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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Farbenzerstreuung - Farbepflanzen
wohl wie Malaien verstehen die Kunst, die Farbe des
Gesieders der Papageien, sei es durch da^ Futter
oder durch äußerliche Behandlung der Haut, zu ver-
ändern. Häufig sind Farbenveränderungen mit dein
verschiedenen Alter verbunden: Iugendkleider sind
oft (z.V. schwarze junge Füchse, junge gestreifte
Löwen, Schweine, gefleckte junge Damhirsche, Hüh-
ner, Enten u. s. w.) ganz anders gesärbt als die der
erwachsenen Tiere. Die Prachtfarben der männ-
lichen Vögel entwickeln sich erst mit der eintretenden
geschlechtlichen Neife, bei vielen Säugetieren, auch
beim Menschen, verlieren die Haare mit zunehmen-
dem Alter, gelegentlich auch durch Krankheiten, ibr
Pigment, werden weiß. Ob ein plötzliches Ergrauen
durch Schreck wirklich vorkommt, scheint indessen
zweifelhaft. Ein Verfärben (auck ohne Haar- oder
Federwechsel) nach der Jahreszeit ist häufig:, viele
Tiere erhalten im Winter ein anderes Kleid, nor-
dische und alpine Tiere werden weiß, während sie
im Sommer farbig sind, bei vielen Vögeln erhalten
die Männchen während der Fortpflanzungszeit be-
sondere Färbungen, sog. Hochzeitskleider, welche
auf Mauserung beruhen können, aber nickt immer
beruhen muffen. So färben sich beim männlichen
Hänfling die Vrusifedern rot ohne Neubildung, das
Gefieder der Pelikane, Möven u. s. w. überzieht
sich mit einem rosigen Hauch, der fpäter ohne Feder-
verluft verfchwindet.
Andere F. werden aber durch Nervenreize tem-
porär erzeugt, dürften aber wohl alle keine aktiven
Äußerungen der Nerventhätigkeit, sondern bloße Re-
flererfch einungen fein. So vollzieht sich das Er-
röten und Erblassen gewifser Hautpartien beim
Menschen, vielen Säugetieren und Vögeln unter
Erweiterung oder Verengung der Hautkapillaren
zufolge der Erregung des sympathischen Nervs, aber
unabhängig vom Willen. Viele Kopffüßler, Fifche
(Schollen, Butten, auch Forellen), Fröfche, Cbamä-
leons und andere Eidechfen ändern ihre Färbung
nach Gemütsftimmung, Beleuchtungsgrad oder anch
Färbung der Umgebung. In letzterm Falle ist die
Vermittelung des Gesichtsorgans nicht zu leugnen:
geblendete Schollen reagieren nach den Untersuchun-
gen Pouchets nicht mehr durch F. auf die Farben
der Umgebung. Aber damit ist noch nicht gesagt,
daß deshalb der Vorgang ein willkürlicher ist:
das Auge empfängt allerdings den Farbeneindruck
der Umgebung, teilt ihn dem Gehirn mit, und diefes
reagiert, aber unbewußt, durch den fympathischen,
teilweise auch durch den herumschweifenden Nerv.
Wenn Pouchet gewisse Aste der Hautnerven durch-
schuitt, hörte die Veränderung der Farbe in den
von ihnen verforgten Hautpartien auf. Ein das
Schamgefühl verletzender oder das Entfetzen erregen-
der Anblick oder Äusspruch läßt den Menschen er-
röten und erbleichen gleichfalls zufolge einer vom
Willen unabhängigen Nervenauslösung. Bei den
eben namhaft gemachten Tieren beruht die Verfär-
bung nicht auf Vorgängen in den Hautkapillaren,
sondern auf der Bewegung gewisser Zellen der
Haut,fog. Chromatophoren (grch., Farbenträger
oder FarbstofszeUen). Diese Zellen liegen oft in
mehrern Schichten übereinander in der Haut, haben
einen farbigen Inhalt und sind stark kontraktil, dock
treten nicht, wie man früher meinte, feine Muskel-
bündelchen an sie heran und regulieren das Spiel
ihrer Bewegung, sondern sie empfangen unmittel-
bar feinste Nervenfäferchen. In der Ruhe sind sie
zusammengezogen und die Farbe ihres Inhalts
kommt nickt zur Geltung', tritt indessen die ent-
sprechende Erregung durch den Hautnerven auf, fo
erweitern sie fich beträchtlich und übermalen ge-
wissermaßen mit ihrem dunkeln Inhalte den Hel-
lern Untergrund. Durch das Wechfelfpiel diefer
kontrattilcn Chromatophoren treten dann einzelne
Farbentöne hervor, während andere abblassen, und
bei besonders empfindlichen Tieren stellen sich diese
Änderungen mit großer Schnelligkeit ein.
Farbenzerstreuung, s. Dispersion.
Farbepflanzen, die Pflanzen, aus denen in
der Industrio verwertbare Farben gewonnen werden.
Früher war die Zahl derselben eine viel größere als
jetzt, und die Kultur einiger davon, die besonders
wichtig für die Färberei waren, hatte in manchen
Bändern große Bedeutung für die Landwirtfchaft
gewonnen. Seitdem jedoch die Teerfarbstoffe aus-
gedehnte Vcrwendnng gefuuden haben, ist die Kultur
der F. sehr zurückgegangen. Diejenigen F., die auch
jetzt noch sür die Färberei wichtig sind, gehören fast
sämtlick den anßcreurop. Florengcbieten an.
Die Farbstosse finden fich in den verschiedensten
Teilen der F. Im Holz sind sie enthalten bei den
sog. Farbhölzern ls. d.).
Von einigen Pflanzen werden bloß die unterirdi-
schen Teile zum Färben benutzt; zu diesen gehören
vor allem die Färberröte oder Krapp, Nudia.
tinctoi'nm ^. (f. Tafel: Nubiinen, Fig. 4). Der
fog. lev an tinifche Krapp, auch Lizari oder Ali-
zari geuannt, wird Vorzugsweife in der Levante,
aber auch in der Provence kultiviert, er stammt von
Nndia. p6i'6^i'iim I>. Außer diesen beiden Arten
liefern noch einige andere derfelben Gattung, wie
z.B. die ostind.i^udiHNnujigtll, lio^rb. und Oläen-
lauäik nmdoiwtll. ^. (Chayavar oder Ghe), Wur-
zeln, die zum Notfärben dienen, doch find diese im
europ. Handel kaum von Bedeutung. Von einer
andern Pflanze aus der Familie der Rubiaceen
wird ebenfalls die Wurzel zum Not- und Orange-
färben benutzt, nämlich von der ostind. Norinäa
citvilolia, ^.; allerdings ist auch diese Farbeware für
die europ. Industrie belanglos, sie verdient immer-
bin Erwähnung, weil sie in Indien eine ausgedehnte
Verwendung zum Färben von Zeugen findet. Ferner
gebort hierher die fog. Alkannawnrzel sf. d.), von
^.IkHunH twctoi-iH ^Vm5c/t (f. Tafel: Tubifloren,
Fig. 6), aus Ungarn und Frankreich. Von der in Oft-
indien, Ceylon, Java und neuerdings auch in West-
indien kultivierten Oircuing. lon^a I.. kommt die sog.
Curcumewurzel (f. ^ureuma), die einen gelben
Farbstoff enthält und hauptfächlich zum Färben von
Znckerwerk, Liqucurcn u. s. w. benntzt wird. Die
Blätter von Zissnonia. (Hiea. Änmi). liefern das
Chicarot, die jungen Triebe von ^inorpliH t'i'uti-
co8^ 2^. den fog. Bastard-Indigo.
Unter den Pflanzen, von denen die Blüten oder
einzelne Vlütentcile zum Färben gebraucht werden,
sind hauptsächlich zu nennender Saflor, c^rtkk'
mu3 tiuotoi-iuZ /v. sf. Tafel: Aggregaten I,
Fig. 2) und die Safranpflanze, (^roous 8kti-
vn3 L. (s. Tafel: Liliifloren, Fig. 3).
Von hervorragender Bedeutung für die Industrie
sind diejenigen Pflanzen, welche Indigo (f. d.)
liefern; es gebort hierher vor allem die Indigo-
pflanze, InäiFofora. tiuetoi'ia, ^. (f. Tafel: Le-
guminosen I, Fig. 2), die besonders in Indien,
Java, Amerika angebaut wird. Ferner sind noch
einige Pflanzen aus andern Familien zu erwähnen,
die gleichfalls Indigo oder indigoähnliche Farbe-