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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Bosnien

elements zur Rechtsprechung ist. In administrativer Beziehung zerfällt B. und die Herzegowina, seit das Land von Österreich-Ungarn militärisch besetzt ist, in folgende 6 Kreise:

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Kreise Zahl der Bezirke Fläche qkm Einwohner 1885 zusammen Einwohner 1885 auf 1 qkm

Bihač 6 5522,52 158 224 29

Banjaluka 8 8497,82 265 456 31

Dolnja Tuzla 10 8991,02 313 746 35

Serajewo 7 8370,91 192 919 23

Travnik 9 10 577,28 218 172 21

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Herzegowina (Mostar) 9140,48 187 574 21

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Dazu kommt noch der später teilweise besetzte Kreis Novipazar, dessen Administration in den Händen türk. Behörden ist. Die Hauptstadt des Landes ist Serajewo (s. d., Bosna-Serai) mit 26 268 E., an der Miljačka. Die nächstgrößten Städte sind: Mostar (12 665 E.), Banjaluka (11 357 E.), Bjelina (7807 E.), Dolnja Tuzla (7189 E.), Travnik (5933 E.), Tešanj (5807 E.). Im Delegationsbericht 1890 wird das finanzielle Erfordernis des Landes mit 10 136 149 Fl., die Bedeckung mit 10 187 650 Fl. bezeichnet. (S. Österreichisch-Ungarische Monarchie.) Militärisch wichtige Punkte sind: Foča, Goražda, Visegrad und Zvornik an der Drina, Bjelina in der Posavina, Bihač und Livno im Westen, Mostar, Stolac und Trebinje im Süden und Bilek und Avtovac an der montenegr. Grenze. Die Militärverwaltung besorgen die österr.-ungar. Occupationstruppen (das 15. Armeekorps) in Serajewo, dem auch die Militär-, Post- und Telegraphenanstalten unterstehen; sie sind 28 648 Mann stark, davon 2833 Mann im Sandschak Novipazar, wozu noch ein Gendarmeriekorps von 2337 Mann kommt. Seit 1882 wurden aus den Einheimischen 12 Bataillone bosn. Infanterie aufgestellt. Die wehrfähige Bevölkerung ist nach dem Gesetz vom 24. Okt. 1881 vom vollendeten 20. Lebensjahre an zu dreijährigem Dienste in der Linie und neunjährigem in der Reserve verpflichtet. Das Wappen B.s stellt einen Arm in roter Panzerung (auch bloß rot bekleidet) dar mit gezogenem silbernem Säbel in goldenem Felde; auf dem Schilde ruht eine Lilienkrone (s. Tafel: Wappen der Österreichisch-Ungarischen Kronländer, Fig. 21, beim Artikel Österreichisch-Ungarische Monarchie).

Geistige Kultur. Die geistige Bildung des Volks ist äußerst gering, macht jedoch seit der durch die österr. Verwaltung erfolgten Einrichtung von Volksschulen Fortschritte. Unter den Katholiken, die noch am weitesten vorgeschritten sind, finden sich kaum mehr als 4 Proz. des Lesens und Schreibens kundig; 1892 bestanden 234 Volksschulen (149 allgemeine, 85 konfessionelle), ein Staatsobergymnasium, eine technische Mittelschule, eine Lehrerbildungsanstalt, 4 Handelsschulen, ein orient.-orthodoxes Priester-Seminar in Serajewo, ein katholisches in Travnik, eine Lehranstalt für mohammed. Lehrer in Serajewo und 41 höhere mohammed. Bildungsanstalten.

Die Geschichte B.s beginnt in der Römerzeit, wo es in der Provinz Dalmatien mit begriffen wurde und von zwei Militärstraßen durchschnitten war, deren eine von Salona aus dem Vrbasthal entlang nach Pannonien lief, während die andere von Ragusa aus über Plevlje (wo jetzt noch viele röm. Inschriften) in Novipazar den Anschluß nach Mösien hergestellt zu haben scheint. Berühmt waren die Bergwerke des Landes, deren Spuren man jetzt an den Vrbasquellen (Gold) und bei Srebrenica (Silber) gefunden hat. Von der Provinzialhauptstadt Salona aus breitete sich das Christentum über das ganze Land aus. Die einheimischen Illyrer wurden größtenteils romanisiert. Den Einbrüchen der Goten folgte seit 600 die Invasion der Südslawen, welche das oström. Gebiet auf die Küste beschränkte. Die binnenländischen Gaue derselben standen unter kleinen Fürsten und Zupanen: Bosna, ursprünglich bloß das obere Thal des Bosnaflusses, Usora und Rama an den gleichnamigen Flüssen, Chelm im Narentathale u. s. w. Das Christentum drang zu den neuen Bewohnern meist von der Küste vor; der Bischof von Bosna stand unter dem Erzbischof von Spalato, später von Ragusa. Seit dem 12. Jahrh. wurden aber die Anhänger einer dualistischen orient. Sekte herrschend, von den Nachbarn Patarener genannt, verwandt mit den byzant. Paulicianern und den bulgar. Bogomilen. Die polit. Geschichte des abgelegenen Berglandes bleibt lange dunkel. Im 12. Jahrh. erscheinen zuerst einheimische Fürsten unter dem Titel Ban, seit der Vereinigung des benachbarten Kroatiens mit Ungarn stets unter ungar. Hoheit. Die ersten bekannten Persönlichkeiten unter denselben sind die Bane Kulin (urkundlich 1180-1204) und Ninoslaw (um 1232-50). Die ungar. Religionskriege gegen die bosn. Patarener im 13. Jahrh. waren vergeblich. Seit dem Ende desselben herrschte im Lande die Dynastie der Kotromanitschi, die bald nach dem Besitz des bisher serb. Küstenlandes im Südwesten strebte. Ban Stephan II. (1322-53) wurde durch glückliche Eroberungen Nachbar Ragusas. Sein Neffe Stephan Twertko I. (1353-91) benutzte die gleichzeitigen Wirren in Ungarn und Serbien zur Besetzung des ganzen Küstenlandes, des obern Dalmatiens samt Spalato und der serb. Gebiete bis Cattaro, Nikšić und Prepolje; er nahm 1377 den Titel eines Königs von Serbien an, worauf den Herrschern B.s die Königswürde verblieb. Unter seinen Nachfolgern geriet das Reich in Verfall. Die Könige waren machtlos in der Hand übermächtiger Vasallen, wie des Herwoja, Herzogs von Spalato (gest. 1416), und des Wojwoden Sandalj und dessen Nachfolgers, die sich in der Herzegowina ein eigenes Fürstentum gründeten. Vergeblich waren die Versuche des Kaisers Sigismund als König von Ungarn um die Wiederherstellung der ungar. Oberhoheit, da der Einfluß der Türken wuchs und seit 1436 fest begründet war. Der ungeordnete Adelsstaat mit kriegerischer Bergbevölkerung hatte keinen ständigen Mittelpunkt; die Königskrone wurde auf der Burg Bobovac verwahrt, die Residenz wechselte zwischen Sutiska, Visoko, Fojnica, Kreševo und Jaice. Der Handel, meist in der Hand der Dalmatiner (besonders Ragusaner) und Italiener, konzentrierte sich bei den Bergwerken (Silber, Blei, Eisen) in Srebrenica, Olovo und Fojnica. Reihenfolge der Könige: Stephan Dabischa 1391-95, der die Eroberungen seines Vorgängers nicht aufrecht zu erhalten vermochte und unter dem der Zerfall B.s in Territorien halb unabhängiger Edelleute begann, Königin Helena 1395-98, Stephan Ostoja 1398-1418 und dessen Sohn Stephan Ostojitsch 1418-21, deren Gegner Stephan Twertko II. 1404-43, Stephan Thomas 1443-61 und Stephan