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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Françoisvase - Francs-Tireurs
1806 die zu Brüssel. 1814 zog er sich vom polit.
Leben zurück. Seit 1797 war er Mitglied des
Instituts. Er starb 10. Jan. 1828. Von ihm ging
die erste Idee der öffentlichen Ausstellung der Er-
zeugnisse des Gewerbfleihes aus. Er hat eine
Menge Poet., histor., polit. und nationalökono-
mischer Schriften hinterlassen, von denen hervor-
zuheben sind: "Viseoui-Z 8ur 1a in^uiöre äe lire
163 V6l8" (Par. 1775), "^onve^ux c0nt68 moraux
6u Vers" unter dem Namen Vade' (Berl. 1781),
"^ntlioloZie moraiL" (Par. 1784), "1^1)168 6t C0ut68
6N V6I-8" (ebd. 1814), "m^rit än gi-auä Oorn6ili6"
(2 Bde., ebd. 1819). - Vgl. Vonnelier, N6inoir68
8ur I". ä6 ^6nlcNHt63.u (Par. 1829).
Fransoisvase, eine nach ihrem frühern Besitzer,
dem Kupferstecher Alphonse Francois(s.d.), genannte,
jetzt im Archäologischen Museum zu Florenz befind-
liche große Thonvase, die 1844 in Chiusi gefunden
wurde. Sie hat die Form einer zweihenteligen Am-
phore und ist mit figuuenreichen, streifenförmig an-
geordneten Darstellungen geschmückt. Auf der einen
Seite sind die Leichenspiele zu Ehren des Patroklos,
die Jagd auf den Kalydonischen Eber, die Hochzeit
des Peleus und der Thetis, die Tötung des Troi-
los gemalt, auf der andern Seite der Kampf der
Lapitben und Kentauren, Theseus nach Erlegung
des Minotauros die attischen Jünglinge und Mäd-
chen zum Reigen führend, die Rückführung des He-
phästos in den Olymp. Unter den Henkeln ist Aias
mit der Leiche des Achilleus, auf dem Fußstreifen ein
Kampf der Pygmäen und Kraniche dargestellt. Wie
durch diesen reichen mythischen Inhalt, so zeichnet
sich das Gefäß durch die Sorgfalt der Zeichnung
aus. Die Figuren sind mit schwarzer Firnisfarbe
auf den roten Tbongrund aufgesetzt, daneben ist für
die Körper der Frauen weiße und für einzelne Teile
der Gewänder u. a. violette Farbe verwendet. Zahl-
reiche Inschriften geben die Namen der dargestellten
Figuren; auch die eigenen Namen haben die Künst-
ler beigeschrieben: Ergotimos heißt der Töpfer,
Klitias der Maler. Die Vafe ist in Athen um die
Mitte des 6. Jahrh. v. Chr. angefertigt worden.
Abgebildet ist sie in den "Nonnm6iiti ä6ii'In8titut0
arc1i60l0^ie0 " (Bd. 4, Tafel 54-57) und in den
"Wiener Vorlegeblättern für archäol. Übungen"
von Venndors (Tafel 2-4, Wien 1889).
I'ra.noolinus, s. Frantolinhühner.
I'i-a.nooniI., eine erst im 11. Jahrh. n. Chr.
aufgekommene lat. Form für den Landfchaftsnamen
Franken (s. d.) statt des bis dahin üblichen I^ncia,
hauptsächlich aber für das deutsche Franken oder
das Land um den Main herum.
Francq van Berkhey, Johannes le, nieder-
länd. Schriftsteller, geb. 23. Jan. 1729 zu Leiden,
studierte an der dortigen Universität Medizin, ließ
sich zu Amsterdam als Arzt nieder und bezog später
unweit Leiden ein Landhaus, wo er viele Schäfer-
gedichte schrieb und sein berühmtes Werk begann
"Die Flora und Fauna Hollands" (4 Bde., Amsterd.
1769-79; französisch, 1782). 1773 wurde F. an der
Universität zu Leiden Lektor in den Naturwissen-
schaften, erhielt aber als Franzosenfeind 1795 feine
Entlassung und starb gänzlich verarmt 13. März
1812. Seine Prosaschriften bekunden rastlosen Unter-
suchungsgeist und hatten für ihre Zeit großen Wert,
so seine "V^(l6riHiiä8eIi6 ^v^ouäsivliLcwii" (3 Bde.,
Amsterd. 1785-87) und seine "Naturgeschichte des
Rindviehs in Holland" (6 Bde., mit Illustrationen,
Leid. 1805 - 11). F.s bekannteste Gedichte sind:
"v6 I^ol li6r DaiiI<I)gH!'1i6icI" (Leid. 1773; preisge-
krönt), "V6i-1i66lIiM I^6iä6n" (ebd. 1774), "(^6-
dic1it6ii" (2 Bde., Amsterd. 1776 - 79) und "V6r-
t6i1iiiF6u M^U61' <l6UFä'> (Leid. 1798).
I'ra.nos-a.i-okei-s (spr. frank sarsckeb, d. b. Frei-
schützen), die erste stehende franz. Infanterie, welche
König Karl VII. 1448 errichtete, nachdem schon 1445
stehende Truppen schwerer und leichter Reiter auf-
gestellt worden waren. Jede franz. Gemeinde wurde
zur Stellung eines gekleideten und gerüsteten Archer
verpflichtet, der jederzeit bereit sein mußte, ins Feld
zu rücken. Die ^. erhielten gewisse Rechte, namentlich
Steuerfreiheit, daher auch ihr Name. Gemein-
fame Waffenübungen fanden nicht statt, weshalb sich
die Truppe in den Kämpfen gegen Burgund und die
Aristokratie nicht sonderlich bewährte. König Lud-
wig XI. reorganisierte 1469 die ^., deren Gesamt-
zahl sich auf 16000 Mann belicf. Je 40001'. wur-
den einem (^Maiu6 ^6N6la1 unterstellt, unter dem
8 (^)itaw68 Bataillone von 500 Mann befehligten.
Ein Teil der Mannschaft wurde mit der Armbrust,
ein anderer mit Spießen bewaffnet, ein dritter führte
wie bisher den Bogen. Für die Aushebung wurde
Frankreich in vier Bezirke geteilt, die bis in das
18. Jahrh, die Grundlage der militär. Landesein-
teilung geblieben sind. In jedem Bezirke waren
vier Sammelplätze bestimmt, an denen zu bestimm-
ten Terminen je 1000 I< gemustert wurden. Die
ganze Einrichtung war bei den Bauern wie beim
Adel verhaßt; man verspottete die 1''. allenthalben,
und sie haben sich auch oft als freche Räuber erwiefen.
Die Truppe der I''. wurde 1479 nach der Schlacht
bei Guinegate, wo sie den deutschen und vläm.
Spießen nach kurzem Widerstände erlag, aufgelöst.
Francs-Tireurs (spr. frang tiröhr), wäh-
rend des Krieges von 1870 und 1871 die franz. Frei-
korps, die außer den kaiserl. Truppen und Mobil-
garden zur Führung des kleinen Krieges aufgeboten
wurden. Schon zur Zeit, als Marschall Niel die
Reorganisation des franz. Heerwesens vorbereitete,
bildeten sich, angeregt durch die 1867 wegen der
Luxemburger Frage entstandenen Kriegsaussichten,
in Frankreich Schützengesellschaften unter der Be-
zeichnung "8oci6t68 ä63 ^.", die sich mit guten
Hinterladern gleichmäßig bewaffneten und regel-
mäßige Waffenübungen abhielten. Derartige Ge-
sellschaftenbestanden in größerer Zahl namentlich in
den Depart. Aisne, Meurthe, Moselle, Vosges,
Haut-Rhin und Bas-Rhin; doch blieben dieselben,
entgegen dem Wunsche der Regierung, völlig unab-
hängig und außer Verbindung mit der Armee. Beim
Einmarsch der deutschen Truppen rief ein Dekret des
Kaisers die F. zu den Waffen, ein Regierungserlaß
vom 29. Sept. stellte sie dem Kriegsminister zur
Verfügung, und durch Dekret vom 4. Nov. 1870
wurden dieselben den Armeekorps oder Territorial-
divisionen zugewiesen. Sie kämpften vorzugsweise
gegen Transporte und die der Armee folgenden
Nachschübe aller Art, sowie gegen schwächere Ab-
teilungen der auf franz. Gebiete verwendeten Ve-
satzungstruppen, gegen Kuriere, Reifende, Vahn-
züge, Magazine u. s. w., waren anfangs fast ohne
jeden festern Zusammenhalt, dabei größtenteils
ohne Uniform, verfchiedcnartig bewaffnet und ohne
militär. Disciplin. Sie besaßen keine Trains und
lebten ausschließlich von Requisition und Plün-
derung, weshalb sie bald der Schrecken des eigenen
Landes wurden. Namentlich von Mitte Sept. 1870
ab vermehrte sich ihre Zahl infolge des von Gam-