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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Brasilien (Oberflächengestaltung)

zum Kap Roque hin weniger deutlich ausgeprägt ist. Hinter der Serra do Mar, durch das Thal des Rio Parahyba geschieden, erhebt sich an der Südgrenze von Minas Geraes die Serra da Mantiqueira mit dem höchsten Berggipfel B.s, dem Itatiaya oder Itatiayossu (2712 m). Unter dem 44.° geht sie in die nordnordwestl. Richtung über und zieht, gewöhnlich mit dem Gesamtnamen Serra do Espinhaço (Rückgrat) bezeichnet, aber aus vielen Serras bestehend, bis zum Durchbruch des Rio São Francisco, den sie zu den berühmten Fällen von Paolo Affonso zwingt. Sie gipfelt im Itacolumi (1750 m) und im Pico Itambe (südöstlich von Diamantina), entsendet mehrfach Ausläufer nach NO., verliert nach N. mehr und mehr den eigentlichen Gebirgscharakter und dehnt sich in weiten, öden Hochflächen aus, die hier Taboleiros, Chapadas, Sertães genannt werden. Vom Itacolumi an lassen sich die zahlreichen Einzelzüge am besten durch Nachgehen der Wasserscheiden entwirren. Diese zieht, Sao Francisco- und Paranasystem trennend, zuerst westwärts, dann nach N. und vom 16.° südl. Br. wieder westlich; sie besteht aus vielen einzelnen Serras, die aber häufiger Hochflächen mit steilen Abhängen als eigentliche Gebirgskämme sind, und wurde ehemals häufig unter dem Namen Serra dos Vertentes zusammengefaßt. Im allgemeinen noch wenig erforscht, scheint ihre Höhe 600-1000 m zu betragen. Gerade da, wo die Wasserscheide sich nördlich wendet, zweigt ein anderer Zug ab, ebenfalls in nordnordöstl. Richtung; er besteht aus welligen Hochflächen, nirgends unter 600 m herabgehend, und zieht zwischen dem Sao Francisco und dem Tocantins unter verschiedenen Namen (Serra da Matta da Corde, Serra do Paranan, Serra da Tabatinga, Serra do Duro), bis er sich etwa 11° südl. Br. teilt und das Thal des Parnahyba umfaßt. Der westl. Teil, eingefaßt durch die Serra Gurgueia und die Serra das Mangabeiras, dehnt sich plateauartig aus und trägt mehrere, der Nordostküste parallele Ketten aus Buntsandstein, wie die Serra das Covoadas und die Serra do Ita Picuru. Der östl. Teil erweitert sich zu einem ausgedehnten Hochlande und erfüllt die ganze Ecke zwischen dem untern São Francisco und dem Parnahyba. Der erste Teil des Zugs, der die Ostgrenze der Provinz Piauhy bildet, führt den Namen Serra do Piauhy, Serra dois Irmaos, Serra Araripe, Serra Grande; der Nordküste parallel verlaufen Serra do Machado und die Steilabsätze der Hochflächen (Sertães), während die der Ostküste parallel ziehenden Serras als Fortsetzung der Serra do Mar und Serra do Espinhaço angesehen werden können. - Der westl. Teil des brasil. Berglandes ist weniger gegliedert; an die Stelle der Serras treten hier größere, gewellte Hochebenen, z. B. die von Mato Grosso im Innern und der durch die Serra Cayapo und die Serra Divisães de Sta. Clara von der erstern getrennte Sertão von Camapuan. Alle diese Landschaften sind sehr wenig bekannt. Gegen SW. und S. fällt das Bergland in Terrassen ab, an denen entlang der Guapore fließt. Hier liegen Mato Grosso in nur 270 m und Cuaba in 200 m Höhe. Am Südrand stürzen die Ströme über die Stufen in Wasserfällen zum Tieflande hinunter, z. B. der Salto Grande des Parana. Ebenso verlassen die von Mato Grosso nach N. fließenden ströme das Bergland in vielen Cachoeiras, Fällen, die die Schiffbarkeit unmöglich machen und das Eindringen ins Innere sehr erschweren.

B. Gewässer. Folge dieser Bodenbildung ist der sehr verlängerte Lauf der meisten Flüsse, die, obgleich unfern der Küste entspringend, genötigt sind, den Höhenzügen parallel in nördl. oder südl. Richtung manchen Breitengrad zu durchströmen, ehe sie zu einem der beiden großen Sammelbecken des Amazonas oder des La-Plata gelangen. Der größere Teil derselben wendet sich dem Amazonenstrome zu, dessen Gebiet etwa sechs Zehntel der ganzen Oberfläche von B. umfaßt, während zum Gebiete des La-Plata ein Sechstel, zu dem des São Francisco und der übrigen kleinen Flüsse etwa ein Viertel gehört. Der Amazonenstrom (s. d.) hat bei seinem Eintritt in B. schon seine Hauptrichtung nach Osten angenommen; er empfängt auf brasil. Boden seine Hauptzuflüsse und es zeigen die von Süden kommenden in der Richtung ihrer Thäler eine bemerkenswerte Übereinstimmung mit dem nordöstl. und nordwestl. Streichen der brasil. Gebirgskämme und Küsten. Unter den Nebenflüssen der rechten Seite sind die bemerkenswertesten der Rio Javari (s. d.), der Grenzfluß gegen Peru, der Jurua, Purus (s. d.), der Madeira (s. d.), Tapajoz (s. d.), Xingu (s. d.) und der Tocantins (s. d.) mit dem Araguaya. Die östlichern dieser Flüsse, die bei ihrer großen Tiefe und Wassermenge ein natürliches Straßennetz bilden, sind aber durch Stromschnellen unterbrochen, die selbst kleine Boote nur ohne Ladung befahren können, oder sogar durch tagelangen Landtransport umgehen müssen. Bekannt sind namentlich die Schnellen des Madeira auf einer Strecke von 300 km südlich vom 9. Breitengrade, ferner die des Tapajoz, die des Xingu (zwischen 3 und 4° südl. Br.) und die des Tocantins und des Araguaya. Von links nimmt der Amazonenstrom nur drei bedeutende Zuflüsse auf, den Ica oder Putumayo (s. d.), den Japura (s. d.) und den Rio Negro, den größten auf dieser Seite. Unterhalb desselben münden eine Anzahl kleinerer Flüsse in den Amazonenstrom, fast alle gleich gerichtet und noch wenig bekannt; der größte von ihnen ist der Rio des Trompetas (oder Oriximina), ferner der Yamunda, Paru und Jary.

Das zweite große Stromgebiet B.s ist das des La-Plata, der fast alle Wasser südlich vom 16.° südl. Br. in drei Adern, dem Paraguay, Parana und Uruguay, sammelt. Weitaus der bedeutendste unter diesen ist der Parana, der in der Serra da Mantiqueira entspringt unweit des Meers und der Quellen des São Francisco, während sein rechter Hauptarm, der Parnahyba, vom Tocantins nur durch eine schmale Wasserscheide getrennt ist. Seine linksseitigen Zuflüsse (Tiete, Parana-Panema, Ivahy, Yguassu u. a.) entspringen sämtlich in der Serra do Mar, ganz nahe am Meere. Daselbst entspringt auch der Uruguay, der eine große Menge kleinerer Flüße aufnimmt und auf einer bedeutenden Strecke die Grenze gegen die argentinische Provinz Corrientes und das Territorium de las Misiones bildet. Von großer Bedeutung sind diese Arme des La-Plata durch das ausgedehnte Netz von Wasserstraßen, die im Gegensatz zum Amazonensystem eine ungehinderte Schiffahrt vom Meere bis ins Innere B.s gestatten. So der Parana bis zum Salto Grande unter dem Wendekreis und vor allem der Paraguay, dessen Nebenfluß S. Lourenço bis Cuyaba (15° 30' südl. Br.) mit Dampfern befahren werden kann.

Von den Küstenflüssen sind die nördlich vom Amazonenstrom nur unbedeutend. Darunter der