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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Blut

kave Scheiben dar, welche übereinander liegend dem B. seine Farbe geben. Dieselben besitzen weder Hülle noch Kern, sondern bestehen durch und durch aus einer gleichartigen roten oder rötlichgelben, zähflüssigen Masse. Ihr Durchmesser beträgt beim Menschen nur 0,007 mm, ihre Oberfläche 0,000128 qmm. Nimmt man die Gesamtblutmenge des Menschen zu 4400 ccm an, so haben sämtliche darin enthaltene Blutkörperchen eine Oberfläche von 2816 qm, d. i. gleich einer Quadratfläche, deren Seitenlänge 53 m beträgt. Die roten Blutkörperchen, deren sich beiläufig in einem Blutstropfen von der Größe eines Stecknadelkopfes 4-5 Mill. (das macht für 5 kg B. 25 Billionen) befinden, haben die wichtige physiol. Aufgabe zu erfüllen, den durch den Atmungsprozeß in der Lunge aufgenommenen Sauerstoff der atmosphärischen Luft nach den einzelnen Organen zu transportieren und so in den entferntesten Körperteilen die Oxydation (Verbrennung) der einzelnen Körperbestandteile zu ermöglichen, und zwar geschieht dies dadurch, daß der rote Farbstoff der Blutkörperchen, das sog. Hämoglobin, welches aus einem Eiweißkörper und dem eisenhaltigen Hämatin besteht und leicht durch gewisse chem. Einwirkungen in Krystallform (sog. Blutkrystalle) dargestellt werden kann, den Sauerstoff der Luft in der Lunge chemisch an sich bindet und die Fähigkeit besitzt, denselben während der Cirkulation des B. an andere Gewebe zur Oxydation wieder abzugeben. (S. Blutfarbstoff.) Die roten Blutkörperchen zeichnen sich durch eine jedem Tiergenus eigentümliche Gestaltung und Größe aus, sodaß man durch das Mikroskop nicht bloß Menschenblut vom Tierblute, sondern auch das B. verschiedener Tiere voneinander unterscheiden kann. Die farbigen Blutkörperchen wurden von Swammerdamm 1658 beim Frosch, von Leeuwenhoek 1673 beim Menschen entdeckt.

Betrachtet man ein Tröpfchen Menschenblut unter dem Mikroskop bei 500maliger Vergrößerung, so stellen sich die einzelnen Blutkörperchen (s. beistehende Fig. 1a) als gelbliche, in der Mitte tellerartig eingedrückte, von einem dickern Rande umgebene Bläschen dar; von ihrer schmalen Kante gesehen (Fig. 1b) erscheinen sie wie kleine in der Mitte verschmälerte biskuitförmige Stäbchen. Wenn sie sich im gerinnenden B. senken, so legen sie sich geldrollenähnlich mit der flachen Seite aneinander und verkleben (Fig. 1 c). Die Blutkörperchen der Säugetiere (Fig. 2a) bilden wie die des Menschen runde, doch stets kleinere Scheiben, außer denen des Kamels, Dromedars und Lamas, wo sie elliptisch und bikonvex sind. Die Vögel (Fig. 2b) haben länglich ovale, in der Mitte erhabene und am Rande scharf zugehende Blutkörperchen; die der Reptilien und Amphibien (Fig. 2c und d) sind oval und stark konvex und bei weitem größer als die menschlichen Blutzellen.

^[Abb.: Fig. 1]

^[Abb.: Fig. 2]

Die andere Art von Blutkörperchen, die aber in weit geringerer Anzahl als die farbigen, wie 1 zu 150 - 350, im B. vorhanden sind, heißen weiße oder farblose Blutkörperchen, auch Leukocyten, Lymphoidzellen, Wanderzellen oder Lymphkörperchen. (S. Lymphe.) Als ihr Entdecker gilt Hewson (1770). Sie sind größer als die farbigen Blutkörperchen, von mehr kugeliger Gestalt, mit granulierter Hülle und Kernen und zeigen bei der Körpertemperatur lebbafte amöboide Bewegungen und Gestaltveränderungen, vermittelst welcher sie unter gewissen Verhältnissen die Blutgefäße verlassen, indem sie die Gefäßwandung durchbohren und nun innerhalb der Gewebe als Wander- oder Eiterzellen (s. Eiter und Entzündung) erscheinen können, ein Vorgang, den man als Auswanderung der weißen Blutkörperchen bezeichnet. (S. Diapedesis.) Bei der sog. Leukämie (s. d.) ist die Menge der weißen Blutkörperchen so außerordentlich vermehrt, daß schon auf 10-20 Blutkörperchen je ein weißes kommt.

Wird das B. aus der Ader in ein Gefäß gelassen, so stößt es zuvörderst an der Luft einen in der Kälte sichtbaren Dampf (Wasserdunst) mit dem eigentümlichen Blutgeruch (Blutdunst) aus, welcher bei verschiedenen Menschen und Tieren verschieden ist. Nach einigen (2-14) Minuten gerinnt das B., indem es von der Oberfläche und Peripherie her allmählich zäher und gallertartig, nach und nach immer fester wird, und endlich nach sehr verschiedener Zeit (12-40 Stunden) in zwei Teile, in einen flüssigen und einen festen, geschieden ist. Der flüssige heißt Blutwasser (Serum), ist schwachgelblich und enthält den Eiweißstoff und die Blutsalze in viel Wasser aufgelöst. Der feste, welcher nach und nach die innere Gestalt des Gefäßes, in welche das B. gelassen wurde, annimmt und allmählich durch seine Zusammenziehung das noch in ihm verborgene Blutwasser herauspreßt, führt den Namen Blutkuchen (Placenta, Cruor) und besteht aus dem fest gewordenen, früher im Blutplasma gelösten Faserstoffe und aus den Blutkörperchen, welche letztere aber nur insofern Anteil an der Gerinnung des B. und Bildung des Blutkuchens nehmen, als sie vom fest werdenden Faserstoffe eingeschlossen und dadurch am Herabsinken in das Blutwasser verhindert werden. Übrigens besteht der Faserstoff nicht als solcher im B. vorgebildet, sondern entsteht erst bei der Gerinnung durch die chem. Verbindung zweier im B. getrennt nebeneinander befindlicher Eiweißkörper, der sog. fibrinoplastischen (gerinnungsfähigen) und fibrinogenen (gerinnungerregenden) Substanz. Der untere Teil des Blutkuchens ist meist dunkler, der obere heller rot oder, wenn die farblosen Blutkörperchen sich oben auflagern (bei der sog. Speck- oder Entzündungshaut), weiß gefärbt. Das B. der Pulsadern gerinnt schneller als das der Blutadern; atmosphärische Luft, höhere Temperatur sowie Schütteln, Umrühren und Quirlen (beim geschlagenen B.) beschleunigen das Gerinnen, während Säuren, Salze und Alkalien dasselbe verzögern oder ganz aufheben. Auch innerhalb des Körpers gerinnt das B., und zwar ebenso, wenn es aus den Gefäßen heraustritt (bei innern Blutungen), als wenn es in den Gefäßen in seinem Fließen aufgehalten wird. (S. Thrombose.)

Die Bereitung des B. (Sanguifikation) kann zuvörderst nur mit Hilfe des Verdauungs- und Atmungsprozesses geschehen, da wir aus den Spei-^[folgende Seite]