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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Ei (Entwicklung. Nahrungsmittel)
mit seltsamen Anhängen von nicht ganz klarer Be-
deutung versehen <z. B. Taf. II, Fig. 2, 3, 7, 8,9,10)
oder sie besitzen Stiele, wie bei Schlupf- und Gall-
wespen (z. B. ?imi8cn8 t68tac6U8 <?^av., Taf. II,
Fig. 11 und <ÜMip3 hU6rcm8 lolii Mu)F., Fig. 12).
Eigentümlich sind auch die Eier der Saugwürnier
(s. d.), wenigstens der äußerlich schmarotzenden
monogenen (Taf. II, Fig. 15), die wenige aber große
Eier legen.
Die Eier entstehen bei vielen niedern Tieren an
unbestimmten Stellen der Körpersubstanz, meist aber
im mittelsten Keimblatt (Mesoderm), bei den böher
organisierten in den Eierstöcken (s. d.) oderOva-
rien. Aus diesen gelangen sie in die Eileiter,
welche entweder direkt nach außen münden oder sich
in ein besonderes Organ zur Weiterentwicklung des
Eies, d. h. in die Gebärmutter, öffnen. Das Säuge-
tier-Ei wurde, nachdem Regner de Graaf die im
Eierstock enthaltenen Bläschen (die nach dem Ent-
decker benannten Follikel), worin die Eier sich bil-
den, entdeckt und für die Eier gehalten, 1826 von
K. E. von Vaer aufgefunden und hiermit die eigent-
liche Grundlage für die Entwicklungsgeschichte des
menschlichen Körpers gelegt.
Die Entwicklung eines Eies ist im allgemeinen
nur möglich, wenn dasselbe befruchtet ist, d. b. wenn
die männliche Zeugungsflüfsigkeit und insbesondere
die in derselben schwimmenden geformten Teile, die
Samenfäden, zu dem Ei gelangt sind. Eine solche
Befruchtung findet entweder schon im Eierstocke
statt, oder aber im Eileiter und der Gebärmutter,
oder endlich erst, nachdem das Ei gelegt ist.
Letzternfalls darf das Ei nur von einer weichen
Hülle umgeben sein, damit die Samenfäden ins
Innere des Eies gelangen können, wie dies bei
den Fröfchen und Fifchen der Fall ist, deren Eier in
der Regel erst befruchtet werden, nachdem sie den
Eileiter verlassen haben. Die Eier vieler Insekten,
die von einer derben Chitinschale umgeben sind
(ähnlich die Krustaceen-Eier, von Wirbeltieren aber
die Eier einiger Fische), haben an einer bestimm-
ten Stelle feine kanalfö'rmige Durchbohrungen,
Mikropylen (Tafel: Eier II, Fig. 13,14) genannt,
durch welche die Samenfäden bei der Befruchtung
eindringen. Die Eier vieler niedern Tiere, wie z. V.
diejenigen mancher Infekten, machen in betreff der
Nnentbehrlichkeit der Befruchtung eine Ausnahme,
indem sie sich auch ohne Hinzukommen von Samen
zu entwickeln vermögen, wobei dann die etwaige
Befruchtung oder Nichtbefruchtung oft das bestim-
mende Moment des Geschlechts der Nachkommen
bildet. So werden die unbefruchteten Eier der Bie-
nenkönigin Männchen (Drohnen), die befruchteten
Weibchen (Arbeiterinnen oder Königinnen; s. Par-
thenogenesis), aber aus den unbefruchteten Eiern
mancher Schmetterlinge (z. B. der Seidenspinner)
gehen gelegentlich zwar Raupen, aber dann nur
weibliche hervor. Bei den Pflanzen, bei welchen
die Eier im Ovarium festsitzen und sich innerhalb
desselben bis zur Reife entwickeln, fpielt der Pollen,
d. i. der aus den Staubfäden entleerte Blutenstaub,
die Rolle des männlichen Zcugungsstoffs. Nach-
dem derfelbe auf die feuchte Narbe des Pistills ge-
langt ist, wächst er zu einem langen Faden aus,
welcher in den Kanal des Pistills hinabwächst, bis
er an das Ei gelangt ist, um es zu befruchten. Außer
der Befruchtung bedarf jedes Ei noch insbesondere
einer gewissen Wärme und Feuchtigkeit, um sich zu
entwickeln: doch schwankt der nötige Grad beider bei
verschiedenen Arten innerhalb sehr weiter Grenzen;
das Vogelei bedarf z. B. einer bei weitem höhern
Brutwärme als das Frosch- oder Fischei oder
als das Pflanzenei. Sobald das Ei befruchtet ist
und sich nun weiter entwickelt, wird derjenige Teil
seines Inhalts, welcher den Keim des neuen Wesens
bildet, Embryo (s. d.) genannt. Die Art und Weise
der Entwicklung desselben im Ei lehrt die Ent-
wicklungsgeschichte (s. d.).
Alle Eier, insbesondere die mit Nahrungsdotter
! und Eiweiß reich ausgestatteten Eier der Vögel,
> Reptilien und Fische sowie die Samen der Pflan-
^ zen, bilden ein vorzügliches Nahrungsmittel,
weshalb ihnen auch von den Tieren außerordentlich
nachgestellt wird und der Mensch besonders durch
die Hühnerzucht und den Getreidebau ihre Pro-
duktion zu fördern fucht. Da aus dem Ei und den
es umhüllenden Stoffen ein neues Wesen entstehen
kann, so ist ersichtlich, daß die Eier alles enthalten
müssen, was zum Aufbau und zur Erhaltung eines
Organismus nötig ist. So finden sich z. B. in den
z Hühnereiern stickstoffhaltige (Eiweiß) und stickstoff-
^ lofe (Fett) Stoffe fowie die Salze gerade in dem
Verhältnis gemischt, wie es für die Ernährung eines
jungen Tieres nötig ist. Die Milch, von welcher ja
auch ein junges Tier ausschließlich leben kann, zeigt
ähnliche Verhältnisse. Flüssiges Ei bildet deshalb
einen Ersatz für die Milch für Kinder im Säuglings-
alter, wenn sie die Milch nicht vertragen. Dasselbe
gilt für Kranke und Schwache. Andererseits wird
der Nahrungswert des Eies vielfach überschätzt. Es
enthält nämlich das Hühnerei: Schale 10,7, Eiweih-
stoffe 11,9, Fett 12,8, Salze 0,?, Wasser 03,9 Proz.
Ein Hühnerei wiegt durchschnittlich 50 z (nur ganz
abnorm große Eier erreichen ein Gewicht von 60 3).
In einem Ei verzehrt der Mensch in runder Zahl
6 F Eiweißstosse, das ist aber nur der zwanzigste
Teil seines täglichen Bedarfs. Der Nahrungswert
des Eies läßt sich am besten mit dem der Milch ver-
gleichen, und es entspricht dann ein Ei etwa 150 g
Milch. Gekochte Eier sind minder zweckmäßig, weil
das hartgeronnene Eiweiß sich nur langsam im
Magensaft auflöst. Daher muß man die Vorsicht
gebrauchen, harte Eier sehr klein zu kauen, um der
Verdauung möglichst vorzuarbeiten; Personen mit
schwacher Verdauung aber dürfen nie hartgekochte
Eier essen, sondern genießen sie am besten roh, viel-
leicht mit etwas Zucker gemischt, oder nachdem die
Eier wenige Minuten im kochenden Wasser gelegen
haben, sodaß nur die äußersten Schichten des Ei-
weißes locker geronnen sind. Ganz unzweckmäßig
ist es, das Eiweiß nicht mit zu genießen, wie viele
thun; es ist dasselbe ein ganz vorzügliches Nah-
rungsmittel und steht dem Dotter kaum nach. Wie
alle Eiweißstosse, so enthält auch das Hühnerei
Schwefel. Beim Jaulen der Eier entwickelt sich
daher reichlicher Schwefelwasserstoff, welcher den
Übeln Geruch zur Folge hat. Etwas Schwefel-
wasserstoss wird schon durch das bloße Kochen des
Eies gebildet und giebt den hartgesottenen Eiern
ihren eigentümlichen Geruch. Die im August ge-
legten sind die schwersten. Das spec. Gewicht frischer
Eier beträgt nach Leppig nicht unter 1,06; sie
verlieren durchschnittlich täglich 0,0017 F an speci-
fischer Schwere bei der Aufbewahrung an freier
Luft, fodaß man in einer Kochsalzlösung vom spec.
Gewicht 1,05, in welcher gute Eier untersinken
müssen, ein brauchbares Mittel zur Beurteilung be-
sitzt. Der Gehalt an Dotter beträgt 32-35 Proz.,