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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Bayern (neuere Geschichte 1848-64)

Könige unterzeichnet und die Zweiteilung Deutschlands durch die Mittelmächte damit angebahnt. Der alte Deutsche Bund lebte wieder auf, Deutschland lieferte Schleswig-Holstein an Dänemark aus, und im April war man bereits so weit mit der «Wiederherstellung des Bundes» gekommen, daß man gegeneinander zu rüsten begann. Am 11. Okt. wurde bei einer Zusammenkunft der Monarchen und leitenden Minister Österreichs, B.s und Württembergs in Bregenz das Bündnis gegen Preußen geschlossen. In der Olmützer Punktation gab Preußen nach. Die Dresdener Konferenzen wurden 23. Dez. eröffnet und stellten den alten Bundestag wieder her, während die deutsche Frage einer spätern Entscheidung vorbehalten blieb. In dem Gleichgewichte zwischen Preußen und Österreich sahen Maximilian Ⅱ. und von der Pfordten das Heil für B., leider waren sie nicht im stande, dieses Gleichgewicht zu erhalten.

In der Zeit, als die Demokratie ihre entscheidenden Niederlagen erlitt (Juli 1849), fanden in B. die neuen Wahlen zum Landtage statt. Die Zahl der Freisinnigen schrumpfte hierbei auf ein Drittel zusammen, während das Ministerium über zwei Drittel gebot. Der am 10. Sept. 1849 wieder eröffnete Landtag hatte sich hauptsächlich mit der deutschen Frage und den Finanzen zu beschäftigen. Das Gesetz über die Verantwortlichkeit der Minister wurde dahin abgeändert, daß für eine Ministeranklage nunmehr die Übereinstimmung beider Kammern gefordert wurde. Ein Gesetzentwurf wegen bürgerlicher und polit. Gleichstellung der Juden fiel durch, ein sehr mäßiges Amnestiegesetz, ein Gesetz über mehrere entehrende Strafen, ein Gesetz über den Militärkredit, Gesetze gegen Presse und Aufruhr fanden Annahme. Am 15. Juli 1850 wurde der Landtag wieder geschlossen. Die Reaktion ging immer entschlossener voran. Durch ein einziges Urteil des pfälz. Appellhofes wurden, trotz der vorangegangenen Amnestie, 333 Personen wegen «Hochverrats» vor ein Specialgericht verwiesen und alle mit der Todesstrafe vermittelst der Guillotine bedroht. Am 8. Febr. 1851 trat ein neuer außerordentlicher Landtag zusammen, der die Politik des Ministeriums billigte. Doch allmählich erkaltete das wechselseitige Verhältnis des Centrums und der Regierung, und zu Verfassungsänderungen, wie sie die Minister verlangten, ward die Mehrheit der Stimmen nicht gewonnen. Ebenso wurde eine Kreditforderung von 4 Mill. Fl. zur Deckung von Ausgaben für die kurhess. Expedition zurückgewiesen. Am 28. Mai 1852 wurde der Landtag geschlossen.

Inzwischen war auch von anderer Seite der Sturm auf die Verfassung insceniert worden. Vom 1. bis 20. Okt. 1850 tagten in Freising die bayr. Bischöfe unter Vorsitz des Grafen Reisach, des Erzbischofs von München-Freising. Das Resultat der Konferenz war eine Denkschrift an den König (2. Nov.) um Beseitigung des Religionsedikts und des Placets (s. d.). Der König kam den Katholiken so weit es anging entgegen, wies aber alle übertriebenen Forderungen zurück.

Das Ministerium des Innern ward in dieser Zeit dem Grafen Reigersberg übertragen, dessen Politik mit der von der Pfordtens übereinstimmte. Am 26. Nov. 1853 wurde ein außerordentlicher Landtag berufen wegen der Erneuerung der Zollvereinsverträge. Am 1. Juli 1853 war B. dem Deutsch-Österreichischen Postvereine beigetreten, aber die Verhandlungen über eine Zollvereinigung mit Österreich führten zu keinem Resultat. Die österr. Verbündeten erneuerten 1853 den Zollvertrag mit Preußen. Als die Opposition des bayr. Landtags wuchs, wurde derselbe am 4. Febr. 1854 vertagt, aber 16. Okt. wieder einberufen. Das Wahlgesetz sollte im Sinne der Verfassung von 1818 umgeändert, also wieder nach Ständen gewählt werden. Die beiden andern Vorlagen betrafen die Familienfideïkommisse und die Einführung bäuerlicher Erbgüter. Nur die letzte ging durch; das Wahlgesetz wurde verworfen. Bei der Budgetberatung wurde eine Adresse an den König beantragt, worin vor allem die verheißene Trennung der Rechtspflege von der Verwaltung und kürzere Finanzperioden gefordert wurden. Am 25. März 1855 erfolgte darum die Auflösung der Kammer, doch die Ergebnisse der Neuwahlen waren für das Ministerium nicht günstiger. Die Regierung verstand sich zu einigen völlig unzureichenden Änderungen im Gerichtswesen, worüber endlich eine Vereinbarung erzielt wurde. Das Budget kam ebenfalls zu stande, doch wurde namentlich der Militäretat beschränkt. Am 3. Juli 1856 erfolgte der Schluß des Landtags; auf den 25. Sept. 1858 wurde er wieder berufen, jedoch schon am 30. Sept. aufgelöst, da der in Ungnade gefallene Dr. Weis zum zweiten Präsidenten gewählt worden war. Von schärfern Maßregeln gegen die Kammern abzustehen, wurde die Regierung durch den damals erfolgenden liberalen Umschwung in Preußen bestimmt. Zum 15. Jan. 1859 wurde der neue Landtag einberufen und 26. Jan. von Prinz Luitpold eröffnet. Weis wurde wieder zum zweiten Präsidenten erwählt. Das Ministerium wollte einlenken, aber nun hatte die Opposition die Oberhand. Heftige Angriffe erfolgten auf das Ministerium. In dem bevorstehenden Kriege Napoleons und Sardiniens gegen Österreich nahm B. für Österreich Partei, und die Kammer bewilligte den geforderten Militärkredit von 8 Mill. Der Landtag wurde am 26. März 1859 geschlossen. Am folgenden Tage bat das Ministerium um seine Entlassung. Sie wurde bewilligt und ein neues Ministerium gebildet: von Schrenck übernahm das Ministerium des königl. Hauses und des Äußern, von Neumayer das Innere, von Mulzer die Justiz, von Pfeufer das Finanzwesen, von Lüder das Militärwesen, von Zwehl behielt den Kultus. Der Landtag tagte vom 14. Juli bis 9. Aug. abermals. Die Stimmung Süddeutschlands gegen Preußen, das man beschuldigte, Österreich im Stich gelassen zu haben, war sehr erregt. König Maximilian machte es sich zur Aufgabe, die beiden Großstaaten zu versöhnen. In Baden-Baden kam ein Teil der deutschen Fürsten im Juni 1860 zusammen. Die von Maximilian veranlaßte Zusammenkunft des Prinz-Regenten von Preußen und Kaiser Franz Josephs im Juli zu Teplitz beseitigte die Gegensätze nicht. Auch in Bezug auf Einheitlichkeit des Heimatsgesetzes, des Civil- und Kriminalrechts und der Gewerbegesetzgebung in ganz Deutschland war Maximilian thätig. Am 18. Aug. 1860 wurde die Eisenbahn München-Wien eröffnet. Am 3. Jan. 1861 wurden die Kammersitzungen wieder eröffnet. Die Budgetentwürfe der Regierung wurden genehmigt, die Abschaffung des Lottos beschlossen, namentlich aber kamen das Gesetz über die Gerichtsverfassung, das Strafgesetzbuch und das Polizeistrafgesetzbuch zu stande. Am 1. Juli 1862 sollten die Gesetze in Kraft treten. Der Landtag wurde am 12. Nov. geschlossen. In dem gleichen