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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Dynamomaschinen
schrieben, in ihren Veröffentlichungen minder be-
graben gewesen und das neue Princip sogleich auf
sie angewendet worden wäre. So brachte erst das
1.1870 die erste für die größere Praxis brauchbare
Dynamomaschine, die von Gramme (f. Taf. I,
Fig. 7), eine Anwendung des Dynamoprincips auf
die von ihm aufs neue erfundene Konstruktion von
Pacinotti: Ringanker mit einem Vielfachen der Pol-
zahl als Spulenzahl und Kollektor- oder Sammel-
steuerung. Ihr folgte 1873 die von von Hefner-
Alten eck erfundene und von Siemens erbaute (f.
Taf. I, Fig. 8), deren Steuerung gleichfalls die von
Pacinotti, deren Anker dagegen, die sog. Trommel
(s. d.), ein gleichfalls mit einem Vielfachen der Pol-
zahl belegter Siemensscher Cylinder-Induktor ist.
Daran reihen sich in rascher Folge die große Zahl
der heute in Gebrauch befindlichen Maschinen, meist
gleichfalls Trommel- oder Ringmaschinen und fast
ausnahmslos mit Pacinotti-Steuerung versehen.
Eine neue Form des Ringankers, den sog. Flach-
ring (s. d.) oder die Ringscheibe mit seitlich angeord-
neten, anstatt dem Umfange gegenüberstehenden
Polflächen zeigt die Schuckert-Maschine (1877;
s. Taf. II, Fig. 1); eine andere Steuerung haben von
den wirklich in Gebrauch gekommenen Mafchinen
nur zwei Konstruktionen amerik. Ursprungs, die von
Vrush (1878) und die Vogenlichtmaschine von der
Thomson-Houston-Compagnie (1880). Beide haben,
abweichend von allen andern Konstruktionen, eine
sehr geringe Spulenzahl, geben aber trotzdem eine
leidliche Gleichmäßigkeit des Stroms durch Linde-
rung der Gruppierung nicht allein, sondern
auch der Zahl der eingeschalteten Spulen während
einer Umdrehung. Beide Steuerungen, von denen
nebenbei die von Vrush im Princip völlig identisch
ist mit der oben besprochenen von Wheatstone, haben
sich übrigens nur für Hochspannmaschinen mit ver-
hältnismäßig geringer Stromstärke als brauchbar
erwiesen, und so wendet denn auch die Thomson-
Houston-Compagnie für die Maschinen ihrer zahl-
reichen Stationen zum elektrischen Betrieb von
Straßenbahnen und für die Motoren dieser nur
Pacinotti-Steuerung an.
Wie groß nun aber in der That die Umwälzung
war, die infolge der soeben besprochenen Verbesse-
rungen der Maschine und namentlich durch die Ein-
sührung des Dynamoprincips in dieselbe die ganze
Frage der Erzeugung elektrischen Stroms mit Hilfe
von Maschinen im Verlauf von wenig Jahren durch-
gemacht hatte, erhellt am besten aus den folgenden
Vergleichsziffern zwischen einer Siemens- und einer
Alliancemaschine, die dem Bericht über die 1877
im Auftrag der engl. Negierung angestellten Ver-
suche entnommen sind. Beide Maschinen, von denen
die ältere (die Alliancemaschine) seit 1872 in South-
Foreland funktionierte, gebrauchen annähernd die
gleiche Betriebskraft von nicht ganz vier Pferden,
ihre Gewichte verhalten sich aber wie 10:1, die Preise
derselben wie 5:1 und die von ihnen erzeugten Licht-
stärken wie 2:5. Im Verhältnis zum Anschaffungs-
preise liefert also die heutige Maschine 12^ mal so-
viel Stromenergie (hier speciell in der Form von
Licht) als die beste frühere Maschine, deren Kon-
struktion nur um den für eine solche Steigerung ge-
wih sehr kurzen Zeitraum von 5 Jahren rückwärts
liegt. Noch frappanter stellt sich das Verhältnis zum
Gewicht, das bei derselben Leistung heute nur noch
^25 desjenigen der frühern Maschine ist. Natürlich
gelten diese Zahlen, die übrigens auch nur ein un-
gefähres Bild geben sollen, nur für die damalige
Maschine. Seitdem hat die letztere abermalige, sehr
bedeutende Verbesserungen erfahren, wenn auch die
Konstruktion im großen und ganzen dieselbe geblie-
ben ist. Heute setzt sie 90 Proz. und mehr der ein-
geleiteten mechanischen in Stromenergie um, wäh-
rend noch im Winter 1879/80 Versuche in der Mili-
tärschule zu Chatham nur einen Wirkungsgrad von
75 Proz. ergaben. Ein Vergleich mit der Alliance-
maschine auch in diesem Sinne ist nicht möglich,
da bei den frühern Versuchen, die nur die Anwen-
dung für Leuchtturmzwecke im Auge hatten, immer
nur der Wirkungsgrad der Maschine mit der
Lampe gemessen wurde.
Die neuern Verbesserungen, denen diese bedeu-
tende Steigerung des Güteverhältnisses zu danken
ist, basieren, soweit sie nicht rein konstruktiver Natur
sind, auf Erwägungen, die sich auf die Theorie der
Maschine stützen, um die sich neben Frölich, von
dem die erste ausgebildete Theorie der Maschine her-
rührt, namentlich die Gebrüder Hopkinson, Marcel
Deprez und Gisbert Kapp verdient gemacht haben.
Zunächst lernte man durch zweckmäßiges Zerteilen
oder, wie man es meist nennt, durch Lamellieren des
Ankerkernes (s. d.) die sonst in letzterm auftretenden
Wirbel- oder Foucaultströme (s. d.) vermeiden, die,
da zu ihrer Erzeugung unnütz Energie verbraucht
wurde, eine beständige Verlustquelle darstellten und
die außerdem bei den ersten Versuchen mit der Dy-
namomaschine, bei denen Siemens seinen Cylinder-
Induktor anwendete, diesen derart erhitzten, das; die
Umspinnung in Gefahr geriet zu verkohlen. Diese
Verbesserung zeigte übrigens schon die Gramme-
Maschine, deren Änkerkern aus einem Drahtbündel
bestand; ihr Wert wurde aber nicht sogleich erkannt,
und sie fand sich infolgedessen keineswegs bei allen
spätern Konstruktionen. So hatte der Anker der
Vrush-Maschine lange Zeit einen massiven Guß-
eisenkern, und bei dem des Schuckertschen Flach-
ringes bestand die Lamellicrung jahrelang darin,
daß man ihn in Scheiben zerlegte, was wenig oder
gar nichts nützte, während man ihn heute aus
Bandeisen wickelt und damit den Wirbelströmen, die
wie die im Draht erzeugten senkrecht zu der Rich-
tung der vom Pol ausgehenden magnetischen Kraft-
linien (s. d.) und zur Vewegungsrichtung, hier also
in der Richtung des Radius fließen, den Weg, soweit
nur irgend möglich ist, verlegt.
Ein näheres Studium der Verhältnisse des vom
Magneten einerseits und von dem ihn schließenden
Ankerkern andererseits gebildeten Magnetkreises
brachte dann eine weitere Umgestaltung und zwar
eine solche, die sich auch in ihrer äußern Erscheinung
sofort bemerkbar machte, während die zuerst be-
sprochene an der fertigen Maschine nur an ihrer
Wirkung zu erkennen war. Edison u. a. hatten ihren
Maschinen, in der Meinung, es komme vorzugsweise
auf die Gröhedes "magnetischen Moments" an, mög-
lichst lange, dünne Magnete gegeben, und dies galt
längere Zeit als das allein Richtige. Diese ältere
Edison-Maschine zeigt Taf. II, Fig. 2. Hopkin-
son zeigte 1883 durch den Erfolg feiner Abänderung
der Edison-Maschine (in der Form, wie sie von der
Deutschen Edison-Gesellschaft, jetzt Allge-
meine Elektricitätsgefellschaft, gebaut wurde, auf
Taf. II, Fig. 3 wiedergegeben), daß seine entgegen-
gesetzte Ansicht die richtige sei, daß es nur auf
die Zahl der vom Pol zum Anker übertretenden
Kraftlinien ankomme und daß man, um diefe mög-