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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Flandern (Graf von); Flandin; Flandrin

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Flandern (Graf von) - Flandrin

Anmerkung: Fortsetzung von [Flandern (Landschaft).]

saßen. Seitdem war der flandr. Graf (denn der Markgrafentitel kam bald ab) sowohl Lehnsmann des Königs von Frankreich für das sog. Kronflandern, wie des Kaisers für das sog. Reichsflandern. Balduins Sohn, Balduin V. (1036-67), wußte nach neuen Kämpfen mit dem Kaiser sich in seinen deutschen Besitztümern zu behaupten und diese noch zu erweitern. Sein Sohn Balduin VI. (1067-71) vereinigte durch seine Heirat mit Reichhilde, der Erbin vom Hennegau, beide Grafschaften. Nach der Schlacht bei Cassel 1071 aber, worin Robert der Friese, Bruder Balduins VI., über dessen Witwe Reichhilde siegte, erhielt Robert F., während Balduin, der Sohn Reichhildes und Balduins VI., sich mit Hennegau begnügen mußte. Auf Robert folgte Robert II., auf diesen 1112 Balduin VII. (genannt mit dem Beil, wegen seiner Strenge gegen die Landfriedensbrecher). Nach dessen kinderlosem Tode 1119 folgte ein Sohn der Schwester Roberts II., der dän. Prinz Karl der Gute, der jedoch schon 1127 ermordet wurde. Auf diesen folgte wieder nach einer kürzern Zwischenregierung Wilhelm Clitons von der Normandie ein anderer Schwestersohn Roberts II., Dietrich von Elsaß. Dessen Sohn und Nachfolger Philipp veranlaßte die Bildung einer besondern Grafschaft Artois, indem er bei der Heirat seiner Nichte Isabella mit dem Könige von Frankreich, Philipp August, dieser als Mitgift den südl. Teil seiner Grafschaft schenkte. Nach Philipp folgte 1191 seine Schwester Mathilde und ihr Gemahl Balduin, Graf von Hennegau, Nachkomme Balduins VI. von Flandern und Hennegau, wodurch diese Grafschaften wieder vereinigt wurden.

Ihr Sohn Balduin IX., der Stifter des lat. Kaiserreichs zu Konstantinopel, hinterließ 1206 zwei Erbtöchter, von denen die eine, Johanna, bis 1244 regierte und kinderlos blieb (ihr Gemahl Ferdinand von Portugal wurde in der Schlacht bei Bouvines 1214 gefangen genommen), die andere aber, Margarete, zubenannt die Schwarze, 1279 Hennegau an ihren Enkel erster Ehe, Johann II. von Avesnes, und F. an einen Sohn zweiter Ehe, Gui de Dampierre (gest. 1305), auch Graf von Namur, vererbte. Der Urenkel des letztern, Ludwig I. von Nevers, war vermählt mit der Tochter des franz. Königs Philipp V., Margareta, Gräfin von Artois, was die Wiedervereinigung dieses Landes mit F. zur Folge hatte, doch mußte Ludwig beim Vertrage von Paris 1323 dem holländ. Grafen die mittlern Inseln von Seeland abtreten. Ludwig geriet in heftige Kämpfe mit der Genter Bürgerschaft unter Jakob von Artevelde (s. d.), beteiligte sich an dem Krieg von Frankreich gegen England und fiel 1346 in der Schlacht bei Crécy. Sein Sohn Ludwig II. von Male hatte den Aufstand der vläm. Städte unter Philipp von Artevelde zu unterdrücken. Durch Margaretes, der Erbtochter dieses letzten Grafen von F., Vermählung mit Philipp dem Kühnen von Burgund kam 1384 F. und Artois an das Haus Burgund und von diesem durch die Heirat Marias mit Maximilian 1477 an die Habsburger. Burgunder und Habsburger erweiterten ihre Besitzungen in den Niederlanden, so daß schließlich Karl V. alle 17 niederländ. Provinzen 1548 zu einem sog. burgund. Kreis vereinigen konnte, nachdem schon 1526 im Frieden von Madrid die Oberlehnsherrlichkeit Frankreichs über Kronflandern und Artois aufgehoben worden war. Im Westfälischen Frieden mußte den Generalstaaten der nördl. Teil F.s abgetreten werden. Im Pyrenäischen Frieden 1659 verlor der damalige Besitzer von Belgien, der König von Spanien, ganz Artois an Frankreich, in den Frieden von Aachen (1668), Nimwegen (1678) und Utrecht (1713) noch bedeutende Strecken von F. Seit 1794 war F. gleich den übrigen belg. Provinzen der franz. Republik und später dem Kaiserreich einverleibt und bildete die Depart. Lys (Provinz Westflandern) und Schelde (Provinz Ostflandern); der Wiener Kongreß aber teilte diese Stücke dem neuen Königreich der Niederlande zu, mit welchem sie bis zur Konstituierung des Königreichs Belgien vereinigt blieben.

Litteratur. Van Praet, Histoire de la Flandre, depuis Gui de Dampierre jusqu'aux ducs de Bourgogne (2 Bde., Brüss. 1828); ders., De l'origine des communes flamandes (Gent 1829); Le Glay, Histoire des comtes de Flandre jusqu'à l'avénement de la maison de Bourgogne (2 Bde., Par. 1843-44); Kervyn van Lettenhove, Histoire de Flandre (3. Aufl., 4 Bde., Brügge 1874); ders., La Flandre pendant les trois derniers siècles (ebd. 1875); ders., Histoire et chroniques des Flandres (2 Bde., Brüss. 1879-80); Warnkönig, Flandr. Staats- und Rechtsgeschichte bis 1305 (3 Bde., Tüb. 1835-39; französisch von Gheldolf, 5 Bde., Brüss. 1835-64).

Flandern, Graf von, nach Verordnung Leopolds I. von Belgien vom 16. Dez. 1840 Titel des zweitgeborenen Sohns des regierenden Königs. Gegenwärtig führt ihn Prinz Philipp (s. d.).

Flandin (spr. flangdäng), Eugène Napoléon, franz. Maler und Archäolog, geb. 15. Aug. 1809 zu Neapel, wo sein Vater Militärintendant in Diensten des Königs Murat war, bildete sich durch Selbstudium und auf Reisen, die er bis nach Algier sowie 1839 bis nach Persien ausdehnte. 1842 nach Paris zurückgekehrt, wurden seine Arbeiten auf Bericht einer Kommission von der Regierung veröffentlicht. Bald darauf sendete ihn die Akademie der Inschriften 1843-45 mit dem Konsul Botta nach Ninive, um hier die neu entdeckten assyr. Ruinen zu zeichnen und die Ausgrabungen in großem Maßstabe fortzusetzen. Die Ergebnisse seiner beiden großen Reisen findet man in den zwei Prachtwerken: "Voyage en Perse" (2 Bde. Text und 6 Bde. Atlas, Par. 1843-54, mit Kupfertafeln) und "Monument de Ninive" (Text von Botta, 5 Bde., ebd. 1846-50, in Fol. mit 400 Kupfertafeln). Er schrieb ferner noch: "Études sur la sculpture perse" (3 Bde., Par. 1842) und "Études sur la Perse moderne" (1842). Ein weiteres von ihm herausgegebenes Prachtwerk: "L'Orient" (Par. 1853-74), umfaßt in drei Foliobänden Asien bis zum Persischen Meerbusen und enthält 150 von dem Künstler selbst lithographierte Blätter. Außerdem veröffentlichte er das histor. Werk "Historie de Chevaliers de Rhodes" (Tours 1864). F. starb 1876.

Flandrin (spr. flangdräng), Hippolyte, franz. Maler, geb. 23. März 1809 zu Lyon, genoß den ersten Unterricht in der Kunstschule seiner Vaterstadt und kam 1829 nach Paris, wo er bei Ingres als Schüler eintrat. Er gewann 1832 den ersten großen Preis der Malerei und das damit verbundene Staatsstipendium für den fünfjährigen Studienaufenthalt in Rom. Infolge seiner aus Rom eingesandten Arbeiten wurde er, nach Paris zurückgekehrt, bald zu umfassenden Arbeiten berufen. Im Auftrage des Pariser Stadtrats besorgte er die Ausmalung des

Anmerkung: Fortgesetzt auf Seite 871.