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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Gellée - Gellius
goten in Afrika landete. G. verteidigte sich noch
längere Zeit in einer Bergfeste gegen eine Abtei'
lung Heruler, mußte sich aber aus Mangel an
Lebensmitteln endlich ergeben und wurde im Mai
5)34 von Karthago nach Konstantinopel gebracht,
dort in Belisars Triumphzug im Hippodrom mit
aufgeführt und dann von Iustinian mit Landgütern
in Galaticn ausgestattet. ^Lorrain.
Gellöe (spr. schelleh), franz. Maler, s. Elaude
Gellert, Christian Fürchtegott, Dichter, geb.
4. Juli 1715 in Hainichen im sächs. Erzgebirge, wo
fein Vater Prediger war, kam 1729 auf die Fürsten-
schule zu Vteihen, wo er sich insbesondere mit Gärtner
und Nabencr befreundete, und 1734 auf die Univer-
sität zu Leipzig, wo er Theologie studierte. Er über-
uahm 1739 die Erziehung zweier junger Edelleute in
der Nähe Dresdens; später bereitete er den Sohn
seiner Schwester für die Universität vor, den er 1741
nach Leipzig begleitete. Gottsched, dessen Vorlesungen
er früher gehört und an dessen Übersetzung des Vayle-
schen Wörterbuches er mitgearbeitet hatte, fing jetzt
an, mehr und mehr in G.s Meinung zu sinken. Des-
balb zog sich G. aucb von Schwabe, in dessen "Be-
lustigungen des Verstandes und Witzes" er Fabeln,
Erzählungen, Lehrgedichte und ein ^chäferspiel wie
auch verschiedene prosaische Abhandlungen geliefert
hatte, zurück und beteiligte sich an der Herausgabe
der "Bremer Beiträge" (s.d.). Da er wegen seiner an-
geborenenAngstlichkeit,wegenSchwäche des Gedächt-
nisses und schwankender Gesundheit es aufgegeben
hatte,Predigerzuwerden, trat er 1745 als akademischer
Lehrer auf und las über die Theorie der schönen
Wissenschaften, Poesie und Beredsamkeit und prak-
tische Moral mit großem Beifall. Auch praktische
Stilübungen hielt er ab, zu deren Teilnehmern
noch der junge Goethe gehörte. Auf dringendes
Ansuchen seiner Freunde und Gönner erbat und
erhielt er 1751 eine außerord. Professur der Phi-
losophie. Unbegrenzt war die Achtung, in der er
bei den Studierenden stand, die schwärmerische Liebe
und Verehrung, die man ihm in den weitesten Kreisen,
besonders der bürgerlichen Gesellschaft entgegen-
brachte; zahllos sind die Anekdoten, die von seiner
unerhörten Popularität zeigen. Man hat ibn den
"Hofmeister" Deutschlands genannt, die angesehen-
sten Personen beeiferten sich, ihn: ein sorgenfreies
Leben zu verschaffen. Während des siebenjährigen
Krieges zumal fuchten ihn vornehme Fremde, auch
die Prinzen Karl und Heinrick von Preußen, auf
Selbst Friedrich II. ließ ihn in Leipzig 18. Dez. 1760
zu einer Unterredung rufen und äußerte sich sehr
wohlwollend gegen ihn. Durch einen dankbaren
Schüler, den Grafen Moritz von Brühl, erbielt er
seit 1760, ohne je seinen Wohlthäter entdecken zu
töunen, eine jährliche Pension von 150 Thlrn., auck
durch den Kurfürsten Friedrich Christian und dessen
Nachfolger Friedrich August ansehnliche Geschenke
und seit Mascovs Tode ein Gnadcngehalt von
450 Thlrn. Er starb 13. Dez. 1769 zu Leipzig.
G. liebte das Lob des Kenners und des Recht-
schaffenen, aber mit jener Bescheidenheit, die vor
einem jeden, auch dem wahren Lobe errötet. Dabei
zeigte sich niemand williger, die Gaben und Ver-
dienste anderer anzuerkennen, als er. Die außer-
ordentliche Wertschätzung, die der schwache, kränkliche
Mann bei seinen Zeitgenossen genoß, erllärt sich
teils aus der wirtlichen Bereicherung, welche die
eben neu auflebende deutsche Dichtung durch ihn
erfuhr, j^m er poct. Wahrheit in zierlich be-
wegtem, höchst volkstümlichem, behaglich warmem
Plauderton vortrug; mehr noch aber durch den sitt-
lichen Einfluß, den er, der Vertreter einer nicht eben
mutvollen, aber doch gesunden und redlichen bürger-
lichen Moral, auf ganz Deutschland ausübte. So
fand die geistige Annäherung des kath. Deutschland,
wo man sogar seine Lieder in Kirchengesangbüchcr
aufnahm, an das protestantische sehr wesentlich mit
durch sein Verdienst statt. Am populärsten wurde
er durch seine vielfach aufgelegten "Fabeln und Er-
zählungen" (2 Tle., Lpz. 1746 u. 1748), die durch ihre
freundliche Gutmütigkeit, leichtverständliche Moral
und treuherzige Schalkhaftigkeit die Liebe des Volks
und besonders der Jugend in seltenem Maße ge-
wannen. Weniger glücklich war er auf den übrigen
Gebieten, auf denen er sich dichterisch versuchte,
obgleich er bei den Zeitgenossen auch damit Beifall
erntete. Seine dramat. Arbeiten, Schäfer- nnd
Lustspiele erhoben sich nicht wesentlich über das
Durchschnittsniveau. Sein Roman, "Das Leben
der sckwed. Gräfin von G^" (2 Bde., Lpz. 1746),
unter dem Eindruck von Richardsons "Pamela" ge-
schrieben, ist beachtenswert als erstes Symptom der
Einfügung des Romans in das litterar. Programm
der Zeit, aber künstlerisch roh, dazu auf den bedenk-
lichsten sittlichen Voraussetzungen beruhend, ^eine
"Briefe", von den Zeitgenossen als unübertreffliche
Muster angestaunt, sind jedenfalls auf die Entwick-
lung des Prosastils nicht ohne Einfluß geblieben;
er bekämpfte erfolgreich den gespreizten, schwülstigen
Kanzleistil zu Gunsten der schlichten, natürlichen
Rede. Mit zunehmenden Jahren und zunehmender
Hypochondrie verwandelte sich fürG. mehr und mebr
das poet. Ideal in ein ausschließlich moralisch-reli-
giöses. Seine "Geistlichen Oden und Lieder" (Lpz.
1757 u. ö.; neue Ausg., Berl. 1886) verdanken ihre
fortdauernde Popularität ihrer glaubensstarken und
trostreichen Frömmigkeit. G.s "Sämtliche Schrif-
ten" erschienen wiederholt im Druck (zuerst 10 Bde.,
Lpz. 1769-74; neueste Aufl., 10Bde., Verl. 1867);
ausgewählte "Dichtungen" gab heraus A.Schullerus
lLpz. 1391), die "Fabeln und Erzählungen, geist-
lichen Oden und Lieder" K. Biedermann (ebd. 1871);
die "Fabeln und geistlichen Dichtungen" F. Muncker
(in Bd. 1 der "Bremer Beiträge", in Kürschners
"Teutscher NationaUitteratur", Stuttg. 1889). G.
wurden 1865 Standbilder im Rosenthal bei Leipzig
(von Knauer) und in seinem Geburtsorte Hainicken
lnach dem Entwürfe Rietschels modelliert von W.
Schenk) errichtet. Kurz nach feinem Tode hatten ihm
freunde und Verehrer ein solches in der Johannis-
tirche zu Leipzig, neben der sich sein Grabmal be-
findet, errichten lassen. - Vgl. G.s Leben von
I. A. Cramer (Lpz. 1774) und Döring (2 Bde., Greiz
1833); G.s Tagebuch aus dem I. 1761 (5 Aufl.,
Lpz. 1863); G.s Briefwechsel mit Demoiselle Lucius
scbd. 1823); seine Briefe an Fräulein Erdm. von
Schönfels (ebd. 1861).
Gellenstrom, Wasserstraße an der Westseite Rü-
gens, zwischen der Landzunge Gellen der Insel
Hiddensö'e im W. und Ummanz im O.
Gellheim, Ort in der bayr. Pfalz, s. Göllheim.
Gelllt, ein rauchschwachcs Pulver (s. Schieß-
pulver, rauchschwaches), welches von Professor
Emmens erfunden ist. Es besteht aus Papier,
welches mit Emmensir (s. d.) durchtränkt ist.
Gellius, Aulus, röm. Schriftsteller, geb. um 130
n. Chr., studierte zu Rom und Athen und betrat
dann in Rom die richterliche Laufbahn, chnc sich