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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Festungen
75.-
1--------5d
Ziernach sind bei Landfestungcn zu unterscheiden:
1) F., die außer der Kernumwallung noch eine
vorgeschobene, durch einen Fortsgürtel gebildete
selbständige Verteidigungslinie haben: Forts-
festungen (s. d.).
2) F., die nur eine ge-
schlossene Verteidigungs-
linie bilden: F. mit einer
Umwallung.
3) Sperrforts (s. d.).
Hier soll nur das allge-
meine Bild einer Festung
> mit einfacher zusam-
5" menhängender Um-
^__^ Wallung entworfen wer-
^ den. Einer derartigen Um-
^ Wallung wird ein mehr oder
; weniger regelmäßiges P 0 -
^ lygon zu Grunde ge-
legt, dessen einzelne Seiten
(Fronten) in verschiedenen
Grundrißformen angeord-
net werden können. Inder
geschichtlichen Entwicklung
des Fcstungsbaues treten
drei charakteristischeGrund-
rißformen hervor: der ba-
stionierte, der tenail-
lierte und der polygo-
nale Grundriß (s. diese
Artikel). Die mögliche
L ä n g e der einzelnen Fron-
ten ist abhängig von der
aus der Grundrißanord-
nung sich ergebenden Länge
derDefenslinien (s. d.).
Die zusammenhängende
Umwallung braucht nicht
gleichförmig auf dem
ganzen Umfange angelegt
zu werden, vielmehr ist eine
durchdachteGlicderung und
Abstufung der Stärke je
nach den örtlichen Verhält-
nissen schon aus ökono-
mischen Gründen zweck-
mäßig. Da, wo ungang-
bares oder für Angrisfsar-
beiten ungeeignetes Vor-
feld eine planmäßige Be-
lagerung unmöglich macht
(Nebenfronten), genügen
Festungswerke in einfach-
ster Form. Der Grundriß
wird in polygonalen oder
auch bastionierten Fronten
geführt; der Wall wird
nur fo hoch gemacht, daß
er eine gute Bestreichung
des nähern Vorgeländes
ermöglicht. Die Brustwehr
bekommt, weil eine plan-
mähige Beschießung un-
wahrscheinlich, nicht über
6 in Stärke und nur vereinzelte Traversen; artilleri-
stische und Schutzhohlräume legt man nur in geringer
^ahl an. Der Graben erhält das einfachste Profil
zur Erreichung der Sturmfreiheit. Man wird hier
noch vielfach die frühern Einrichtungen finden, wie
^..-^
freistehende Hindernismaucrn an der Eskarpe (s. d.),
tote oder verteidigungsfähige Entlastungsmauern an
der Kontereskarpe (s. d.) sowie Eskarpenkaponnieren
(s. Kaponniere). An Stelle des gedeckten Weges
findet sich auf diesen Nebensronten bisweilen nur ein
Rondengang. Die nach Lage der Ortlichkeit einem
förmlichen Angriff ausgesetzten Fronten (Haupt-
fronten) dagegen werden stärker angeordnet. Die
Grundrißform des Walles erfordert hier polygonale
Fronten mit stumpfen Polygonwinkeln, um ein über-
wältigendes Feuer auch von den Nachbarlimcn auf
das Angriffsfeld abgeben zu können. Im Aufriß ist
der Wall zur größern Wirksamkeit des Geschützfcuers
mit einzelnen besonders beherrschenden Anlagen
(Kavalieren, s. d., Panzertürmen) zu versehen und
durchweg zu traversieren. Da hier eine planmäßige
Beschießung zu erwarten ist, so erhält die Brustwehr
7 m Stärke, auch sind artilleristische Hohlräume
(s. Hohlbauten), Hohltraversen (s. d.) u. dgl. in größt-
möglicher Zahl und Ausdehnung anzulegen. Der
Graben bedarf eines starken Aufrisses (womöglich
mit Wasserspiel) und der Flankierung aus Revers-
Kaponnieren (s. Revers). Die Festungsthore
werden als Kriegs- und Friedensthore gesondert an-
gelegt. Hinter den am meisten bedrohten Fronten
werden sturmfreie Abschnitte, in einzelnen Werken
Neduits angelegt; ferner in der Kontereskarpe (s. d.)
Minengalerien als Basis zur Führung des unter-
irdischen Minenkrieges (s. d.). Die Sicherung des
nicht unmittelbar thätigen Personals und Mate-
rials der Besatzung muß durch bomben- oder schuß-
sichere Hohlräume hergestellt sein (s. Fig. 1-4).
In Fig. 1 bedeutet ". Geschützbänke, d Nampe und
0 gemauerte Hohlräume. Fig. 2 ist der Querschnitt
^L, Fig. 3: 01), Fig. 4: N5' der Fig. 1.
Übrigens ist es auch für eine Festung mit ein-
facher Umwallung nicht ausgeschlossen, daß die
nach Lage der Örtlichkeit am meisten gefährdeten
Fronten (z. B. Seiten, die nicht durch Überschwem-
mung oder Ansumpfung geschützt sind) durch ein-
zelne vorgeschobene, mehr oder weniger selbständige
Werke (Forts) verstärkt werden können.
In frühern Zeiten unterschied man die F. nach
ihrer Größe in solche erster (z. B. Köln, Mainz,
Posen),zweiter(z.V.Neisse, Glogau) und dritter
Klasse (z. B. Saarlouis, Cosel, Lötzen). Eine der-
artige Klasseneinteilung findet in Deutscbland nicht
mehr statt, sondern man unterscheidet F. mit Ar-
mierung erster Ordnung, deren Kriegsbesatzung
und Artilleriematcrial derartig bemessen ist, daß
die Festung einem förmlichen Angriffe den hart-
näckigsten Widerstand entgegensetzen kann, und F.
mit Armierung zweiter Ordnung, die nur so viel
Besatzung und Geschütze erhalten, daß sie einem
mit den Mitteln der Feldarmee geführten Angriff
mit Erfolg Widerstand leisten können.
Die Gesamtheit aller um den Besitz einer Festung
geführten Kämpfe und Mahnahmen wird unter dem
Ausdruck Festungs krieg (s. d.) zusammengefaßt.
Über die Beschränkungen bei der Bebauung des
Geländes in der Nähe von F. s. Festungsrayon.
Über Küstenbefestigungen s. d.
II. In politisch-strategischer Beziehung als
Stützpunkte der Landesverteidigung. Die
F. sichern den Besitz eines Ortes und den Genuß
aller damit in Verbindung stehenden Vorteile und
hindern den Gegner, sich ihrer zu bedienen. Durch
den von den F. gewährleisteten Ortsbesitz können
eine Reihe wichtiger Aufgaben erfüllt werden: durck