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Clarendon-Castle – Claretie
gebrachte Konspirationsbill verteidigte, that ihm in der öffentlichen Meinung vielen Schaden. In den Sturz des Ministeriums Palmerston, Febr. 1858, verwickelt, ward er nach der Herstellung desselben im folgenden Jahre nicht wieder angestellt. Erst März 1864 trat er als Kanzler des Herzogtums Lancaster wieder ins Kabinett, ging in geheimer Sendung zu Napoleon Ⅲ. und wirkte als zweiter engl. Bevollmächtigter bei der Londoner Konferenz (April 1864) über die dän. Frage. Unter Russell (1865) wieder Staatssekretär des Auswärtigen, trat C. 1866 bei dem Sturz des Ministeriums ab und übernahm, nachdem er in der Zwischenzeit eine geheime Mission nach Turin und Rom durchgeführt hatte, Dez. 1868 unter Gladstone wieder das Auswärtige. Umsonst bemühte er sich, einen Vergleich zwischen den engl. und russ. Interessen in Asien zu erzielen und trat angeblich auf Napoleons Wunsch 1870 Preußen mit Abrüstungsvorschlägen gegenüber. Er starb 27. Juni 1870 zu London. – In der Grafenwürde folgte ihm sein ältester Sohn Edward Hyde Villiers Graf C., geb. 11. Febr. 1846.
Clarendon-Castle (spr. klärrĕnd’n kahßl), königlicher engl. Palast, 3 km im SW. von Salisbury, jetzt in Ruinen, bekannt durch die «Constitutions of Clarendon», worin Heinrich Ⅱ. 1164 das Verhältnis des Klerus zum Könige regelte.
Clarendon Press (spr. klärrĕnd’n-), Buchdruckerei mit Verlagsanstalt der Universität Oxford, unter Leitung einer Delegation von zwölf daselbst seßhaften Mitgliedern der Universität, die durch Wahl bestimmt werden. Sekretär der Delegation ist (1892) Philipp Lyttelton Gell, vom Ballioli College, Kontrolleur und Universitätsbuchdrucker seit 1883 Horace Hart. Eine beständige Buchdruckerei besteht in Oxford seit 1588, die alsbald in Beziehungen zur Universität stand. Letztere erlangte das Privilegium des Buchdrucks 1632. Im J. 1635 wurde die Buchdruckerei im Sheldoniantheater untergebracht, 1714 im Clarendon-Haus, das zu diesem Zweck zum Teil aus den Erträgen des Verkaufs von Clarendons «History of the rebellion and civil wars in England» (3 Bde., Oxf. 1702‒4) erbaut wurde, 1832 in das neue Clarendon-Haus verlegt. Der Verlag umfaßt: Wörterbücher, Grammatiken und Hilfsbücher für den Sprachunterricht, griech.-röm. Klassiker, engl., orient. und allgemeine Litteratur; in der Theologie namentlich Bibelausgaben, Kirchenväter, liturgische Werke; ferner Geschichte, Rechtswissenschaft, Philosophie, Physik und Mathematik, Kunst und Altertumskunde, Paläographie, mit Werken von H. Sweet, R. Payne Smith, T. Gaisford, S. R. Gardiner, J. ^[James] Clerk Maxwell, W. W. Skeat, W. Aldis Wright, R. Ellis, W. Stubbs, E. A. Freeman, Max Müller und vielen andern. Die Buchdruckerei war eine der ersten in England, die orient. Schriften führte, und ist die größte Bibeldruckerei der Welt. Mit ihr sind verbunden Stein-, Kupfer-, Lichtdruck und chemigraphische Verfahren anderer Art, Schriftgießerei, Stereotypie, Elektrotypie, Farben- und Walzenherstellung, Buchbinderei. Die C. P. hat auch eigene Papierfabriken (in Wolvercote bei Oxford; Specialität: sehr dünnes, sog. Oxforder Indiapapier), ein Warenhaus (Leiter: Henry Frowde seit 1873) und eigene «Universitätsbuchbinderei» in London, Agenturen in Neuyork, Leipzig und Edinburgh. Die Zahl der beschäftigten Personen beträgt in Oxford 600, in London 300. Die C. P. wird auch «Oxford University Press» genannt, doch versteht man darunter eigentlich nur die Herausgabe der engl. Bibeln (das Recht dazu teilt die Universität Oxford mit der Universität Cambridge) und liturgischer Bücher, während der erstere Ausdruck im engern Sinne nur die wissenschaftlichen und pädagogischen Unternehmungen der Universität umfaßt. Die Publikationen der C. P., vorzüglich im Druck und praktisch im Einband, wurden auf der Pariser Ausstellung 1889 mit dem Großen Preise gekrönt.
Clarēni fratres, Clarenīner, Name einer Kongregation der Franziskaner (s. d.).
Clarens (spr. -rangß), Dorf der Gemeinde Châtelard-Montreux im Bezirk Vivis (Vevey) des schweiz. Kantons Waadt, 8 km von Vevey, in 380 m Höhe, an der Linie Genf-St. Maurice der Jura-Simplonbahn und der Dampfbootlinie Genf-Ouchy-Villeneuve, am Genfersee herrlich gelegen, von Weinbergen umgeben, ist berühmt durch Rousseaus «Nouvelle Héloïse». Die Umgegend ist von Schlössern, Villen und Pensionen übersät; das milde Klima und die geschützte Lage machen C. wie seine Nachbarorte Vernex, Veytaux, Montreux u. s. w. zu einem der beliebtesten klimatischen Kurorte, namentlich als Winterstation für Brustleidende. – Vgl. Rey, Genève et les rives du Léman (3. Aufl., Par. 1875); Rambert, Montreux (Neuchâtel 1877).
Claret (spr. klärrĕt), in Großbritannien Bezeichnung für Bordeauxwein (s. d.). Der Ursprung dieser Benennung ist dunkel. Im Französischen versteht man unter Clairet einen hellroten Wein, Bleichart oder Schiller, oder auch, nach früherm Brauche, einen angesetzten Kräuterwein, Würzwein, unter Clairette einen leichten Weißwein. Beide Bezeichnungen passen aber nicht auf den dunkelroten Bordeauxwein. Daher wird der Name C. auch abgeleitet von dem Handelsplatze Clairac am Lot in der Gascogne, welcher früher viele Weine nach England verschiffte, oder von der Clairette-Traube, welche den Rotwein Picardan liefert.
Claretie (spr. klarĕßih), Jules, eigentlich Arsène Arnaud, franz. Schriftsteller, geb. 3. Dez. 1840 zu Limoges, besuchte das Lycée Bonaparte zu Paris, war dann als Theaterkritiken Feuilletonist und Romanschriftsteller thätig, wurde Ende 1885 Direktor der Comédie française und 1888 Mitglied der Akademie. Von C.s Romanen, auf denen hauptsächlich sein Ruf beruht, sind hervorzuheben: «Piérille» (1863), eine Dorfgeschichte, «Mademoiselle Cachemire» (1867 u. ö.), «Un assassin» (auch u. d. T. «Robert Burat», 1866), sein bester Roman, «Madeleine Bertin» (1868), «Les Muscadins» (2 Bde., 1874), «Le train n° 17» (1877), «La maison vide» (1878), «Le troisième dessous» (1879), «La maîtresse» (1880), «Monsieur le ministre» (1882), «Noris, mœurs du jour» (1883), «Le prince Zilah» (1884), «Candidat!» (1887; deutsch Mannh. 1892), «Puyjoli» (1890), «L’Américaine» (1892) u. a. Der Geschichtschreibung und Publizistik gehören an: «Les derniers montagnards» (1867), «Histoire de la révolution de 1870‒71» (2. Aufl., 5 Bde., 1875‒76), «La France envahie» (1871), «Le champ de bataille de Sedan» (1871), «Paris assiégé» (1871), «Les Prussiens chez eux» (1872), «Cinq ans après. L’Alsace et la Lorraine depuis l’annexion» (1876), «La guerre nationale 1870‒71» (1871), letztere Arbeiten in tendenziös deutschfeindlichem Sinne geschrieben. Außerdem schrieb C. mehrere histor. Dramen («Les Mirabeau», 1878 u. a.), die wenig Beifall fanden. Seine seit 1881 im «Temps», «Fi- ^[folgende Seite]
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