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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Britisches Museum

besitzt wertvolle Denkmäler kolossaler Plastik, den berühmten Stein von Rosette und die Tafeln von Abydos, sowie eine große Sammlung von Mumien, darunter die des Königs Mykerinos, des Erbauers einer Pyramide. Die Gesamtzahl der in ihr enthaltenen Gegenstände beträgt mehr als 10 000. Die Assyrische Sammlung, in einer großen und mehrern kleinern Galerien zur Seite der ägyptischen aufgestellt, ist ohne Vergleich die bedeuteudste Europas. Sie besteht aus den Statuen und Basreliefs, die 1847-50 und 1851-56 durch Layard, Rassam und Loftus in den altassyr. Königspalästen zu Nimrud und Kujundschik ausgegraben wurden, ferner mit Inschriften bedeckten Obelisken und einer großen Anzahl kleinerer Gegenstände in Elfenbein, Glas (die Vase der Sargina). Neuerdings wurde sie vermehrt durch die Ausgrabungen des berühmten Assyriologen George Smith 1873-75.

Die Griechisch-römische Sammlung erfüllt 12 Räume. Sie umfaßt die "Phigalian Marbles" vom Apollotempel zu Phigalia (erworben 1815), die "Elgin Marbles", hauptsächlich die Bildwerke des Phidias vom Parthenon zu Athen (angekauft 1816), die "Xanthian" oder "Lycian Marbles", die durch Sir Charles Fellows 1842-46, vom Harpyiendenkmal zu Xanthos in Kleinasien nach London gebracht wurden, die 1856-58 von Charles Newton an den Resten des alten Mausoleums zu Halikarnassos ausgegrabenen "Halicarnassian Marbles", eine vom Herzoge von Saint-Albans (1871-72) in Rhodus und Kreta veranstaltete Sammlung von Inschriften und Skulpturen, und in einem Anbau zu der Elgin-Galerie die berühmten Säulentrümmer, Skulpturen und Inschriften von dem Dianatempel und dem Augusteum in Ephesus, deren Entdeckung (1869-71) dem unermüdlichen Eifer Woods, eines Beamten des B. M., zu danken ist. Der übrige Teil der Sammlung klassischer Altertümer, aus der Zeit der röm. Kaiser herrührend, umfaßt mehrere berühmte Kunstwerke, wie die Venus von Ostia, den Diskoswerfer des Myron, die sog. Klytia, den Dornauszieher, und ist in der Hauptsache aus der Townley-Galerie entstanden, die 1805 den Erben Charles Townleys abgekauft und die Veranlassung zur Errichtung einer eigenen Abteilung für Altertümer am B. M. wurde. Die Sammlung röm. Bildwerke erhielt 1864 eine beträchtliche Vermehrung durch Ankauf eines Teils der im Palast Farnese zu Rom aufgestellten dem Exkönig von Neapel gehörigen Altertümer. Eine andere wichtige Erwerbung bildete die 1872 angekaufte Castellani-Sammlung antiker Gemmen und Goldschmiedearbeiten, durch deren Zuwachs das B. M. gegenwärtig die reichhaltigste Sammlung dieser Art besitzt. 1880 wurde eine Anzahl alter Vasen und Skulpturfragmente von Cypern gewonnen. Die Vasensammlung des B. M. gilt für die schönste in Europa. Ihre Grundlage bildet die berühmte, 1782 angekaufte Sammlung etrusk. Vasen Sir William Hamiltons, die, durch Ankäufe ansehnlich vermehrt, 1856 durch die Sammlung Sir William Temples einen beträchtlichen Zuwachs erhielt. Die berühmte Portlandvase ist nicht Eigentum des B. M., sondern nur von ihrem Eigentümer hergeliehen.

Dic Abteilung für britische und mittelalterliche Altertümer und für Ethnographie wurde 1866 gegründet und hat unter ihrem jetzigen Vorstand, Äugustus Franks, einen ungemeinen Aufschwung genommen. Sie besteht jetzt 1) aus einer großen Sammlung von Altertümern der Stein- und Bronzeperioden aus den verschiedenen Teilen Großbritanniens, des ältern Eisenalters und der röm. und altsächs. Perioden; diese Objekte sind in besondern Räumen arrangiert. Zum bessern Verständnis sind auswärtige Antiquitäten ebenfalls in diese Serien eingereiht, mit Ausnahme der römischen nicht brit. Gegenstände, die, wie in andern Museen, mit griech. Altertümern vereint sind. Die wertvollste Sammlung in der auswärtigen prähistor. Serie sind die Objekte von den franz. Höhlen der Renntier-Periode, welche durch H. Christy und E. Lartet zusammengebracht und später durch Peccadeau de l'Isle und den Vicomte de Lastic vermehrt wurden. 2) Aus der mittelalterlichen Sammlung, die eine Reihe schöner Elfenbeinschnitzereien und Emaillen und sehr viele Uhren enthält. Einen wichtigen Zuwachs erhielt kürzlich diese Sammlung in dem emaillierten Gefäß, das der Herzog von Berry 1391 Karl VI. von Frankreich gab, und das später in den Besitz der engl. Könige von Heinrich VI. bis Jakob I. Gelangte. Diese Abteilung enthält auch die Sammlung von Glasgegenständen aller Perioden und Länder, wozu die Sladesche Sammlung 1868 den Grund legte. Die Sammlung ital. Majolika zeichnet sich durch die große Anzahl gezeichneter Stücke aus und ist in dieser Beziehung wahrscheinlich die bedeutendste, welche existiert. Auch ist eine Galerie orient. religiöser Objekte und eine reichhaltige Sammlung von Waffen und Rüstungen und von Porzellan und Töpferarbeiten vorhanden. 3) Die ethnogr. Galerie, 92 m lang, enthält eine reichhaltige Sammlung der Geräte autochthoner und uncivilisierter Völkerschaften, geographisch geordnet; die amerik. Sektion ist in einem Nebensaale untergebracht. Der wichtigste Teil dieser Sammlung wurde von Henry Christy zusammengebracht und dem Museum geschenkt.

Die Sammlung von Münzen und Medaillen, deren Zahl auf 200 000 Stück geschätzt wird, ist ebenfalls eine der schönsten Europas. Deren Stamm bildete ebenfalls die Sammlung Sloanes, die 1810 und 1814 der Ankauf der Kabinette von Roberts und Townley beträchtlich vergrößerte. Hierzu kamen die reichen Vermächtnisse von Payne Knight (1824) und Marsden (1831) sowie die Schenkungen des Grafen von Salis u. a. Für griech. und röm. Münzen gehört das Kabinett des B. M. zu den vollständigsten, für Münzen Englands steht es unerreicht da.

Die Sammlung von Kupferstichen und Handzeichnungen ist von sehr hohem Werte und in betreff der Nielli und der Schwefelabgüsse wohl die vollständigste in Europa, steht aber an Zahl der Blätter hinter andern großen Sammlungen zurück. Begründet wurde sie durch das Vermächtnis Cracherodes und 1836 durch die Erwerbung von Sheepshanks Sammlung geätzter Blätter niederländ. Meister (8450 Nummern), wozu 1845 zwei umfangreiche Sammlungen von ältern deutschen und ital. Stichen kamen. Neuerdings ward sie namentlich in Bezug auf die Stiche engl. Künstler ungemein vervollständigt; 1880 erhielt sie einen Zuwachs von nicht weniger als 11 134, 1891 von 16 687 Nummern.

Die naturgeschichtlichen und besonders die zoologischen Sammlungen waren in einer Weise angewachsen, daß es notwendig wurde, sie räumlich von der Bibliothek und den Antiquitäten zu trennen. Zu Anfang des letzten Jahrzehnts wurden sie in ein neues Gebäude in South-Kensington gebracht, das an Umfang dem ältern Museum nicht nach-^[folgende Seite]