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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Eisenbahnverbände
gegenüber dem Eisenbahnverein nur als eine private
Vereinigung anzusehen ist, so hat er doch auf die
Ausgestaltung der Vereinseinrichtungen hervor-
ragenden und segensreichen Einfluß geübt. So wur-
den in der Dresdener Technikcrversammlung 1865
die demnächstigcn "Technischen Vereinbarungen des
Vereins deutscher Eiscnbahnverwaltungen über den
Bau und die Vetricbseinrichtungen der Eisenbahnen"
beraten und beschlossen, welche die Grundlage für
die spätern staatlichen Vorschriften "das Vahnpolizci-
reglemcnt" und die "Normen für die Konstruktion
und Ausrüstung der Eisenbahnen Deutschlands"
(s. Bahnpolizei, Eisenbahnbau, Eisenbahn-Betriebs-
ordnung) bildeten. Der Tcchnikerverein versammelt
sich gegenwärtig alle 2 Jahre. Von seinen weitern
Arbeiten sind hervorzuheben: die Sammlungen zur
Gewinnung einer Übersicht über Oberbaukonstruktio-
nen, Ladeprofile, Vahnhofsgrundrisse, Hauptabmcs-
sungen der Lokomotiven u. s. w., die veröffentlichten
Referate über zahlreiche schwebende technische Fra-
gen, praktische Versuche in großen: Maßstab zur
Lösung wichtiger Fragen, wie der Ermittelung des
Widerstandes der Fahrzeuge u. s. w., statist. Zusam-
menstellungen, z. V. über die Schienendaucr, Achs-
brüche und Nadreifenbrüche u. s. w., Förderung der
Entscheidung über technische Fragen von allgemeiner,
über das Gebiet des Eisenbahnwesens hinausreichen-
der Bedeutung, wie Einführung eines einheitlichen
Maßes, Klassifikation von Eisen und Stahl u. s. w.
Von weitcrn E. ist der Deutsche Eisenbahn-
verkehrs verband (Geschäftsführende Direktion:
die Königl. Eiscnbahndircktion zu .Hannover) zu er-
wähnen, welcher im Sommer 1886 zusammentrat
zwecks "Fortbildung der die Beförderung von Per-
sonen und Gütern betreffenden Dienstzweige sowie
Herbeiführung einer thunlichsten Übereinstimmung
der hierauf bezüglichen Vorschriften, insbesondere
über das Abfertigungs- und Abrcchnungsverfah-
ren". Dem Verband gehören fast fämtlichc deut-
schen und einige niederländ. Bahnen an.
Außer dem Preußischen Staatsbahn-
wagcn verband (Geschäfts führende Direktion:
die Königl. Eisenbahndirettion zu Magdeburg), zu
dem die preuß. Staatsbahncn und einige andere
deutsche Bahnen sich zwecks einer freiern wechselseiti-
gen Wagcnbenutzung als solche nach dem Vereins-
wagenübereinkommen zulässig ist, vereinigt haben,
sind noch die sog. Tarifverbände zu erwähnen.
Sie bezwecken, den direkten Verkehr für gewisse
Hauptrichtungcn oder zusammenhängende größere
Verkehrsgebiete gleichmäßig zu gestalten, in erster
Reihe die Tarife und Beförderungsbedingungen für
das Verbandsgebiet (Verbandstarife, s. Eisendahn-
tarife, S. 889 d) einheitlich aufzustellen und gemein-
sam anzukündigen, sodann die gegenseitige Abrech-
nung der gemeinschaftlichen Verkehrs einnahmen zu
ordnen (s. Eifenbahnabrechnungsstellen), die für
den durchgehenden Verkehr erforderlichen Einrich-
tungen gemeinsam zu treffen und die Verkehrs-
leitung im Verbandsgcbiet zu regeln. Die Ver-
ständigung über die Beseitigung des Wettbewerbs
konkurrierender Linien durch Teilung des in Be-
tracht kommenden Verkehrs innerhalb des Verbandes
wie zwischen mchrern Verbänden wird Eisenbahn-
kartell (I^ool auf den nordamerik. Bahnen) genannt.
Der erste Tarifverband war der 1848 gegründete
Norddeutsche Verband für den Verkehr zwischen Ber-
lin, Leipzig, Hamburg und Köln. Je mehr das
Eisenbahnnetz sich demnächst ausdehnte, desto zahl-
reicher wurden die Tarifverbände im innern deut-
schen und ausländischen Verkehr. Als Tarifver-
band ohne wcitern Zusatz wird eine 1869 zwecks
Annahme eines einheitlichen Tarifschemas und über-
einstimmender Abfcrtigungseinrichtungen gegrün-
dete Vereinigung der größern E. zwischen Rhein,
Elbe und Berlin bezeichnet, dessen Wirksamkeit mit
der Einführung des einheitlichen deutschen Tarif-
schemas zum Teil erlosch (s. Eiseubahntarife), zum
Teil auf den Deutschen Eifenbahnvcrkehrsverband
überging. In ähnlicher Weise bilden auch sämtliche
österr.-ungar., die russ., schweiz. und Holland. Eisen-
bahnen einen gemeinsamen Landes Verkehrs-
verband.
In Rußland, wo noch Ende der sechziger Jahre
mangels eines direkten Verkehrs der Eisenbahnen bei
der Weiterbeförderung des Gutes auf einer von der
Endstation weiter fübrendcn Bahn die Abnahme des-
selben gewöhnlich durch Zwisc^enpersonen und seine
Überführung zur Neuaufgabe mittels Laudfuhrwerks
erfolgen mußte, sind infolge der hierdurch eingetre-
tenen Verkehrsstockungen auf den Endstationen Ende
1869 und 1870 Vereinbarungen über die Einrich-
tung eines direkten Personen- und Güterverkehrs
(ohne Umsteigen und Umladen) auf den meisten
Bahnen getroffen worden. Es wurden zu diesem
Zweck drei Gruppen gebildet, denen zur Zeit sämt-
liche Bahnen angehören mit Ausnahme der poln.
Bahnen (Warschau-Wien, Warschau-Vromberg und
Lodz), der sinländ. Staatsbahnen und einiger an-
derer Einzelbahnen, wie der Transkaukasischen und
der Ural-Eisenbahn (s. Russische Eisendahnen). Die
Gruppen halten regelmäßige Konferenzen ad, auf
denen die besondern Verkehrsfragcn, namcntlicb auch
auf dem Gebiete der Tarifstellung, beraten werden.
Daneben bestehen für allgemeine Verkehrsangeleqen-
heiten regelmäßige "Gencralkonfcrenzen" aller russ.
Eisenbahnen. Auf diefe Weise sind allgemeine Über-
einkommen über direkten Verkehr zwischen den russ.
Eisenbahnen (1887) und über die gegenseitige Aus-
nutzung der Güterwagen (1889) zu stände gekommen.
In den Vereinigten Staaten von Amerika
sind gleichfalls zahlreiche Tarifverbände entstanden,
trotz des Verbots der Verkehrsverträge (?ooi8); 1888
bestanden in den Vereinigten Staaten und in Ca-
nada 53 dergleichen Verbände.
Durch Vereinbarungen der Eiscnbahnvcrwal-
tungen verschiedener Länder bildeten sich die inter-
nationalen Tarif- und Verkchrsverbände,
so der deutsch-österr.-ungar. Seehafenverkehr, der
deutsch-belg., deutsch-niederländ., deutsch-franz.,
deutsch-ital., deutsch-russ., deutsch-dän., deutsch-
schwed.-norweg., deutsch-schweiz., deutsch-serb.,
deutsch - skandinav., engl.-bclg.-niedcrländ.-deutsch-
ital., der austro-ostind., auftro-italo-frcmz., österr.-
ungar.-bayr., österr.-ungar.-schweiz., österr.-ungar.-
franz.,östcrr.-ungar.-russ.,österr.-ungar.-ital., österr.-
ungar.-span.-brasil. Verband u. s. w. - Wegen
Herstellung eines einheitlichen Gütertarifs sür den
internationalen Verkehr s. Eisenbahnrecht Nr. II, 3.
Bei Gelegenheit der 50jährigen Jubelfeier der
belg. Staatsbahnen 1885 und der gleichzeitig in Ant-
werpen veranstalteten Weltausstellung traten auf
Einladung der belg. Negierung die erschienenen Ver-
treter der Eisenbahnen anderer Länder zu einer ge-
meinsamen Beratung darüber zusammen, "welche
Verbesserungen im Bau und Betrieb der Eisenbah-
nen herbeizuführen sein möchten". Auf Antrag des
Vertreters der brasil. Negierung beschloß der "Kon-