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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Fortschrittspartei - Fortsfestungen
gen Gang dcr stimmen. Die F. bezieht sich sowohl
auf das Verhältnis von zwei einzelnen stimmen
zueinander, wie auch auf die Bewegung größerer
barmoniscker Massen. Gefetzwidrige Gänge <z. V.
verbotene Quinten- und Oktavenparallelcn) werden
falsche F. genannt.
Fortschrittspartei, Deutsche, Name einer
polit. Partei, die sich 1861 in Preußen aus den
mehr demokratischen Elementen bildete, nachdem die
sog. altlibcrale Partei unter Vincke, die von 1859
bis dahin die Mehrheit im Abgeordnetenbause be-
sessen, mit dem Rücktritt des Ministeriums Auers-
wald und mit der schärfern Zuspitzung des Vcr-
fassungskonflikts (s. Preußen, Geschickte) aufgehört
hatte/die Situation zu beherrschen. Die F. konsti-
tuierte sich 9. Juni 1861 mit einem Programm, in
dem sie neben vielen entschieden liberalen Forderun-
gen in Bezug auf die innere Politik auch eine starke
deutsche Centralgewalt in der Hand Preußens und
' eine deutsche Volksvertretung forderte. Als Führer
der Partei galt Waldeck; neben ilnn wirkten noch
Schulze-Delitzfcb, Löwe-Calbe und Joh. Iacoby,
der hier die äußerste Linke vertrat, sodann einige
Jüngere, wie Forckenbeck und Hoverbeck, die mit
andern meist ost- und westpreuß. Abgeordneten schon
in dem Abgeordnetenhause von 1861 eine mehr links
stehende Fraktion neben der Vinckeschen Partei, das
sog. Iunglitauen, gebildet hatten. Die F. ver-
sügte bald über die Mehrheit im Abgeordnetenhause,
die sie bis 1866 behauptete. Als nach dem Deutschen
Kriege von 1866 das Ministerium Vismarck, durch
Einholung einer Indemnität für die budgetlofe Ne-
gierung, die .Hand zur Versöhnung bot, spaltete sich
die F.: ein Teil trat aus und bildete die National-
liberale Partei (s. d.), während ein anderer Teil auch
jetzt an der Opposition gegen das "Konflittsmini-
sterium" festhielt, die Indemnität verweigerte und
auch bei den Verhandlungen über die Verfassung
des Norddeutschen Bundes meist opponierte.
Die Deutsche F. unterstützte zwar nachher sowohl
im preuß. Abgeordnetenhause als im Reichstage im
allgemeinen die nationale Politik Bismarcks, na-
mentlich gegen die Angriffe der Ultramontanen in
dem sog. Kulturkampfe, verfocht aber rücksichtslos
parlamentarische Principien. Nur ein kleiner Teil
der F. entschied sich deswegen 1874 in der Militär-
frage, wo es sich darum handelte, ob das stehende
Kontingent alljährlich neu bewilligt oder wenigstens
für längere Zeit festgestellt werden sollte, sür das
letztere und trennte sich unter Löwes Führung von
dem Gros der Partei. Der socialen Frage gegen-
über verhielt sich die F. ablehnend, obwohl ein Teil
der angesehensten Führer, wie Franz Zieglcr, Joh.
Iacoby u. a., die Verpflichtung der Gesetzgebung,
den arbeitenden Klassen zu Hilfe zu kommen, un-
umwuuden anerkannte.
Der stark individualistische Standpunkt der F.
kam am schärfsten zur Geltung, seitdem Bismarcl
1870 -mit seinen zollpolit. und socialpolit. Reform-
plänen hervortrat. War ihre früher fo überlegene
Mitgliederzahl bei den Reichstagswahlen vom
30. Juli 1878 auf 26 und bei den Wahlen zum preuß.
Landtage 8. Okt. 1879 auf 34 gefunken, so stieg sie
durch den Zerfall der nationalliberalen Partei bei
den ReichZtag^wahle/l 1881 wieder auf 54, wäbrend
sie bei den Landtagswahlen 1882 im wesentlichen
ihren Besitz behauptete.
Durch das Ausscheiden der ältern Führer, die, wie
Waldeck, Harkort, Löwe, Vergcr u. a., in den schwe-
benden Fragen eine vermittelnde Stellung einge-
nommen hatten, war die Leitung der Fraktion in
die Hände Eugen Richters übergegangen, der seinen
großen Einfluß auf die Partei dazu benutzte, der
Regierung nunmehr grundsätzliche Opposition zu
machen. Er suchte mit allen in gleicher Richtung
sich bewegenden Elementen Fühlung, geriet aber
hierdurch mehrfach zu den Partikularistischen und
ultramontanen Bestrebungen in Beziehungen, die
mit den srühern Traditionen der Partei im Wider-
spruck standen. Dieser Umstand sowohl als die
sckroffe Form des polit. Kampfes, der sich auch gegen
alle abweichenden Schattierungen der liberalen Par-
tei richtete, riefen allmählich in der F. selbst den
Widerspruch vieler Mitglieder hervor. Dieser Gegen-
satz wurde auch nicht gänzlich ausgeglichen durch die
Verschmelzung der F. mit der aus der national-
liberalen Partei abgezweigten Liberalen Vereinigung
sSecessionisten) zur Teutschen freisinnigen Partei
(s. d.) im März 1884.
Nach dem Muster der Deutschen F. in Preußen
entstanden ähnliche Parteibildungen unter demsel-
ben Namen auch in andern deutschen Ländern, die
jedoch zum Teil einen von dem der preußischen ab-
weichenden Charakter annahmen. In Bayern und
Hessen sind in der F. alle liberalen Elemente ver-
schmolzen, und da diesen in beiden Ländern haupt-
sächlich Illtramontane gegenüberstehen, die zugleich
partikularistisch sind, so hat die F. dort einen vor-
wiegend nationalen Charakter. Auch die F. des
Königreichs Täcksen neigte mehr nach rechts hin-
über. - Vgl. Parisius, Deutschlauds polit. Parteien
und das Ministerium Bismarck (Berl. 1878).
Fort Scott, Hauptstadt des County Vourbon
im nordamerik. Staate Kansas, 157 wn südlich von
Kansas City, in kohlenreicher Gegend am Marmi-
ton-Rivcr, Eisenbahnknotenpunkt, hat (1890) 11946
E. lgegen 5372 in 1880), lebhaften Handel mit Ge-
treide, ^Materialwaren, beträchtliche Industrie, Stein-
brüche und ein College. In dcr Nähe Lager bitu-
minöfcr Kohle.
Fortsfestungen, Festungen mit einer zusam-
menhängenden Umwalluug (Kernumwallung, s. Fe-
stungen I) und einem Gürtel vorgeschobener Werke.
Dieser Gürtel bietet folgende Vorteile: er erhöht
die ^icherbeit des Platzes gegen Überfälle; er er-
schwert die vollständige Einschließung; er hält
den Angreifer weit von dcr Kernbefestigung ab,
sichert also den Ort gegen Beschießung; er ge-
stattet dem Verteidiger ein überraschendes Än-
bäufen großer Truppen- und Artilleriemassen und
ein offensives Vorgeben mit denselben, wodurch
die Einschließung sowie die Anlage feindlicher Bat-
terien und Velagerungsarbcitcn erschwert wird; er
gestattet zwischen und hinter den Forts den Bau
von Batterien und setzt hierdurch den Verteidiger
in den Stand, eine dem Angriff überlegene Geschütz-
zahl zur Verwendung zu dringen; er erschwert in-
folge des stumpfen Polygonwinkels und der langen
Polygonfctten das Umfassen und Vestrcichen der
angegriffenen Front, begünstigt dagegen das Be-
schießen des Angriffs von den Ncbcnfrontcn.
Die Entfernung der Forts von der Keruumwal-
lung hängt von dem Einfluß des Geländes fowie
davon ab, ob und in welchem Maße die Stadt
gegen Beschießung und Belagerungsgeschütz gesichert
werden soll. Hiernach wird die Entfernung der
Forts von der Kcrnumwallung und den gegen Be-
schießung zu schützenden Bauten höchstens 8000 m,