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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Corsicana; Corsīni

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Corsicana – Corsini

zosen, Neugriechen (in Cargese im NW. von Ajaccio), sind noch ein wahres Naturvolk, das sich durch Ehrlichkeit, Tapferkeit, Freiheitsliebe, Mäßigkeit, Gastfreundschaft, demokratischen Sinn auszeichnet, bei dem aber die Arbeit in keinem Ansehen steht, die Blutrache oder Vendetta jedoch eine tief eingewurzelte Sitte ist, welche die geringste Beleidigung noch nach Jahren und noch von und an den Kindern und Kindeskindern rächen läßt. Die Volksbildung läßt viel zu wünschen übrig. Das Departement hat 1 Lyceum, 4 Collèges, 1 freie Sekundärschule und 530 Primärschulen. Von 2247 Rekruten konnten (1889) 350 weder lesen noch schreiben und bei 2341 Eheschließungen konnten 491 Männer und 1179 Frauen nicht mit ihrem Namen unterschreiben. Am 19. Dez. 1880 hat sich in Bastia eine «Société des sciences historiques et naturelles de la Corse» gebildet. Die Industrie ist sehr unbedeutend und besteht vorzugsweise in Hausindustrie. Dagegen ist der Handel, hauptsächlich Seehandel von Wichtigkeit. Die 1887 ausgeführten Waren hatten einen Wert von 3,3 Mill. Frs., die eingeführten von 4,5 Mill. Frs. Die Handelsflotte der Insel besteht aus 217 Schiffen mit 3958 t Gehalt. Ajaccio, Bastia und Calvi sind die bedeutendsten Hafenplätze. Der Verkehr zwischen beiden Seiten findet nur auf überaus schwierigen, größtenteils nur Saumtieren zugänglichen Gebirgswegen statt. Über die Eisenbahnen auf C. s. Französische Eisenbahnen.

Geschichte. Die Urbewohner waren iberischen Stammes. Der dort lebende Seneca fand die Sprache sehr ähnlich der der Cantabrer; Etrusker eroberten die Küsten und gründeten Handelsplätze; später wurde C. von den Phöniziern, dann von den Phocäern kolonisiert. Im 5. Jahrh. kamen die Karthager in den Besitz der Insel, mußten sie aber 238 v. Chr. an die Römer abtreten. Gegen den Druck röm. Statthalter empörten sich zwar die Corsen, wurden aber nach sieben Jahren blutiger Kämpfe (236‒230) gänzlich bezwungen. Hierauf gründete Marius, dann Sulla an der Ostküste röm. Kolonien. Unter der Regierung der Kaiser blühte C. auf und zählte 33 ummauerte, zum Teil durch Handel reiche Städte. In großen Verfall geriet die Insel durch die 456 wiederholten Einfälle der Vandalen, unter deren Herrschaft sie seit 470 gänzlich ausgesogen wurde. Belisar vertrieb 533 die Vandalen, und es stand seitdem die Insel abwechselnd unter der Herrschaft der griech. Kaiser und der Goten, bis 754 die Franken und 850 die Saracenen sie eroberten, aus deren Zeit wohl die Türme an den Küsten stammen. Anfang des 11. Jahrh. wurde sie von den Pisanern genommen. Um diese Zeit war die Insel in mehrere kleinere Lehnsherrschaften geteilt. 1002 empörten sich die Corsen gegen den Druck der kleinen Barone und gründeten eine Art Repräsentativverfassung unter 15 erblichen Caporali im NO., im SW. stand das Land unter Grafen, wie die von Cinarca, Istria, della Rocca u. s. w. Seit 1077 erkannten sie Gregor Ⅶ. als ihren Oberherrn an; Urban Ⅱ. übertrug die Verwaltung der Insel an die Pisaner, welche sie 1300 an Genua abtraten, dessen Herrschaft die Corsen erst 1387 anerkannten. Durch den Druck der genues. Regierung fortwährend zu Ausständen gereizt, wie den von 1553 bis in die 1570er Jahre unter Sampietro, bekämpften sich seitdem die genuesische, die aragonische und die Nationalpartei in C. mit abwechselndem Glück. Als die Corsen 1729 die Waffen gegen Genua ergriffen, rief dieses 1730 kaiserl. Truppen zu Hilfe, worauf der Aufstand bald unterdrückt wurde. Doch schon 1735 hatte der Baron Theodor von Neuhof (s. d.) unter den Corsen ein solches Ansehen gewonnen, daß sie ihn zu ihrem König ernannten. Genua rief 1738 die Franzosen zu Hilfe, wodurch der neue König Theodor sich genötigt sah, die Insel noch vor der Ankunft derselben zu verlassen. Nach dem Abzuge der Franzosen 1741 brach die Empörung wieder aus.

Den Aufstand von 1752 und die spätern leiteten die beiden Paoli. Der cors. Senat ernannte 1755 Pasquale Paoli (s. d.) zum General, der die von franz. Hilfstruppen verstärkten Genueser seit 1764 auf einige Seestädte und die Hauptstadt Bastia beschränkte. Genua überließ die Insel 1768 an Frankreich durch den Traktat von Compiègne, nach welchem der König von Frankreich die Corsen unterwerfen und so lange regieren sollte, bis die Republik ihm die Kriegskosten erstattete. Paoli leistete, in der Hoffnung auf brit. Unterstützung, den anfangs schwachen Franzosen lebhaften Widerstand. Dadurch aufgereizt, sandte der König von Frankreich 30000 Mann unter dem Marschall de Vaux nach C., Paoli mußte allen Widerstand aufgeben und floh im Juni 1768 nach England; der kleine Krieg in den Gebirgen dauerte indes bis 1774 fort. Während der Französischen Revolution trat die Insel als ein besonderes Departement in die Verbindung des gesamten Frankreich ein. Auch Paoli kehrte 1790 zurück. Als er vom Konvent nach Paris gefordert wurde, wo er seinen gewissen Tod voraussah, rief er das Volk unter die Banner des alten cors. Wappens (des Mohrenkopfes) und eroberte mit Hilfe der Briten 22. Mai Bastia und 4. Aug. 1793 Calvi, worauf sich die Nation in einer allgemeinen Versammlung der Deputierten der Corsen zu Corte 18. Juni 1794 dem brit. Scepter unterwarf. C. erhielt eine der englischen nachgebildete Verfassung, ein besonderes Parlament wie Irland und einen Vicekönig. Aber die franz. Partei breitete sich unter dem General Gentili seit Okt. 1796 immer weiter auf der Insel aus, sodaß, nachdem im Okt. 1796 die Franzosen von Livorno aus gelandet waren, die Engländer noch in demselben Jahre die Insel räumen mußten. Seitdem blieb C. bei Frankreich.

Litteratur. Ehrmann, Geschichte der Revolutionen von C. (Hamb. 1799); Filippini, Historia di C. (Turone 1594; bis 1769 fortgesetzt von Gregorj, 5 Bde., Pisa 1827‒32); Stephanopoli, Histoire de la colonie greque en Corse (Par. 1827); Jacobi, Histoire générale de la Corse (2 Bde., ebd. 1835); Pietra-Santa, La Corse et la station d’Ajaccio (ebd. 1868); Biermann, Die Insel C. (Hamb. 1868); De Saint-Germain, Itinéraire descriptif et historique de la Corse (Par. 1868); Lear, Journal of a landscape painter in C. (Lond. 1870); Gregorovius, Corsica (2 Bde., Stuttg. 1854; 3. Aufl. 1878); Joanne, Géographie du département de Corse (Par. 1881); Black, Itinerary through C. (Edinburgh 1888); G. Demanche, Souvenir de voyage. A travers la Corse (in der «Revue française», Par. 1888); Girolami-Cortona, Géographie générale de la Corse (Ajaccio 1893).

Corsicana, Hauptstadt des County Navarro im nordamerik. Staate Texas, südlich von Dallas, ist Eisenbahnknotenpunkt, hat (1889) 9000 E., lebhaften Handel und Industrie.

Corsīni, reiche florentin. Patricierfamilie, die sich bis Anfang des 13. Jahrh. zurückführen läßt.

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