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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Französische Kunst

licher Baudenkmale wurde gleichzeitig und während des zweiten Kaiserreichs Bedeutendes geleistet; von David d'Angers (das Giebelfeld des Pantheon), von Rude und Etex (Gruppen am Arc de l'Etoile), von Barye (Löwen an der Julisäule und an den Tuilerien), von Duret (Karyatiden im Invalidendom, Arbeiten im Louvre), von Guillaume, Carrier-Belleuse, Crauk, Jules Thomas, Aimé Millet (Ausschmückung der Oper) wurden Arbeiten geliefert, an welchen sich die allmähliche Befreiung von der akademisch-klassischen Form verfolgen läßt.

Obgleich die Geschicklichkeit in der Meißelführung bei solchen Werken von beträchtlichem Umfange oft zu dekorativer Behandlung verleitete, hielt sich doch die franz. Bildhauerei unter dem zweiten Kaiserreiche auf bedeutender Höhe und ist seitdem darauf verblieben. Der Umstand, daß der Staat fast alleiniger Beschützer dieser Kunst ist, sowie das Fortbestehen der franz. Kunstakademie in Rom bewirken, daß Frankreich in neuester Zeit noch immer eine Bildhauerschule besitzt, mit der sich keine andere gleichzeitige an Gründlichkeit des Wissens, an Stilgemäßheit der Auffassung und Anordnung, an Mannigfaltigkeit und Tüchtigkeit der Kräfte messen kann. Die Versuche, ältere Stile in der modernen Kunst aufzunehmen, treten auch in der Bildnerei hervor. Namentlich war es die ital. und die franz. Renaissance, welche Einfluß auf die Formgebung gewann und dieselbe früher aus unfruchtbarem Idealismus herausriß, als die deutsche Kunst. Es führte diese Richtung zum modernen Realismus, der das volle Leben und die Weichheit des Fleisches ebenso wiederzugeben trachtet wie die verschiedenen Stoffe des Gewandes. Namentlich brachte sie aber einen Wechsel im Gegenstande der Bildnerei hervor, der von den verbrauchten Allegorien und klassischen Gottheiten zu modernen Gedanken überging, Thatsächliches statt rein Idealem zu geben sich bemühte. Nachdem das lockende rein Sinnliche überwunden war, wie es Clésinger, Schoenewerk u. a. mit geschickter Hand übten, trat in Carpeaux (s. Taf. IV, Fig. 7), Frémiet, Cabet, Caïn, Cordier der Realismus immer kühner hervor, denen sich Moreau (s. Taf. IV, Fig. 9), Dubois (s. Taf. IV, Fig. 10), Delaplanche (s. Taf. IV, Fig. 5), Falguière, Bartholdi, Barrias (s. Taf. IV, Fig. 4), Mercié (s. Taf. IV, Fig. 3) als strengere Meister zugesellen.

3) Malerei. Aus den Zeiten der fränk. Monarchie sind nur wenige Miniaturen (s. d.) für Handschriften erhalten. Von allen Künsten des Mittelalters ist die Malerei diejenige, welche die spärlichsten Denkmale hinterlassen hat. Die einzige größere Kirche, die noch einen ganzen Cyklus von Wandmalereien aus dem frühern Mittelalter aufzuweisen hat, ist St. Savin im Poitou, mit sehr beschädigten, ziemlich rohen Fresken aus dem Ende des 12. Jahrh. Die Kathedralen von Chartres, Reims, Rouen, Tours, Bourges und Le Mans besitzen noch Glasfenster des 13. Jahrh., welche eine Höhe der Kunst darstellen, die in Deutschland erst wesentlich später erreicht wurde. Auch die Miniaturmalerei wurde ununterbrochen mit immer steigender Vortrefflichkeit geübt und erreichte im 15. Jahrh. durch Fouquet von Tours, Hofmaler Ludwigs XI., und seine Schule den hohen Grad der Vollendung, der an den berühmten Gebetbüchern der Anna von Bretagne und des Königs René (in der großen Pariser Bibliothek) bewundert wird. Gleichzeitige Tafel- und Wandmalereien sind seltene Erscheinungen. Selbst das 16. Jahrh. hat außer Cousin und Clouet (s. Taf. V, Fig. 1) wenige Malernamen und besonders sehr wenige Staffeleigemälde hinterlassen. Im 17. Jahrh. erhielt die franz. Malerei ihre Anregungen aus Italien. Fréminet, Hofmaler Heinrichs IV., in dessen Auftrag er die Schloßkapelle zu Fontainebleau ausmalte, bildete sich nach der gleichzeitigen ital. Schule und fand vielfache Nachahmung; Valentin nahm sich Caravaggios Manier zum Muster; Blanchard studierte an den Werken Tizians; Vouet huldigte der hellen Manier des Guido Reni; Lesueur hatte an Raffael sein Vorbild; Poussin und Claude Lorrain (s. die Tafel beim Artikel Claude Lorrain) bildeten sich, zuerst eine selbständige franz. Kunstrichtung vertretend, in Rom, wo sie die längste Zeit ihres Lebens und Wirkens zubrachten. In der unter Mazarin gegründeten Akademie fanden die franz. Maler einen Vereinigungspunkt und Gesamtanhalt für ihre Kunstanschauungen, denen sie während der langen Regierung Ludwigs XIV. im wesentlichen treu blieben. Die durch diese Centralisierung erlangte Einheitlichkeit erstreckte sich bald auf alle Kunstgebiete. Lebrun, zum ersten Hofmaler und obersten Leiter aller Arbeiten für die Ausschmückung der königl. Bauten ernannt, versammelte um sich einen förmlichen Hof von Künstlern aller Art, Malern, Bildhauern, Ciselierern, Stuccaturarbeitern, Schlossern, Vergoldern u. s. w., die teilweise ein sehr selbständiges Talent besaßen, aber mehr oder minder treu nach den Zeichnungen und Angaben ihres Führers arbeiten mußten. Das Talent Lebruns, dessen Hauptstärke in dem leichten Erfinden und Ausführen von weitläufigen, beziehungsreichen Geschichtsbildern (s. Taf. V, Fig. 3) bestand, eignete sich unstreitig zu der Allgewalt, die er lange im Reiche der Kunst ausübte; doch war seine von Pietro da Cortona ausgehende schwulstige, aber kalte Art zu malen eben nicht geeignet, jenen gefälligen Liebreiz und Glanz, den man mit dem Fortschreiten zum Stil des Rokoko von der Kunst mehr und mehr forderte, über die Unzahl von Bildern zu verbreiten, die unter seiner Leitung in Versailles, im Louvre sowie in den Schlössern zu Trianon, Meudon, Marly und Vincennes ausgeführt wurden. Darum wurde ihm nach Colberts Tode (1683) Mignard vorgezogen, dessen frisches, blühendes Kolorit bei Hofe sehr gefiel. Er malte die kleinen Gemächer in Versailles und rückte nach dem Tode Lebruns ganz in dessen Stelle ein.

Am Ende des 17. und zu Anfang des 18. Jahrh. schwankte die Schule in der Nachahmung bald des Nic. Poussin (s. Taf. V, Fig. 2), bald des Lebrun oder Mignard (de Lahire, Bourdon, Ch. de Lafosse, Noël Coypel und seine beiden Söhne, Bon und Louis Boulogne, Santerre); doch gab es in jener Zeit einige in künstlerischer Sinnesweise und Gediegenheit ihre gleichzeitigen Kunstgenossen überragende, meist durch die Niederlande beeinflußte Historienmaler, wie Jouvenet, Subleyras, und mehrere prunkhafte, aber treffliche und für ihre Zeit sehr charakteristische Porträtmaler, wie Ph. de Champaigne (s. Taf. V, Fig. 4), Largillière und Rigaud (s. Taf. V, Fig. 6). Gegen die Mitte des 18. Jahrh. blühten die Maler aus der Familie Vanloo (die Brüder Jean Baptiste und Carle); sie hatten sich in Italien die hier von Pietro da Cortona ausgegangene, blendende und gefällige Manier angeeignet, die sich in Frankreich mit Natoire, Boucher (s. Taf. V, Fig. 7), Honoré Fragonard in ein thea-^[folgende Seite]