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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Eisenbrücken
Bei den Bogenbrücken, die sich durch gefällige ^
Form auszeichnen, werden die Hauptträger eben- ^
falls entweder als vollwandige Vlechträger oder
als Fachwerkträger ausgeführt. Zur Vermeidung
von ungünstigen und auch fchwer berechenbaren
Spannungen, die ein Vogenträger schon durch Tem-
peraturveränderungen dann erleiden würde, wenn
sich feine Enden mit breiten Flächen fest gegen die
Pfeiler stützten, führt man feine Widerlager, Käm-
pfer genannt, als Gelenke aus und bringt oft auch
im Scheitel ein Gelenk an.
Über Hängebrücken f. d.
Als erste Eisenbrücke gilt die Buildwasbrücke bei
Coalbrootdale über den Severn, die 1773-79 von
Telford erbaut wurde. Sie ist eine Bogenbrücke,
deren Träger nach Art eines Gewölben aus guß-
eisernen Vogensegmenten zusammengesetzt sind. In
Deutschland wurde eine solche Brücke mit 13 in
Spannweite 1794 zu Malapane bei Oppeln er-
richtet; weitere Beispiele dieser ältesten Konstrul-
tionsform sind die 1814 von Rennie erbaute Soutd-
waridrücke (73 ni Spannweite) üder die Themse in
London, die 1851 eingestürzte Kinzigdrücke dei Offen-
burg und als eine der letzten größern Gußeifcn-
brücken überhaupt die 1860-62 erbaute St. Louis-
Bogendrücke in Paris mit 64 in Spannweite. Die
erste schmiedeeiserne Bogenbrücke ist die kleine 1808
über den Crou bei Saint Denis gebaute von 12 in
Weite. Eine fernere Anwendung des Schmiede-
eisens auf Bogenbrücken geschah erst in den fünf-
ziger Jahren. Sie besitzen meist wie die bei Saint
Denis vollwandige Blechträger und feste Kämpfer,
wie die fast gleichzeitig entstandenen Bogenbrücken:
Aarebrücke bei Ölten/Arcolebrücke in Paris (80 m)
und Ardechcdrücke bei St. Just; ferner die Rhcin-
brücke bei Konstanz, die Rohrbachbrücke der Gott-
hardbahn. Fachwerlsdogenträger mit festen Enden
zeigen unter andern die Schwarzwafferbrücke und
die Kirchenfeldbrücke in Bern (letztere auf Tafel:
Eifenbrücken I, Fig. 2 dargestellt), ferner die
Straßenbrücke über den Douro bei Oporto (170 in
Spannweite) fowie die Mifsissippibrücke zu St. Louis,
1868-74 (im Bau dargestellt auf Taf. 111, Fig. 2);
sie hat drei Offnungen, von denen die mittlere
158,5 in, die beiden andern 153 in messen, und trägt
zwei Bahnen übereinander, die obere für Straßen-,
die untere für Eisenbahnverkehr; die Gurte der Vogen-
träger sind aus Stahlröhren gebildet. Kämpfergelenke
besitzt schon die 1858 vollendete Eisenbahnbrücke über
den Kanal Saint Denis. Spätere größere Ausfüh-
rungen in Frankreich sind unter andern der Viadukt
de l'Erdre (95 m) und der Garabitviadukt (165 m);
in Deutfchland die Eisenbahndrücke über den Rhein
zu Koblenz (Taf. 111, Fig. 1), die Straßenbrücke über
den Rhein bei Mainz, die Kupfergrabenbrücke der
Berliner Stadtbahn u. a. Die erste Anwendung des
Scheitelgelenks zeigt die von Hermann 1864 erbaute
Bogendrücke über den Wienfluß bei Wien und 1865
die Iinterspreedrücke in Berlin. Neuere Ausführungen
sind die Brücke über die Oker in Braunschwelg, die
Tegethofsbrücke in Wien, mehrere Brücken der Ber-
liner Stadtbahn u. a.
Die Balkenbrücken, die der Zeit nach den
Bogen- und Hängebrücken nachfolgen, treten erst
mit dem Erscheinen der Eisenbahnen auf. Bei den
ersten engl. und deutschen Bahnen wurden guß- !
eiserne Vallcnträgcr zu Wegeüberführungen ange- !
w^v^. Dks Guhe^en wurde jedoch frühzeitig als ^
Material zu Valtenträgern für untauglich befunden, >
da es namentlich den Zugspannungen, die im Unter-
gurt jedes Vallenträgers auftreten, und den Stößen
nicht gewachsen war; man ging zum Schmiedeeisen
über und konstruierte anfangs die Träger aus zwei
mit den Füßen zusammengenieteten Eisenbahn-
schienen. Dann folgten die gewalzten I-Träger
und genieteten Blcchträger, die früher auch zu
großen Spannweiten dienten (Brücke über die Ga-
ronne bei Langon, 74,4 m, erbaut 1855). Die größ-
ten mit vollwandigen Trägern erreichten Spann-
weiten besitzen die Röhrenbrücken (s. d.).
Die ersten Gitterbrücken waren den hölzernen
Lattenbrücken (s. Holzdrücken) nachgeahmt; eine
solche engmaschige Gitterbrücke ist die 1845 erbaute
Royalkanalbrücke der Dublin-Drogheda-Bahn mit
42,7 in Spannweite; es folgten in Deutschland
1850-57 die Weichseldrücke bei Dirschan mit sechs
Öffnungen zu je 121,15. iu (s. Dirschau), 1857 die
Nogatbrücke bei Marienburg mit zwei Öffnungen
zu je 97,7 m (gegenwärtig durch einen Neubau er-
! fetzt), 1858 die Kinzigbrücke bei Osfcnburg mit 60 m
! Spannweite (f. Taf? II, Fig. 3), 1860 die Nhein-
brücken zu Köln (vier Öffnungen zu je 98,2 m) und
! zu Kehl (drei Öffnungen zu je 56 m). Bei den ge-
nannten Gittcrbrücken bestanden die Gitterstäbc
^ sämtlich aus Schmiedeeisen, während es damals
^ auch Systeme von Gitterdrücken gab, bei denen der
> Obergurt sowie die auf Druck beanspruchten Stäbe
! aus Gußeisen bestanden. Von diesen Systemen hat
^ namentlich das ausschließlich in Österreich benutzte
! Schifkornsystem zahlreiche Anwendung erfahren,
' bis 1868 durch den Einsturz eines Feldes der Pruth-
^ brücke bei Czernowitz das Vertrauen in dieses System
nachlieh und man nun ganz vom Gußeisen absah.
Durch besondere Länge zeichnen sich die Hudsonbrücke
! bei Poughkeepsie (s. Taf. 11, Fig. 2) und die neue
! Taybrücke aus. Die erstere hat eine Spannweite von
! 159 in und ist jetzt durch eine Auslegerbrücke erfetzt.
! Die letztere (auf Taf. I, Fig. 1 adgediloet) ist gegen-
wärtig 3286 in lang und besitzt 85 Öffnungen von
15 bis 74,7 m, deren meiste durch Parallelträger,
einige auch durch Halbparabelträger überspannt
sind. An ihrer Stelle stand die alte im Dez. 1879
vom Sturme eingerissene Taybrücke, ebenfalls Git-
terbücke mit 89 Öffnungen und 3250 m Länge.
Der Parabelträger wurde schon 1837 von
Hoffmann und Madersdach eingeführt und erhielt
als Linfenträger eine großartige Anwendung in der
1854 von Vrunel erdauten Tamarbrücke der (5or-
nishdahn bei Saltash; die Spannweite beträgt
138,7 m, der Obergurt ist röhrenförmig und 5,2 in
hoch, der Untergurt kettenförmig. Noch größere Öff-
nung (150m) zeigt der Halbparabelträger der
Lekdrücke dei Kuilendurg (1863-68), die längere Zeit
die größte mit Balkenträgern erreichte Spannweite
repräsentierte (s. Taf. II, Fig. 1). Neuern Datums
(1875-78) ist die Waaldrücke bei Nymwegen nüt
drei Öffnungen zu je 127 in, die Nordbahnbrücke
bei Wien, die Elbedrücken bei Meißen und Schan-
dau, Trisanaviadukt der Arlbergbahn u. a. Der
Paulische Träger kam seit 1857 insbesondere in
Bayern zur Ausführung und hat in der Nhein-
brücke bei Mainz (101,2 m) ein hervorragendes Vei-
fpiel. Schwedlerträger, zuerst bei der Weser-
brücke zu Corvei 1863 angewendet, finden sich bei
den Eldebrücken bei Tangermünde (65,9 m), bei
Lauendnrg (100,5 m), bei Magdeburg (62,8 m). Der
Lohsesche Träger kam bei den beiden bei Ham-
burg und Harburg über die Elbe führenden Eisen-