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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Bologna (Stadt)

lichen von den nördl. Ausläufern des Etrurischen Apennin (Monte-Vigese, 1091 m) durchzogen. Zahlreiche kleine, meist zum Po gehende Flüsse, Samoggia, Lavino, Reno mit Setta, Savena mit Idice Sillaro und Santerno, und Kanäle bewässern die Provinz. Es werden besonders angebaut Weizen, Mais, Reis, Flachs, Hanf, Hülsenfrüchte und Obst. An Mineralien kommen vor Marmor, Gips, Thon, Farberde, Kupfer und Steinkohlen. Berühmt sind die Bologneser Hündchen, Seide, Kreide (Gresso di B.) und Spat oder Bononischer Stein (Pietra di Monte Paderno). Die Bewohner treiben Ackerbau, Bienen- und Viehzucht (besonders Ziegen- und Schweinezucht), Flußfischerei, Seidenweberei, Fabrikation von Leinenwaren und Tuch sowie Handel mit diesen Erzeugnissen. Die Provinz wird von NW. nach SO. von der Via Emilia und der Bahnlinie Piacenza-Rimini durchschnitten; von der Hauptstadt gehen vier Linien aus.

2) Hauptstadt der Provinz B., eine der ältesten, größten und reichsten Städte in Italien, liegt in 50 m Höhe am Fuße der Apenninen, zwischen den Flüssen Reno und Savena, an den Linien Verona-Mantua-Modena-B.-Ancona, Mailand-B.-Florenz-Rom und Padua-Ferrara-B. (123 km), B.-Portomaggiore (47 km), B.-San Felice (43 km) des Adriatischen Netzes, ferner an der Dampftrambahn B.-Imola der Venetianischen Baugesellschaft.

Anlage und Bauten. B., schön gebaut, hat breite Straßen und Pferdebahnverbindung nach allen Richtungen; die Häuser, meist von drei Stockwerken, bilden im Untergeschoß nach der Straße zu Säulengänge, welche dem Fußgänger im Sommer Schutz gegen die Sonne gewähren. Unter den öffentlichen Plätzen ragt besonders die Piazza del Nettuno hervor, die mit dem berühmten Neptunsbrunnen von Giovanni da Bologna (1564-66 ausgeführt; s. Tafel: Brunnen I, Fig. 6), einem Reiterstandbilde Victor Emanuels (1888, von Monteverde) geziert und von herrlichen Palästen umgeben ist, darunter der Palazzo Comunale und der Palazzo del Podestà. Kirchen zählt B. 130, nächst der (1390-1659 erbauten) Domkirche San Petronio mit einem von Cassini auf einem Kupferstreifen des marmornen Fußbodens 1653 gezogenen Meridian, die prächtige Dominikanerkirche (aus dem 12. und 18. Jahrh.) mit den Grabmälern des Taddeo Pepoli und des Königs Enzio, ferner San Stefano, San Martino Maggiore, San Giovanni in Monte und San Giacomo Maggiore, die alle noch im Besitz reicher Kunstschätze der berühmtesten Meister sind. Die schönste Aussicht hat man auf dem schiefen Turme Asinelli, der, 1109 begonnen, viereckig und in gefälliger Form sich bei einer Abweichung von 1,23 m zu einer Höhe von 97,6 m erhebt (447 Stufen). Ein zweiter zu jenem geneigter höchst merkwürdiger schiefer Turm ist der Garisenda, der, 1110 erbaut und wie jener nach seinem Erbauer genannt, 49,6 m hoch, 0,5 m nach Osten und 2,14 m nach Süden überhängt. An Denkmalen hat B. ferner das Bronzestandbild Gregors XIII. und die Marmorstatue Galvanis.

Bevölkerung und Behörden. B. hat (1881) mit den Vorstädten 123 274, (1891) 147 000 E., ist Sitz des Präfekten, eines Erzbischofs (zur Kirchenprovinz B. gehören die Erzdiöcese B. und die Diöcesen Faenza und Imola) und eines Appellationshofs sowie des Kommandos des VI. Armeekorps und der 11. Division, ferner der Infanteriebrigade "Parma" und der 6. Kavalleriebrigade. Die Garnison besteht aus dem 49. und 50. Infanterieregiment, 22. Kavallerieregiment (Stab und 1., 2., 3. Eskadron), 3. Feldartillerieregiment (Stab und 1., 3., 4., 5., 6., 8. Batterie nebst 2 Traincompagnien), 10., 11., 12. Compagnie des 1. Sappeurregiments, 10., 11. Compagnie des Festungs-Artillerieregiments Nr. 29, 3. Artillerie-Arbeitercompagnie.

Bildungs- und Kunstanstalten. Den ausgebreitetsten Ruf verschaffte der Stadt, namentlich im Mittelalter, die Universität (seit 1803 im Palazzo Cellesi), die schon Theodosius der Jüngere 425 gestiftet haben soll. Zwar waren Ravenna und Pavia im 11. Jahrh. bedeutendere Sitze jurist. Gelehrsamkeit; aber seit dem 12. Jahrh. überstrahlte die Rechtsschule von B. alle andern, und in B. gewann die akademische Freiheit zuerst feste Formen. (Vgl. Fitting, Die Anfänge der Rechtsschule zu B., Berl. 1888.) Die Universität zählte oft mehrere tausend Studierende und ist noch jetzt eine der bessern Hochschulen Italiens (1892/93 mit der Ingenieurschule: 140 Docenten, 1449 Studierende). Von Kaisern, namentlich von Friedrich I., wie von ital. Fürsten ausgestattet und mit Privilegien versehen, war sie der Stolz der Stadt, die deren Wahlspruch "Bononia docet" auf ihre Münzen setzte. 1888 feierte die Universität ihr 800jähriges Bestehen. Ihre Bibliothek, bei welcher früher Mezzofanti angestellt war, zählt etwa 250 000 Bände und 5000 Handschriften. Der Graf Luigi Fern. Marsigli (s. d.) stiftete 1690 das Instituto delle scienze, das 1714 eröffnet wurde, infolge der Wirren des 18. Jahrh. in gänzlichen Verfall geriet, von Pius VIII. aber im Mai 1829 wiederhergestellt ward, worauf es, wie schon früher von 1731 bis 1791, so wieder seit 1834 Schriften im Druck erscheinen ließ. Außerdem hat B. eine Kommunalbibliothek (156 803 Bände, 69 505 Flugschriften, 2712 Handschriften), ein Geologisches Museum, eine Sternwarte, ein Anatomisches Theater, einen Botanischen Garten, drei größere Theater; ferner eine Medizinisch-Chirurgische, Philharmonische, eine Ackerbaugesellschaft und eine Sokratische Gesellschaft zur Förderung gesellschaftlichen Glücks. Papst Clemens XIII. stiftete die Accademia delle Belle Arti, die im Besitze der schönsten Werke von Malern der sog. Bolognesischen Schule, wie den Carracci, Guido Reni, Domenichino, Franc. Albano und andern, ist und in Raffaels Heiliger Cäcilia ihr wertvollstes Bild besitzt. Nächst der Sammlung Clemens' XIII. vereinigt sie auch die Kunstschätze, die aus den Kirchen und Klöstern von B. durch die Franzosen nach Paris und Mailand geführt, 1815 aber zurückgebracht wurden. Außerdem giebt es noch das Museo civico (seit 1871), eine Waffensammlung und mehrere reich ausgestattete Kunstsammlungen; so die Galerie von Marescalchi, Martinengo, Ercolani, Zambeccari, Lambertini, Tanari, Caprara und des verstorbenen Prinzen Bacciocchi. Auch der 1290 begonnene Palazzo Comunale enthält treffliche Kunstschätze.

Industrie und Handel. Von den gewerblichen Erzeugnissen stehen die bolognesischen Maccaroni, Salami, Mortadelli, Liqueure, eingemachten Früchte, künstlichen Blumen in großem Rufe. Außerdem ist die Fabrikation von Seiden-, Leinen- und Hanfgeweben, Papier, Stricken, Glas, Juwelierarbeiten, Strohgeflechten, Leder, Tabak, Nägeln und Maschinen bedeutend. B.s Fleisch- und Wurstwaren sind an Wohlgeschmack und Mannigfaltigkeit kaum zu übertreffen; ihretwegen könnte B. den Beinamen la grassa, die fette, tragen, obwohl man den-^[folgende Seite]