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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Eisenbahnrecht
Überschüsse eine finanzielle Garantie für die
Verwaltung der Staatsbahnen geschaffen worden.
Danach sollen die Überschüsse in erster Reihe zur
Verzinsung der jeweiligen, für den 1. April 1880
auf 1498 858100 M.' festgestellten "Staatseisen-
baynkapitalschuld", dann zur Ausgleichung eines
etwaigen, soiist durch Anleihe zu deckenden Fehl-
betrags im Staatshaushalt bis zur Höhe von
2 200000 M. und endlich zur Tilgung der Staats-
eisenbahnkapitalschuld alljährlich zunächst bis zur
Höhe von 2/4 Proz. verwendet werden. Im Rech-
nungsjahr 1892/93 hat sich das Anlagekapital der
preuß. Staatsbahnen in Höhe von 0605375014 M.
mit 5,i5 Proz. verzinst. (S. Preußische Eisenbah-
nen.) Die Überschüsse der Privatbahucn werden
zunächst zu den vorgeschriebenen Rücklagen in den
Erneuerungsfonds und den Reservefonds
sowie zur Verzinsung und Tilgung etwa vorhande-
ner Schuldverschreibungen (Prioritätsobligationeu)
verwendet, der alsdann noch verbleibende Nein-
überschuß kommt als Dividende zur Verteilung
an die Aktionäre. Der Erneuerungsfonds soll den
durch die Abnutzung der Vahn eintretenden Ver-
schleiß decken und die Mittel zur Erneuerung
des Oberbaues (s. Eisenbahnbau) und der Betriebs-
mittel (s. 0.) gewähren, während der Reservefonds
(nach §. 185 d des Reichsgesetzes über die Aktien-
gesellschaften vom 18. Juli 1884) zur Deckung eines
aus der Bilanz sich ergebenden Verlustes bestimmt
ist. Die jährlichen Rücklagen in den Erneuerungs-
fonds werden nach dem Verkehr der Vahn und der
Leistung der Betriebsmittel <s. Eisenbahnstatistik),
die Rücklagen in den Reservefonds nach dem Rein-
gewinn berechnet (mindestens 5 Proz. des Neinge-
winns so lange, bis der Reservefonds den zehnten
oder höhern Teil des Gefamtkapitals nicht über-
schreitet). Beide Kapitalsansammlungcn sollen so-
viel als irgend möglich Gleichmäßigkeit in der Be-
lastuug des Aktienbesitzes durch die Ausgaben für
die Erhaltuug des Unternehmens herbeiführen und
ebenso auch etwaige Schwankungen in den Über-
schüssen vermeiden.
0. Aufsicht über die Eisenbahnen. Die
Aufsicht über die deutscheu Eisenbahnen wird vom
Reich durch den Bundesrat und das Neichseisen-
bahnamt ausgeübt. In den einzelnen Bundes-
staaten sind die Eisenbahnen noch der Landesauf-
sicht unterworfen, die hinsichtlich der Privatbahnen
in Preußen z. B. durch das Eisenbahnkommissariat
in Berlin und hinsichtlich der Staatsbahnen zu-
gleich von den mit der Verwaltung derselben be-
trauten königl. Eisenbahndirektionen wahrgenom-
men wird. (S. Eisenbahnbehörden.)
d. Verhältnis der Eisenbahnen zu an-
dern Verwaltungszweigcn. Für die Ver-
pflichtungen der deutschen Eisenbahnen (ausschließ-
lich Bayern und Württemberg) zur Po st Verwal-
tung gilt, soweit nicht die früher erteilten Konzes-
sionen maßgebend blieben, das Reichsgesetz (Eisen-
dahnpostgcsetz) vom 20. Dez. 1875, wonach Briefe
und Pakete bis zum Einzelgewicht von 10 K3 und
das Postpersonal in einem von der Post gestellten
Wagen unentgeltlich zu befördern, weiter gehende
Leistungen gegen Entschädigung auszuführen sind.
Für Nebenbahnen bestehen Erleichterungen. Neuer-
dings haben interessante Ermittelungen über den
Wert der Leistungen der deutschen Eisenbahnen
(ausschließlich Bayern und Württemberg) gegen-
über der Reichspostverwaltung stattgefunden. (Vgl.
Hüll, Die deutsche Reichspaketpost, Jena 1892.)
Danach sind diese Leistungen für 1889/90 auf rund
19,5 Mill. M. ohne Berechnung von Zinsen für das
Anlagekapital der Eisenbahnen, und auf rund 28,5
Mill. M. zu schätzen, wenn man die Zirpen An-
rechnet. Für Preußen (Staatsbahnen) stellen sich
diese Zahlen auf rund 14,5 und 21,5 Mill. M.
Dagegen hat die Post den preuß. Staatsbahnen
3 859091 M. gezahlt, ein Betrag, der sich für das
Reich aus 5128 732 M. stellen würde. Zieht man
diese Zahlungen ab, so bleibt ein ungedeckter Zu-
schlag je nachdem man die Zinsen mitrechnet oder
nicht, bei Preußen von 17,c^ und 10,64, beim Reich
von 23,.-.? und 14,37 Mill. M. Dabei macht die Paket-
post dem Fracht verkehr der Eisenbahnen noch eine
bedeutende Konkurrenz; es geschieht dies besonders
durch die Zerlegung größerer Sendungen m Fünfzig-
psennigpatete. Hüll giebt hierfür mehrere Beispiele
an. So kam einmal am Schlesischen Bahnhof mehr
als eine halbe Wagenladung Hutschachteln von
einem Fabrikanten aus Glogau an einen Kauf-
mann in Berlin in Gestalt von Fünszigpfennig-
paketen an; ein anderes Mal 213 Kistchen Käse von
einem Versender an einen Empfänger; 1891
trafen auf demselben Bahnhof täglich während etwa
40 Tagen 4-5000 Korde mit Schnittbohnen als
5 kF-Pakete ein, die sämtlich nach der Centralmarkt-
halle gingen, d. h. es wurden täglich 20 Tonnen
Hülscnfrüchte postmäßig von Österreich nach Berlin
befördert. An den oben bezifferten Leistungen der
Eisendahnen ist die unentgeltliche Beförderung der
Pakete im Gewicht dis zu 101(F zum weitaus größten
Teil, nämlich mit etwa 75 Proz. beteiligt.
Der Telegraphenverwaltung haben die
deutschen Eisenbahnen (ausschließlich Bayern und
Württemberg) nach dem Vundesratsbeschluß vom
2 I.Dez. 18i^8 die Benutzung ihres außerhalb des Pro-
fils belegenen Grund und Bodens zur Anlage von
Telegraphenlinien unentgeltlich zu gestatten. Zur
Beförderung von Privattelegrammcn sind die Eisen-
bahnen nach dem Reglement vom 7. März 1876 nur
unter bestimmten Voraussetzungen befugt. Bayern
und Württemberg haben für die Post- und Telegra-
phenverwaltung ein Reservatrccht; die Beziehungen
der Post-und Telegraphenverwaltung zu den Staats-
bahncn sind im Verwaltungswege geregelt.
Gegenüber der Zollverwaltung haben die
deutschen Eisenbahnen nach dem Vereinszollgesetz
vom 1. Juli 1869, Abschn. VII, §z. 59-73 die
Verpflichtung, an den für die Zollabfertigung be-
stimmten Stationen die nötigen Räume zu stellen,
über die zollamtliche Behandlung der Güter und
des Gepäcks bestimmt das vom Bundesrat beschlos-
sene "Eisenbahuzollregulativ" vom 5. Juni 1888.
Für die Beziehungen der deutschen Eisenbahnen
zur Militärverwaltung kommen vor allem die
schon oben erwähnten Art. 41, 46, Abs. 3, und 47
der Reichsverfassnng in Betracht, zu deren Aus-
führung ergangen sind: das Reichsgesetz über die
Naturalleistungen für die bewaffnete Macht im
Frieden vom 13. Febr. 1875 (§. 15), das Neichs-
gcsetz über die Kriegslcistungen vom 13. Juni 1873
nebst Ausführungsverordnung des Bundesrats vom
1. April 1876 sowie die hierzu erlassenen Militär-
transportordnungen im Frieden vom 11. Febr. 1888
und im Kriege vom 26. Jan. 1887 nebst Militär-
tarif vom 28. Jan. 1887. Danach sind die Eisen-
bahnen vornehmlich verpflichtet, die nötigen Aus-
rüstungsgegenstände für die Beförderung der Mann-