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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Deutschland und Deutsches Reich (Bevölkerung)

vorwiegend evang. Gebietsteile ist stärker gewachsen als diejenige der rein oder vorwiegend kath. Gebietsteile, was mit der ungleichen industriellen Entwicklung der vorwiegend evang. beziehungsweise kath. Bezirke zusammenhängt.

Die Zahl der Israeliten hat sich seit 1871 um 10 Proz. vermehrt. Andere Religionen weisen im Deutschen Reich nur eine ganz vereinzelte Vertretung auf, die zeitlich von Zufälligkeiten beeinflußt wird. Fälle, in denen das Religionsbekenntnis unermittelt geblieben ist, sind bei der letzten Zählung häufiger als 1885 vorgekommen. Dieser abweichenden Zu- und Abnahme der den verschiedenen Bekenntnisgruppen angehörigen Personen entspricht es, daß auch deren verhältnismäßige Verteilung sich, wenn auch nicht beträchtlich, so doch immerhin merkbar geändert hat. Von 1000 E. waren:

1871 1880 1885 1890

Evangelische 623 626 627 628

Katholiken 362 359 358 358

Andere Christen 2 2 3 3

Israeliten 12 12 12 11

Bekenner anderer Religionen 0 0 0 0

Personen unbekannter Religionen 1 1 0 0

Über die Verteilung der Evangelischen, Katholiken und Israeliten auf die einzelnen deutschen Staaten im J. 1890 giebt folgende Tabelle Auskunft:

Staaten Evangelische Katholiken Andere Christen Israeliten

Königreich Preußen 19232449 10252818 95349 372059

" Bayern 1571863 3962941 5786 53885

" Sachsen 3351751 129382 11519 9368

" Württemberg 1407176 609794 6723 12639

Großherzogtum Baden 598678 1028222 3954 26735

" Hessen 666118 293651 7390 25531

" Mecklenburg-Schwerin 570703 5065 373 2182

" Sachsen-Weimar 312738 11695 364 1252

" Mecklenburg-Strelitz 96773 654 43 489

" Oldenburg 274410 77769 1216 1552

Herzogtum Braunschweig 383652 16419 846 1635

" Sachsen-Meiningen 219207 2789 276 1560

" Sachsen-Altenburg 168549 2092 160 45

" Sachsen-Coburg-Gotha 202444 2921 565 549

" Anhalt 261215 8875 281 1580

Fürstentum Schwarzburg-Sondershausen 74615 637 25 228

" Schwarzburg-Rudolstadt 85342 397 43 71

" Waldeck 54704 1658 159 753

" Reuß älterer Linie 61572 938 173 62

" Reuß jüngerer Linie 118072 1181 386 147

" Schaumburg-Lippe 38160 607 30 366

" Lippe 123111 4332 58 989

Freie Stadt Lübeck 74544 1143 122 654

" " Bremen 169991 8272 1106 1031

" " Hamburg 571497 23444 4836 17877

Reichsland Elsaß-Lothringen 337476 1227225 3757 34645

Deutsches Reich 31026810 17674921 145540 567884

Hiernach ist der Westen und Süden Deutschlands vorwiegend katholisch, Mittel- und Norddeutschland fast ausschließlich evangelisch, während im Osten beide Konfessionen sich ungefähr die Wage halten.

Die Verteilung der Konfessionen (vgl. Konfessionskarte des Deutschen Reichs) entspricht den in den Zeiten der Reformation und der Gegenreformation bis zum Westfälischen Frieden geschaffenen Zuständen. Die Hauptsitze des Katholicismus, die Erzbistümer am Rhein, Mainz, Trier und Köln, haben ihren rein kath. Charakter bis heute bewahrt, den auch das Bistum Münster nach Niederwerfung der Wiedertäufer wiedererlangte. Im O. zeigen das ehemalige Bistum Ermeland sowie die Bestandteile des frühern kath. Königreichs Polen und das rings von kath. Ländern umgrenzte südl. Schlesien vorwiegend kath. Bevölkerung. Fast unvermischt ist dieselbe in den Bestandteilen des Herzogtums Bayern und in den südlichsten Territorien. Rein evangelisch, weil von der Gegenreformation fast unberührt, sind das mittlere und nördl. Deutschland, sowie das 1525 in ein weltliches Herzogtum umgewandelte Land des Deutschen Ordens. Die einzige Exklave im westl. Teile des großen evang. Komplexes bildet das Eichsfeld infolge seiner ehemaligen Zugehörigkeit zum Erzstift Mainz. Zwischen dies evang. Land im N. und die kath. Territorien im äußersten W. und S. schiebt sich ein ausgedehntes Gebiet gemischten und (der frühern territorialen Zersplitterung entsprechend) verschiedenartigen Charakters, aus dem sich als vorwiegend katholisch die ehemals geistlichen Besitztümer, als vorwiegend evangelisch das alte Herzogtum Württemberg abheben.

Gebürtigkeit. Von 10000 der Gesamtbevölkerung (1890) waren geboren im Deutschen Reich 9895, in einem fremden europ. Staate 98 und außerhalb Europas (auch auf See) 7 Personen.

Staatsangehörigkeit. Unter den (1890) 49428470 E. des Deutschen Reichs waren 433271 Reichsausländer und 519984 bundesangehörige Militärpersonen.

Bewegung der Bevölkerung. Über die Zahl der Eheschließungen, Geburten und Sterbefälle giebt folgende Tabelle Auskunft; doch stellt sich der Überschuß der Geburten über die Sterbefälle noch um jährlich etwa 300 höher als angegeben, infolge erst verspätet zur amtlichen Kenntnis gelangender Geburten: