefäße (Wachsfässer), große, konische, aus eichenen Dauben zusammengesetzte Bottiche, abgezogen zu werden. Da der A. bei Siedehitze ein Drittel seines Gewichts, bei gewöhnlicher Temperatur aber acht Teile Wasser zur Lösung bedarf, so ist die Krystallisation hier eine sehr reichliche; nach Beendigung derselben bedecken dicke Krusten von schön ausgebildeten Oktaedern die Wände des Bottichs (Umgut), und außerdem lagert sich eine starke Schicht von Krystallen am Boden ab (Bodengut; s. umstehende Abbildung). Nach dem Erkalten nimmt man die durch eiserne Reifen zusammengehaltenen Dauben des Bottichs ab, läßt die Mutter- ^[folgende Seite]