Schnellsuche:

Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Diese Seite ist noch nicht korrigiert worden und enthält Fehler.

307
Friedenskirchen - Friedensleistungen
Wege der Güte zum Austrag zu bringen; diese sind ^
nicht zur Ausübung der Gerichtsbarkeit berufene
Bebörden, ihr Spruch entnimmt seine Kraft der
freien Vereinbarung der Parteien. Nach der Deut-
schen Strafprozeßordn. §. 420 ist die Erhebung einer
Klage wegen Beleidigung, sofern die Parteien in
demselben Gemeindebezirke wohnen, und wenn nicht
Beleidigung gegen eine Behörde, einen Beamten,
einen Neligionsdiener oder ein Mitglied der be-
waffneten Macht, während sie in Ausübung ihres
Berufs begriffen sind, oder in Beziehung auf ihren
Beruf vorliegt (Strafgesetzb. §. 1W), erst zulässig,
nachdem von einer durch die Landesjnstizverwal-
tung zu bezeichnenden Vergleichsbehörde die Sühne
fruchtlos versucht ist. Der Kläger hat die Be-
scheinigung hierüber mit der Klage einzureichen.
Eine Übersicht der in den einzelnen Bundesstaaten be-
stellten Vergleichsbehörden giebt Pfafferoth, "Jahr-
buch der Deutfchen Gerichtsverfassung", S. 35?
iBerl.1880). InPreußen sind hierfürdie Schieds-
mä'nner bestellt. Auf Grund der Ermächtigung des
8.706 derNeichscivilprozeßordnung find auch durch
ß. 32 der Schiedsmannsordnung vom 29. März 1879
die vor diesen Schiedsmä'nnern abgeschlossenen Ver-
gleiche für vollstreckbare Schuldtitel erklärt worden,
tonnen also unmittelbar, ohne Vermittelung gericht-
lichen Urteils, zur Vollstreckung gebracht werden. -
Über die Friedensrichter in England s. ^N8tice3
c"s t1i6 1^06.
Friedenskirchen, die drei einzigen evang.
Kirchen, die im Westfälischen Frieden auf Drän-
gen der schwed. Negierung vom Kaiser Ferdinand
den prot. Schlesiern zugestanden wurden. Sie durf-
ten für die Städte Schweidnitz, Iauer und Glogan
errichtet werden, jedoch nur aus Holz und Lehm,
ohne Glockenturm und außerhalb der Stadtmauern.
Erst der Vertrag von Altranstädt (s. d.) brachte die
Erlaubnis, Türme und Glocken zuzufügen.
Friedenskongreß, s. Friedensfreunde und
Friedensschluß.
Friedenskuß slat. oäcninui Mci8), Liebes-
kuß, heiliger Kuß, der gegenseitige Kuß der
Christen in der alten Kirche vor oder nach dem
Empfange des heil. Abendmahls und bei andern
lirchlichen Handlungen. Um üble Nachreden der
Heiden zu vermeiden, wurde früh die Trennung der
Geschlechter beim F. angeordnet. Er erhielt sich im
Abendlande bis ins 13. Jahrh. ls. Osterkuß) und
wurde in neuerer Zeit von den Herrnhutern wieder
eingeführt. Ein Überrest ist noch jetzt der F. bei
der feierlichen Messe, wobei der celebrierende Prie-
ster mit seiner linken Wange die des Diakonus be-
rührt, worauf dieser in gleicher Weise den übrigen
im Ornat anwesenden Geistlichen den F. erteilt.
Auch der Kuh, den ein neugewählter Papst beim
Empfange des Fußkusses (s. d.) den Kardinälen auf
die Wange drückt, heißt F.
Friedensleistuttgcn,diejenigcnsachlichenMili-
tärlasten, welche kraft Gefetzes den Unterthanen im
Frieden auferlegt werden dürfen, nämlich: 1) Quar-
tierleistung, 2) Naturalverpflegung, 3) Fourage-
lieferung, 4) Vorspannleistung, 5) Stellung von
Schisfsfahrzeugen, 6) Transportleistungen der Eisen-
bahnen, 7) Lasten der Besitzer von Grundstücken. Die
gesetzlichen Vorschriften finden sich zu 1: im Neichs-
gesetz vom 25. Juni 1868 nebst Nachträgen und Er-
gänzungenmdenGesetzenvom3.Aug.1878,28.Ntai
1887, 21. Juni 1887; Ausführungs'instruktion vom
31. Dez. )36s/ M 3-7.- Gesch vom 13. Febr. 1875,
abgeändert dnrch Gesetz vom 21. Juni 1887, Art. 2;
Ausführungsinstruktion vom 30. Aug. 1887. -
Die Quartierleistung ist eine subsidiäre Last,
wenn Kasernen, <Htallungen u. s. w. nicht für die
Militärverwaltung verfügbar sind; in Garnisonen
kann Quartier nur für die Mannschaften vom Feld-
webel abwärts und für Dienstpferde gefordert wer-
den; der Hauptzweck des Gefetzes ist, für Märsche,
Manöver u. s. w. den Truppen Quartier zu be-
schaffen. Die Qnartierlast wird auf die Gemeinde
gelegt, und durch die Gemeindebehörde erfolgt die
Unterverteilung durch fog. Quartierbillets; Ent-
schädigung wird geleistet nach dem im §. 1 des Ge-
fetzes vom 28. Mai 1887 enthaltenen Servistarif.
- Natnralverpflegung kann nur als Accesso-
rium zur Quartierleistung und nur für Truppen
auf dem Marsch gefordert werden; die Verteilung
erfolgt nach den nämlichen Grundsätzen wie die
Quartierleistung; Entschädigung wird nach festen
Sätzen gezahlt. - Fouragelieferung kann eben-
falls nur auf Märschen gefordert werden; verpflich-
tet ist die Gemeinde, welche alle Inhaber von Fou-
ragebeständen heranziehen kann, jedoch nur an
Orten, wo keine Militärmagazine oder Militär-
lieferanten vorhanden sind, und nur für entbehr-
liche Bestände: zur Fourage gehören Hafer, Heu,
Stroh; entfchädigt wird nach festen Sätzen, die
Grundsätze der Berechnung giebt das Gesetz. - Zu
V orspannlei stun g verpflichtet sind Besitzer von
Wagen und Zugtiereu, besonders Vermieter von
solchen; Vorspann kann nur gefordert werden auf
Märschen, in Lagern oder Kantonnements, soweit
das Bedürfnis nicht dnrch Privatvertrag der Mili-
tärverwaltung gedeckt werden konnte; Vorspann ist
zu leisten für einen Tag, nur in dringendsten Fällen
für länger; er kann umfassen Fuhrwerke, Gespanne
und Gespannführer, nie Reitpferde; die Verpflich-
tung wird den Gemeinden gegenüber geltend ge-
macht, nur ausnahmsweise direkt. Die Entschädi-
gnng wird vom Bundesrat von Zeit zu Zeit für
jeden Lieferungsverband (s. Kriegsleistungen) fest-
gestellt; für Verlust, Beschädigung oder außer-
gewöhnliche Abnutzung ohne Schuld des Eigen-
tümers oder Gespannführers ist voller Ersatz zu
leisten. - (^chiffsfahrzeuge können gefordert
werden für Zwecke der kaiferl. Marine - Trans-
port von Truppen und Materialien der Marine -
von den Besitzern, soweit die Fahrzeuge nicht als
öffentliche Fähren erforderlich sind; die Geltend-
machung der Verpflichtung erfolgt direkt; Entschä-
digung für die Benutzung fowohl wie Befchädi-
gung, Verlust und Abnutzung geschieht in dem für
Flurschäden (f. unten) vorgeschriebenen Verfahren.
- Die Eisenbahnen und zwar alle deutschen
Eisenbahnen, gleichgültig ob Staats- oder Privat-
bahnen, müssen verfassungsgemäß (Art. 47) Truppen
und Militärmaterial zu ermäßigten Sätzen beför-
dern; der Tarif hierfür ist vom Bundesrate festzu-
stellen, wie dies geschah durch die sog. Friedenstrans-
portordnung vom 11. Febr. 1888, die für alle deut-
schen Eisenbahnen gilt. Beschwerden, sind durch das
Kriegsministerium zu erledigen. Im übrigen sind
behufs der Militärtransporte Linienkommissionen
eingerichtet, welche durch die Eisenbahnabteilung
des Großen Generalstabs unter direkter Leitung des
Chefs des Generalstabs der Armee geregelt werden;
nnter denfelben stehen noch nach Bedarf Bahnhofs-
kommandanten; die Transporte sind gemeinsam
von diesen Militär- und den Ev^en'bcckn^crm^n zu
20*