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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Gegenwart - Gehalt
fähigen Vormundes, sowie für die Bestellung eines
neuen Vormundes (ߧ.31, 65). Seine Pflichten
sind hiernach zum Teil die gleichen wie die eines
Ehrenvormundes (s. d.). Der Deutsche Entwurf hat
in den 88- 1647 fg. die Rechtsbildung aufgenom-
men. Die Aufnahme ist ausführlich begründet in
den Motiven, IV, 1031 fg. Er folgt mehr'der Preuh.
Vormundschaftsordnung als dem ^cxie civil.
Gegenwart, Die, in Berlin erscheinende
Wochenschrift für Litteratur, Kunst und öffentliches
Leben, 1872 von Paul Lindau begründet und bis
1881 redigiert; sein Nachfolger ist Theophil Zolling,
der seit 1886 auch Eigentümer und Verleger der
teine polit. Partei vertretenden Zeitschrift ist.
Gegenwechsel, ein für den Fall der Nichtein-
lösung eines andern Wechsels gegebener Wechsel.
Wird der G. eingeklagt, so kann gegen den, dem er ge-
geben, eingewendet werden, daß der frühere Wechsel
eingelöst ist. Gegen einen Dritten kann dies regel-
mäßig nicht geltend gemacht werden. Wer einen
G. giebt, muß durch die sog. Rektatlausel (s. Rekta-
wechsel) dafür sorgen, daß der Wechsel nicht begeben
werden kann.
Gegenwert, in der Handelssprache der Wert,
welchen man zur Bezahlung einer Schuld in Wech-
seln oder andern Wertobjekten zu leisten bat. Man
ich äfft den G. an, oder inacht dem Gläubiger
Anschaffung. Gleichbedeutend mit G. ist auch
Deckung (s. d.).
Gegenwirkung, Rückwirkung oder Re-
aktion, in der Mechanik der einem Druck ent-
sprechende gleiche Gegendruck. Wenn ein Pferd (mit
Hilfe eines Seils z. B.) auf einen Stein einen Zug
ausübt, erfährt es den gleichen Gegenzug. Über-
haupt üben zwei Körper nach dem von Newton auf-
gestellten Princip der Gleichheit von Wirkung und
G. (Aktion und Reaktion) stets gleiche entgegenge-
setzte Kräfte aufeinander aus. Zwei Massen (s. d.)
erteilen sich demnach durch Wechselwirkungen ent-
gegengesetzte Beschleunigungen (s. d.), die sich
umgekehrt wie die Massen verhalten. Auch die Ge-
schwindigkeiten, welche die Massen in gleichen Zeiten
annehmen, und die Wege, die sie in gleichen Zeiten
durch Wechselwirkung zurücklegen, sind den Massen
umgekehrt proportioniert. Auf der G. beruht der
Rücklauf (s. d.) abgefeuerter Geschütze, Gegners Was-
serrad u. s. w. (S. Erhaltung des Schwerpunktes.)
Gegenwohner, s. Antipoden.
Gegenzeichnung (Kontrasignatur), die
Mitunterschrift eines Ministers unter einer landes-
herrlichen Urkunde. Dieselbe hatte in früherer Zeit
den Zweck, die Authenticität der Unterschrift des
Landesherrn zu bescheinigen und zugleich eine Ge-
währ dafür zu bieten, daß der landesherrliche Erlaß
nicht erschlichen, sondern im geschäftsmäßigen Gang,
auf Vortrag oder wenigstens mit Wissen des kon-
rrasignierenden Ministers ergangen ist. Nach dem
neuern Staatsrecht aber übernimmt der Minister
durch die G. die Verantwortlichkeit für die Gesetz-
und Verfafsungsmähigkeit der landesherrlichen An-
ordnung und es besteht überall der Grundsatz, daß
Regierungshandlungen des Staatsoberhauptes
rechtliche Gültigkeit nur haben, wenn sie von einem
verantwortlichen Minister gegengezeichnet sind.
Dieser Rechtssatz bildet die Ergänzung zu der dem
Landesherrn zukommenden Unverantwortlichkeit in
polit. und rechtlicher Hinsicht ("tim kin^ c^n äo no
^lori^"). (S. Majestät.) Nur bei den Akten des
militär. Oberbefehls, bei der Verleihung von Orden
und Ehrenzeichen und bei Ausübung der Episkopal-
rechte in Angelegenheiten der evang. Kirche ist die
G. nicht erforderlich. Nacb der Deutschen Reichsver-
fasfung Art. 17 bedürfen die Anordnungen und Ver-
fügungen des Kaifers zu ihrer Gültigkeit der G. des
Reichskanzlers, welcher dadurch die Verantwortlich-
keitübernimmt. An Stelle des Reichskanzlers können
die G. auch die nach dem Gesetz vom 17. März 1878
vom Kaiser ernannten Stellvertreter des Reichs-
kanzlers (s. d.) erteilen. Die Preuh. Verfassungs-
urkunde stellt die gleichen Grundsätze in Art. 44 auf;
G. eines Ministers genügt staatsrechtlich; nur für
die sog. Notverordnungen (s. d.) ist nach Verfafsungs-
urkunde Art. 63 die G. aller Minister zur Gültigkeit
erforderlich. (S. auch Ministerverantwortlichkeit.)
Gegische Mundarten, s. Albanesische Sprache
und Litteratur.
Gehalt (volkswirtschaftlich), im allgemeinen eine
höhere Kategorie des Arbeitslohnes, nämlich der-
jenige, der erstens für höher qualifizierte, nicht
gemeine Arbeiten oder persönliche Dienstleistungen
gezahlt wird, und zweitens nicht nach einzelnen Lei-
stungen oder nach Tagen oder Wochen, sondern auf
Grund eines mehr oder weniger festen Verhältnisses
zwischen dem Beschäftigten und dem ihn Beschäf-
tigenden für längere Zeiträume bestimmt ist. Zwi-
schen privaten Arbeitgebern und Arbeitnehmern wird
das G. mit gewissen Kündigungsbedingungen, Ter-
minen u. s. w. vertragsmäßig festgesetzt, und man
nennt es in diesen Fällen in der Geschäftssprache
oft ^alair. Vorzugsweise aber pflegt man als G.
oder Besoldung das feste Diensteinkommen der
Staats- und Kommunalbeamten zu bezeichnen. Die
Bestimmung des Beamtengehalts beruht in der
Regel nicht auf einem Vertrage und auf Konkiirrenz
von Angebot und Nachfrage, sondern der Staat
setzt für jedes Amt einseitig die Höhe des G. fest
und weist dasselbe den von ihm ausgewählten, für
die Stellung geeigneten Bewerbern an. Die Höhe
des G. ist so zu bemessen, daß sich stets eine ge-
nügende Anzahl von Bewerbern findet, welcbe die
erforderliche Zeit und die meist nicht geringen Kosten
für die Ausbildung zu dem betreffenden öffentlichen
Dienste aufgewendet haben. Außerdem aber ist auch
schon im Interesse des Dienstes dafür zu sorgen,
daß der Beamte von seinem G. standesgemäß leben
kann und den Versuchungen einer gedrückten wirt-
schaftlichen Lage entzogen werde. Den definitiv
angestellten Beamten ist das G. nicht nur für die
ganze Dauer ihrer Dienstfähigkeit zugesichert, son-
dern sie erhalten in den meisten Staaten auch nach
dem Eintritt von Dienstunfähigkeit infolge von
Alter, Krankheit u. s. w. ein Ruhegehalt (Pen-
sion), entweder ausschließlich aus öffentlichen
Mitteln oder doch mittels eines staatlichen Zuschusses
zu dem Ertrage von Pensvonsbeiträgen, dve wäh-
rend der Dienstzeit von dem G. zurückgehalten wor-
den sind. Der Wert dieser eventuellen Leistungen
des Staates nach Aufhören der Dienstleistung des
Beamten ist als ein Bestandteil des G. zu betrach-
ten. Dasselbe gilt von den Anrechten der Hinter-
bliebenen auf Pension, sofern die letztere nicht etwa
lediglich auf Witwenkasfenbeiträgen beruht. Dienst-
wohnungen und andere Naturalbezüge sind natür-
lich ebenfalls dem G. einzurechnen; ebenso ständige
Wohnungsgeldzuschüsse, wenn dieselben auch für
dasselbe Amt je nach den örtlichen Verhältnissen
verschieden sind. Dagegen gehören Remuneratio-
nen für besondere Dienstleistungen, Gratifikationen,