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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Elzevier
als Buchbinder in Antwerpen (gleichzeitig mit Chr.
Plantin), floh als Protestant bei Albas Ankunft
(1567) nach Wesel, kehrte dann nach Douai zurück
und ließ sich schließlich 1580 in Leiden nieder. Mit
der Buchbinderei verband er bald einen Buchhandel,
erhielt 1586 die Stelle eines Universitätspedells
und erwarb 1594 das Bürgerrecht. 1583 schuldete
er dem Chr. Plantin 1270 Fl. für gelieferte Bücher
und muhte ihm dafür seine beiden Häuser verpfän-
den. Das in diefem Jahre erschienene Werk
"<!. I)ru8Ü Edraicaruin HUN68ti0iiuni, 8iv6 HUk68tio-
uuni ac r68i)0ll8ioiiuN lidri ciuo" nennt ihn nur als
Verkäufer. Sein erster Verlagsartikel ist der 1592
von P. Merula herausgegebene Eutropius. Von
da an nahm sein Verlagsgeschäft an Umfang und
Erfolg zu, und bis zu feinem Anfang Febr. 1617
erfolgten Tode verlegte er noch etwa hundert Werke,
einige davon in Gemeinfchaft mit andern Personen;
mehrere sind Titelauflagen. Sein VerlegerZeichen
war zuerst ein Engel mit einem Buch in der einen
und einer Fackel in der andern Hand, fpäter ein
Adler auf einerSäule,in den Klauen ein Bündel mit
sieben Pfeilen haltend und mit der Umschrift: t^on-
eoräia ro8 Mrvae er68cuQt (die Devise der Holland.
Republik). Seit 1595 besuchte er regelmäßig die
Frankfurter Mesfe, wo er nicht bloß feine eigenen
Verlagswerke, sondern auch die Bücher anderer
Verleger feilbot und dadurch den wissenschaftlichen
Verkehr zwischen Holland und Deutschland vermit-
telte; auch mit andern Städten, besonders Paris,
unterhielt er regelmäßige Verbindungen.
Von seinen sieben Söhnen wendeten sich fünf
dem Vuchhändlergewerbe zu: 1) Matthias, geb.
1564 oder 1565 zu Antwerpen, war im väterlichen
Geschäft thätig, das er nach des Vaters Tode mit
seinem Bruder Vonaventura fortführte; 1607 wurde
er ebenfalls Pedell der Universität. Er trat seinen
Anteil am Geschäft 1622 an feinen Sohn Abraham
ab und starb 1640. 2) Ludwig II., geb. 1566 oder
1567, errichtete 1590 eine Buchhandlung im Haag
und starb dort etwa 1621. Das Geschäft wurde
von der Leidener Firma übernommen und durch
Jakob E., einen Sohn des Matthias, fortgeführt.
3) Agidius (Gilles), welcher zeitweilig feinen Bru-
der Ludwig unterstützt und vertreten zu haben
scheint, wird 1598-99 als Leiter der Buchhand-
lung im Haag genannt; später wandte er sich an-
dern kaufmännischen Geschäften zu und starb 1651.
4) Iodocus (Ioost), geb. 1575 oder 1576, wurde
Bürger und Buchhändler in Utrecht, wo er etwa
1617 starb. Von seinen vier Kindern wurde das
älteste, Ludwig III., der Gründer des Amsterdamer
Hauses; ein Enkel, Peter, betrieb 1667 - 75 den
Buchhandel in Utrecht. 5) Bonaventura, geb.
1583, machte für das Geschäft feines Vaters zahl-
reiche Reifen ins Ausland, wurde frühzeitig Ver-
leger und übernahm nach des Vaters Tode mit
Matthias das Geschäft, das er, als Matthias zu-
rücktrat, mit defsen Sohn Abraham fortführte.
Die Buchdruckerei, welche den Ruhm der Fa-
milie E. wefentlich erhöhte, wurde von Matthias'
zweitem Sohn Isaak (geb. 11. März 1596) ge-
gründet, der durch seine Verheiratung zu einem
selbständigen Vermögen gekommen war. Er erhielt
1620 die Stelle eines akademischen Buchdruckers
in Leiden, welche bis 1712 bei seiner Familie ver-
blieb, und erwarb die orient. Typen des 1624 an
der Pest gestorbenen Professors Thomas van Erpen
(Erpenius). Für die Verpflichtung, einen Orientali-
sten als ständigen Korrektor zu halten, bezog er von
der Universität eine ansehnliche jährliche Unter-
stützung. Als Druckcrzeichen führte er meist eine
Ulme, welche von einem Nebstock voll Trauben um-
schlungen wird und neben der ein Einsiedler steht;
die Devise lautet: ^"n 8o1u8. Ende 1625 verkaufte
er seine Druckerei an seinen Oheim Vonaventura
und seinen Bruder Abraham für 9000 Fl. und trat
in den Marinedienst. Er starb 1651.
Im Besitz dieser Druckerei begannen Bonaventura
und Abraham E. (geb. 4. April 1592), auf welche
auch die Stellung als Univcrsitätsbuchdrucker 1626
überging, ihre beliebten und zum Teil noch heute sehr
geschätzten Ausgaben: so die Sammlung der kleinen
"Republiken", d. h. statist. Nachrichten über verschie-
dene einzelne Länder, die Duodezausgabe der lat.
Klassiker und die Ausgabe der modernen Schrift-
steller. Die Handlichkeit und Billigkeit diefer gleich-
mäßig ausgestatteten Duodezausgaben, von denen
ein Band mit etwa 500 Seiten für einen Gulden
geliefert wurde und neben denen die Offizin auch
Werke in grösierm Format lieferte, fand fast allge-
meinen Beifall, zumal der feine Schnitt der vettern,
der reine Druck und das schöne Papier, meist auch
die auf den Tert verwandte Sorgfalt volles Lob
verdienten. Die fchönsten Erzeugnisse ihrer Presse
sind die Ausgaben des Livius, Tacitus, Plinius,
Cäsar und Virgil (1634-36). Die Leitung der
Druckerei lag besonders in den Händen Abrahams,
während Bonaventura die Verlagsgeschäfte und
den Buchhandel leitete. Die Firma stand mit vielen
auswärtigen Städten in Verbindung; als ihr lit-
terar. Beirat fungierte der berühmte Gelehrte Da-
niel Heinsius, der auch die lat. Einleitungen und
Dedikationen ihrer Werke schrieb. Nicht wenige
Werke ließen sie aus Vorsicht unter falscher Firma
erscheinen. Bonaventura und Abraham starben
turz nacheinander, ersterer 17. Sept., letzterer
14. Aug. 1652. Ihre Nachfolger wurden Johann
E. (geb. 22. ^j Febr. 1622), Abrahams Sohn, der
wohl schon mehrere Jahre in dem Gefchäft gewirkt
hatte, und Daniel (geb. im Aug. 1626), Bonaven-
turas Sohn, welche die Vuchdruckerei und die Buch-
handlung in gleicher Blüte erhielten. Ihre schönsten
Werke sind "D6 iinit^tions ()1iri8ti" ohne Datum
und das "I^Hiterium" von 1653. Im I. 1654
trat Daniel aus und siedelte 1655 nach Amsterdam
über; Johann führte das Gefchäft bis zu seinem
Tode (8. Juni 1661) nicht ohne Schwierigkeiten
allein fort, worauf es feine Witwe Eva, geborene
van Alphen, für sich und die Erben übernahm.
Solange sie an der Spitze des Gefchäfts blieb, war
sie bemüht die früher eingeleiteten Unternehmungen
zu Ende zu führen, jedoch außer stände, die Firma
auf der alten Höhe zu erhalten. Noch vor ihrem
Tode (1695) trat sie 1681 das Geschäft ihrem zwei-
ten Sohn Abraham (geb. 5. April 1653) ab, der
zugleich eine jurist. Praris betrieb. Dadurch kam
die Druckerei so herab, daß sie nach seinem 30. Juli
1712 erfolgten Tode um den geringen Preis von
2000 Fl. verkauft wurde.
Das Amsterdamer Geschäft wurde durch Lud-
wig III., ältesten ^ohn des Ioost, gegründet.
Derselbe war 1604 in Utrecht geboren, kam nach
seines Vaters Tode zu seinen Verwandten nach
Leiden, wo er studierte und sich sowohl im Buch-
handel wie in der Typographie praktische Kennt-
nisse erwarb. Nachdem er für das Leidener Haus
eine längere Gefchäftsreise nach Italien unternom-