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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Familienschluß - Famine
Familienfchluß, der unter Leitung und Ge-
nehmigung des Gerichts zu stände gekommene Be-
schluß über die Veränderung der Stiftungsurkun-
den bei Familienstiftungen, Familienftde'ikommissen
und Lehen, über die Veräußerung des Gegen-
standes dieser und über die gänzliche Aufhebung
der Stiftung oder des Familienside'ikommifses
seitens der zu der berechtigten Familie gehören-
den Mitglieder. Der Zweck eines F. ist, die Ver-
hältnisse, welche an sich der Einwirkung dnrch
andere Personen entzogen sein sollen, umzuge-
stalten, wenn dies dem veränderten Interesse der
Familie oder den veränderten Zeitverhältnissen
entspricht, und sogar das Rechtsverhältnis auf-
zulösen, sofern es dem beabsichtigten Ziele nicht
mehr zu dienen vermag. Der Ausdruck F. fin-
det sich im Preuß. Allg. Landr. II, 4 und in dem
prcuß. Gese.tz vom 15. Febr. l840 über F. bei
Familienfideikommissen, Familienstiftungen und
Lehen. Das letztere Gesetz bestimmt die Zusam-
mcnberufung aller zu einem Termin und tennt
sogar den Verlust des Widerspruchrechts im Falle
des Ausbleibens in diesem Termin. Die übrigen
geltenden Rechte verlangen, insbesondere zur Auf-
lösung eines Familienside'l'kommisses, den einstim-
migen Beschluß aller Beteiligten, meist auch eine
Genehmigung durch das Gericht oder gar des Lan-
desherrn; mitunter müssen noch weitere Voraus-
setzungen erfüllt sein, z. B. in Sachsen und Sachsen-
Weimar, daß das Fide'i'kommiß wenigstens schon
in die dritte Hand gekommen ist und der derzeitige
Inhaber mindestens im dritten Grade der Ver-
wandtschaft von dem Stifter entfernt ist. Vgl. z.B.
Hess. Gesetz von l858, Bayrisches Editt 92 - 96,
Vadisches Landr. Satz 577 ^^, <^, braunschw. Gesetz
von 1858, anhält. Gesetz von 1870, Sächs. Bürgerl.
Gesetzb. A 2538, 2539, 2541, Weimar. Patent von
1826. - Vgl. Stobbe, .yandbuch des deutschen Pri-
vatrechts, Bd. 2 (2. Aufl., Berl. 1883), ß. 140, VII:
von Miaskowski, Das Erbrecht und die Grundeigen-
tumsverteilung im Deutschen Reiche, Abteil. 2
(Lpz. 1884), S. 42, 43.
Familienstand, die Rechtsstellung zu einer
Familie, besonders soweit sie einen Einfluß auf die
Handlungsfähigkeit (s.d.) haben kann, z.B. also ob
eine Frauensperson unverheiratet oder ob sie ver-
heiratet ist und deshalb nur mit Zustimmung ihres
Ehemanns sich rechtsgültig verpflichten kann, od
jemand selbständig und deshalb, wenn er volljährig
ist, sich verpflichten kann, oder ob er Hauskind und
als solches, wenn er minderjährig ist, durch den
Vater vertreten wird, sodah ihm nicht ein Vormund
zu bestellen ist. Nach dem Deutschen Entwurf, ß. 1556,
soll die elterliche Gewalt über einen Minderjährigen,
dessen F. nach der Feststellung des Vormundschafts-
gerichts nicht zu ermitteln sst, mit Ausnahme der
elterlichen Nutznießung bis zu dem Zeitpunkt ruhen,
in welchem der F. bekannt geworden ist. Der Satz,
daß ein eheliches Kind nur mit Einwilligung seines
Vaters oder seiner Mutter, ein uneheliches Kind
nur mit Einwilligung seiner Mutter an Kindesstatt
angenommen werden kann, §. 5610, soll keine An-
wendung finden, wenn der F. nicht zu ermitteln ist,
wie z. B. bei Findelkindern.
Familienstiftung, die Widmung eines be-
stimmten Vermögens zum dauernden Vorteil der
einzelnen nacheinander in das Leben tretenden Mit-
glieder einer gewissen Familie oder einzelner Ange-
höriger der Familie. Unerheblich ist, ob vorge-
schrieben ist, daß die für den Stiftungszweck be-
stimmten Vermögensgegenstände selbst oder deren
Wert dauernd zu erhalten ist. Vorzugsweise werden
in dieser Gestalt zugewendet bestimmte Hebungen
für alle oder gewisse (z. B. arme) Familienmit-
glieder, Ausstattungen für weibliche Mitglieder,
Zubußen für studierende Söhne u. dgl. Es ist
oft schwer, namentlich bei der Fassung der Ur-
kunden, festzustellen, ob eine F. oder ein Familien-
fide'ikonnnift (s. d.) vorliege. Das Preuß. Allg.
Landr. II, 4, §§. 21 fg. umschreibt F. als "An-
ordnung, durch welche jemand gewisse.Hebungen
von bestimmten Grundstücken oder Kapitalien für
eine Familie ausfetzt oder anweist, oder die Auö-
übung gewisser Vorrechte und Befugnisse einer
Familie verschafft oder zueignet" und unterscheidet
davon als Familienfide'ikommiß, "wenn verordnet
ist, daß ein gewisses Grundstück oder Kapital....
bei einer Familie verbleiben soll", überwiegend
wird in der Wissenschaft der Unterschied darin ge-
sucht, daß F. vorliege, wenn die Auordnung einer
festen Rechtsnachfolge nicht beabsichtigt sei, und
wenn den einzelnen Beteiligten ein persönlicher An-
spruch gegen die Stiftung, nicht ein unmittelbares
dinglichem Recht an dem gewidmeten Vermögen zu-
stehen soll. Das Preust. Ällg. Landrecht hat allein
von den neuern Gesetzbüchern die F. eingehend ge-
regelt. Danach soll die F. durch einseitige Ver-
fügung unter Lebenden oder durch letztwillige Ver-
fügung errichtet werden können. Die Stiftung foll
von dem Verfügenden oder von dem Vorsteher der
Familie dem ordentlichen perfönlichen Richter des
Stifters vcrlautbart und von diesem bestätigt wer-
den. Nach der Prüfung und Bestätigung kann der
Stifter selbst nichts me'or ändern. Die Verwaltung
soll nach den in der Urkunde enthaltenen Anwci^
snngen des Stifters geführt werden. Auch für die
F. forgt das preuß. Gesetz vom 15. Febr. 1840, daß
durch Familienschluß (s. d.) Änderungen oder sogar
die Aufhebung erfolgen können. - Vgl. Hinschius
invonHoltzenoorffs "Rechts-Lerikon",Bd. 1 ß.Aufl.,
Lpz. 1880); Motive zum Deutschen Entwurf 1,124
und zum Einführnngsgesetz <^. 158, 159; Stobbe,
Handbuch des deutschenPrivatrechts, Bd. 1 (2. Aufl.,
Verl. 1882), S. 513; Neubauer, Zusammenstellung
des in Deutschland geltenden Rechts, betr. Stamm-
güter u. s. w. (ebd. 1879), ^. 1 fg.
Familienwohnhäuscr für Arbeiter, s. Ar
beiterwohnungen (Bd. 1, S. 818 n).
I'a.iniliersinVnt (frz., spr. -liärmäng), vertrau-
lich, ungezwungen, frei.
Familiften (I^milia. HaiittUiä, Liebesbrü-
derschaft; holl. lluig äer I^LtVIch, religiöse Sekte
mystischer Richtung, kam im 16. Jahrh, in Holland
und England auf. Ihr Stifter, .Heinrich Niclaes,
geb. um 1501 zu Münster, ein Schüler des David
Joris (s. d.), wirkte in den bedeutendsten Städten
der Niederlande, dann 20 Jahre in Emden, vorüber-
gebend auch in England, wo Elisabeth 1580 seine
Schriften verbrennen ließ, und starb in den siebziger
Jahren des 16. Jahrb., nachdem er auch litterarisch
sebr thätig gewesen. Gegen Glaubenssätze und kirch-
liche Ceremonien gleichgültig, sah er das Wesen der
Religion in der Liebe. Die F. verschwanden um die
Mitte des 17. Jahrh. - Vgl. Nippold in der "Zeit-
schrift für die histor. Theologie" (Gotha 1862).
Familiftere (frz., spr. -stähr), s. Phalanstere.
Famine (spr. fämmin), Port, Hafen an dem
Famine-Reach genannten Teile der Magalhaes-