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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Costa-Rica

600 Chinesen und 7000 Ausländer; außerdem 2800 uncivilisierte Indianer. Unter den Fremden nehmen die Deutschen eine hervorragende Stellung ein. Die ansässige Bevölkerung lebt fast ausschließlich auf der Hochebene von San José und Cartago und im Thale des Rio Grande, insgesamt ein Gebiet von 150 km Länge und 60 km Breite. Sie zeichnet sich vor den Bewohnern der Schwesterrepubliken durch Arbeitsamkeit aus, vielleicht weil die Costa-Ricaner Nachkommen von Bewohnern der span. Provinz Galicia sind, die diese Tugenden entwickeln und an der Kolonisation des Landes vorzugsweise beteiligt waren.

Landwirtschaft, Handel, Verkehr. Die Hauptbeschäftigung bildet der Landbau, der sämtliche, der klimatischen Mannigfaltigkeit entsprechende Kulturpflanzen umfaßt. Von hervorragender Bedeutung ist der Kaffee, dessen Anbau seit der Unabhängigkeit fortwährend zunimmt, sodaß gegenwärtig der Wohlstand des Landes fast ausschließlich darauf beruht (Ernte 1891: 16728958 kg). An der Kaffeekultur sind deutsche Kaufleute als Besitzer von Plantagen, auf denen sie einen verbesserten Betrieb eingeführt haben, nicht unerheblich beteiligt. Außerdem werden Zucker (1891: 695704 kg), Mais, Bananen, Kakao (1888: 152674 kg) und Reis gebaut, während der Tabakbau ganz eingegangen ist. Neben dem Landbau hat die Zucht von Rindvieh, Pferden, Maultieren, Schafen und Ziegen Wichtigkeit. In den Manufakturen und Handwerken steht C. noch hinter andern centralamerik. Staaten zurück. Dagegen ist der Handel namentlich durch die Kaffeekultur verhältnismäßig bedeutend. Die Einfuhr (Gewebe, Maschinen, Eisenwaren, Glas-, Porzellan-, Steingutwaren, Wein, Bier, Spirituosen, wollene Tuche, bedruckte Baumwollwaren, Luxusartikel) wertete (1886) 3,5, (1888) 5,2, (1891) 8,3 Mill.; die Ausfuhr 3,2, 5,7 und 9,6 Mill. Pesos; letztere bestand hauptsächlich aus Kaffee (8484115 Pesos), Bananen (680233), Häuten, Fellen (72492), Schildpatt, Kautschuk und Hölzern. Die Bananen werden von Limon nach Neuyork verschifft. Während Punta Arenas nur für Schiffe unter 3 m Tiefgang zu erreichen ist, ist der Hafen von Limon auf der Ostküste einer der schönsten der Welt und bietet ganzen Flotten von jedem Tiefgang sichern Ankergrund. In Limon liefen (1890) 135 Schiffe mit 164779, in Punta Arenas 184 Schiffe mit 179916 t ein. Schon alt ist die 135 km lange Fahrstraße von San José nach Punta Arenas. Eisenbahnen wurden (1889) 258 km betrieben: die Centralbahn von San José-Cartago nach San José-Alajuela (40 km), die Limon-Cartago-Bahn (199 km) und die Bahn von Esparza nach Punta Arenas (19 km). Mehrere andere Linien sind im Bau. Postanstalten waren 1889 nur 61, Telegraphenbureaus 43 vorhanden. Die Länge der Drähte betrug 976,4 km.

Verfassung und Verwaltung. Nach der Konstitution vom 22. Dez. 1871 (der neunten seit 1825, modifiziert 26. April 1882) stehen an der Spitze der unabhängigen Republik C. ein Präsident, der auf 4 Jahre gewählt wird, und zwei jährlich gewählte Vicepräsidenten. Die legislative Gewalt übt eine Deputiertenkammer von 24 indirekt auf 4 Jahre gewählten Mitgliedern. Sitz der Regierung, des Obergerichtshofs und Landesbischofs ist die Hauptstadt San José mit 19326 E. Die Einnahmen für 1891/92, 5,80 Mill. Pesos, setzen sich zusammen aus Zöllen (2,27), Branntwein- und Tabakmonopol (2,25), Eisenbahn- und Postüberschüssen (1,33) und indirekten Steuern und verschiedenen Einnahmen (0,9 Mill. Pesos). Die Ausgaben betragen insgesamt 5,44 Mill., die Staatsschuld 21,67 Mill. Pesos. C. zerfällt in die 7 Provinzen San José, Cartago, Heredia, Alajuela, Guanacaste, Punta Arenas und Limon. Jede Provinz hat ihr Obergericht, außerdem bestehen zwei Appellations-, ein Cassations- und ein höchster Gerichtshof. Das Wappen zeigt drei Berge zwischen zwei Meeren, mit je einem Segelschiffe vorn und rückwärts, rechts eine aufgehende Sonne, oben fünf silberne Sterne. Unter dem Schilde kreuzen sich ein Lorbeer- und ein Palmenzweig, hinter dem Schilde Fahnen in den Farben der Flagge. Die Flagge (s. Tafel: Flaggen der Seestaaten) hat fünf Horizontalstreifen: blau, weiß, rot (etwas breiter), weiß, blau.

^[Abb. Wappen]

Heerwesen. Die Militärmacht besteht aus 600 Mann stehender Truppen und der Miliz (etwa 12000 Mann), die alle Männer von 18 bis 55 Jahren umfaßt, die nicht zum stehenden Heere gehören; doch fehlt jede militär. Organisation.

Bildungswesen. In der geistigen Kultur steht C. höher als die Schwesterstaaten. Es giebt (1892) 267 Elementarschulen mit 15800 Schülern, und 47 Privatschulen, ferner höhere Unterrichtsanstalten, sogar ein physik.-geogr. Institut. Was die kirchlichen Verhältnisse betrifft, so stellte ein Gesetz von 1832 die Duldung aller Konfessionen fest; doch ist in dem 1852 mit dem röm. Stuhl geschlossenen Konkordat die römisch-katholische als Staatsreligion bezeichnet. Das 1850 gegründete Bistum von San José steht unter dem Erzbischof von Guatemala.

Geschichte. C. wurde wie das übrige Centralamerika um 1525 von Cortez’ Feldherrn Alvarado für Spanien erobert und bildete einen Teil des Generalkapitanats Guatemala (s. d.), das 1821 ebenso wie die andern span. Kolonien in Amerika seine Unabhängigkeit erklärte und die Republik der fünf vereinigten Staaten von Centralamerika (s. d.) verkündete. In dieser Zeit stand C. unter allen Landesteilen in der Kultur am meisten zurück. Seitdem aber machte es unter den Schwesterrepubliken die meisten Fortschritte und gelangte allein zu wirklichem Gedeihen, teils infolge der abgeschlossenen Lage des Landes, die es von den Parteikämpfen der übrigen Staaten ziemlich fern hielt, teils durch seine arbeitsame und nüchterne Bevölkerung. Namentlich verdankt C. viel seinem ersten Präsidenten, Juan Mora (1824‒32). Nur während der Präsidentschaft des energischen, fast despotisch waltenden Generals Carillo (1839‒42), unter dem sich C. 1842 von der Föderation der centralamerik. Staaten gänzlich

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