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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Gemeinnützig - Gemeinschaft
Anteil als freies Eigentum erhalten. In England
ist dies in großem Maßstabe geschehen, und wenn
auch im allgemeinen die Landeskultur dabei gewon-
nen hat, so hat jene Maßregel gerade dort zur
schlimmsten Benachteiligung der kleinern Grund-
besitzer zu Gunsten des großen Grundbesitzes ge-
führt. Auch in Deutschland ist häufig die Er-
fahrung gemacht worden, daß die Verteilung von
Allmcnden und Gemeindeländereien nur einigen
Spekulanten zu gute gekommen, den Gemeinden im
ganzen aber, und namentlich den tleinen Leuten,
Schaden gebracht hat. In Preußen ist daber 1817
ausdrücklich festgesetzt worden, daß sowobl solckes
Gemeindeland, dessen Nutzungen den Gemeinde-
mitgliedern als solchen zusteht, als auch solches, das
zu dem öffentlichen Gemeindevermögen (s. d.) im
engern Sinne oder Kämmereivermögen ls. Käm-
merei) gehört, durch Teilung nicht in Privatver-
mögen verwandelt werden darf. In Süddeutschland
ist es nur selten zur Aufteilung der Allmenden ge-
kommen, während diese in Norddeutschland vielfach
ganz verfchwunden sind.
Die hauptsächliche Bedeutung der G. liegt jedoch
in der Aufhebung der (Hervituten (Grundgerechtig-
keiten), die auf der gemeinschaftlichen Benutzung
der im Privateigentum befindlichen Ackerländereien
beruhten und die jeden rationellen landwirtschaft-
lichen Betrieb unmöglich machten. Regelmäßig kann
die G. nur dann von durchgreifendem Erfolg be-
gleitet fein, wenn die Grundstücke der einzelnen Be-
sitzer aus der Gemengelage (s. d.) gebracbt und mög-
lichst zusammenhängend und zugänglich gemacht
werden; naturgemäß verbindet sich daber mit der
G. die sog. Separation, Verloppeluug, Konsolida-
tion (s. Zusammenlegung der Grundstücke), zunäcbst
allerdings nur für diejenigen Ländereien, die Servi-
tuten der gedachten Art unterliegen.
In England begannen die G. (inc1o3ui'6s), na-
mentlich die Teilung der Gemeinweiden (coinm0N3),
schon im 17. Jahrh., und die erste Incwzui-o dili
datiert von 1710. Von 1760 bis 1849 wurden
1350577 Acres, teils Gemeindeweiden, teils weide-
pflichtiges Privateigentum, von der Weide befreit.
In den fkand inavifchen Ländern begannen die
G. unter Durchführung von Verkoppelüngen auch
schon ziemlich früh. In Schweden besteht ein aus-
führliches Eeparationsgesetz, als Ergänzung und
Zusammenfassung der ältern Verordnungen vom
9. Nov. 1866. In Norwegen gilt das Gesetz vom
17. Aug. 1821. In D änemark ist das Hauptgcfetz
dasjenige vom 23. April 1781, welches im wesent-
lichen mit den für Schleswig und Holstein geltenden
Verordnungen übereinstimmt. In Q sterrei ch be-
ginnt die G. ohne sonderlichen Erfolg mit dem von
Maria Theresia 1768 erlassenen Gesetze. Durch das
Gesetz vom 7. Juni 1883 sind jetzt die Grundprin-
cipicn der definitiven Ablösung geschaffen, während
dic Ausführung den speciellen Landcsgesctzcn über-
lassen bleibt. InUngarn ist dieTeilung auf Antrag
seit 1836 zulässig. In der Schweiz sind die kultur-
schädlichen Grundgerechtigkeiten durch Kantonsge-
setze beseitigt worden, ohne daß sich damit eine gründ-
liche Neuordnung der Flurverhältnisse verknüpft
hätte. Lthnlich ist der Zustand in Frankreich. In
Preußen erließ zuerst Friedrich d. Gr. 1771 ein
Reglement über die Aufhebung der Gemeinheiten
und Gemeinhutungen in Schlesien. Gegenwärtig
gilt in Altpreuhen, mit einigen Ergänzungen aus
späterer Zeit, das Gesetz vom 7. Juni 1821. Da-
Brockhaus' Konversations-Lexikon. 14. Aufl.. VII.
nach findet G. statt auf Antrag eines einzigen Teil-
nehmers; wenn damit ein Umtausch der Acker-
ländereien verbunden werden soll, so geschieht dies
nach der Verordnung vom 28. Juli 1838 nur mit
Zustimmung des Besitzers des vierten Teils der
vom Umtausch betroffenen Ackerländereien. In
der Rbeinprovinz war eine Zusammenlegung der
Grundstücke mit der G. (Gesetz von 1851) nicht ver-
bunden. In Sachsen gestattete das Gesetz vom
17. März 1.832 G. und Servitutablösung, aber nicht
Zusammenlegung der Grundstücke; ein Verkoppe-
lungsgesetz wurde erst 1861 erlassen. Tie mittel-
und norddeut s cb e n Kleinstaaten folgten mit ihren
! hauptsächlichsten Bestimmungen größtenteils der
preuß. Gesetzgebung. In süddeutsch land hat
man sich durchweg (außer in Nassau) mit der Ab-
lösung der Servituten, meist durch Geldrenten be-
! gnügt, auch die Feldwege in der Weise reguliert, daß
jeder Besitzer unbehindert auf feine Grundstücke ge-
langen kann, eine Zusammenlegung der Parzellen
aber regelmäßig nicht mit G. vcrbuudcn. Erst in
neuester Zeit hat man einigermaßen durchgreifende
"Feldbereinigungsgesetze" erlassen. (S. Dorfsystem,
Flurzwang, Grundeigentum l Geschichte^, Zusam-
menlegung der Grundstücke.) - Vgl. von Stengel,
Wörterbuch des deutschen Verwaltungsrechts, Bd. 1
(Freib.i.Br.1890), S.548fg.; Handwörterbuch der
Staatswissenschaften, Bd. 3 (Jena 1892), S. 785 fg.;
> Buchenberger, Agrarwesen und Agrarpolitik, Bd. 1
' (Lpz. 1892), S. 277 fg.
Gemeinnützig, f. Gemeinsinn.
! Gemeinplatz (lat. locug eommun^), ein all-
l gemein bekannter, von niemand bezweifelter Satz.
Gemeinschaft. Wenn mehrere zufammen einen
gemeinschaftlichen Zweck verfolgen und zu dem Be-
huf zusammen Vermögen erwerben, läßt sich das
Verhältnis so deuten, daß das, was sie zusammen
haben, zunächst auf den gemeinschaftlichen Zweck
uud die dadurch begründete Einheit, die Gesellschaft,
bezogen wird, sodaß diese die Eigentümerin der zu
Gesellschaftszwecken benutzten Sachen, die In-
haberin der Forderungen u. s. w. ist, während, so-
lange die Gesellschaft besteht, dem einzelnen Gefell-
schafter nur ein Guthaben an die Gesellschaft, ein
Nutzungsrecht an dem gemeinsamen Gut zusteht.
Diese Auffassung ist von dem positiven Recht,
wenigstens dei der Offenen Handelsgesellschaft (f.d.),
der Gesellschaft mit beschränkter Haftung (s. d.), der
Kommanditgesellschaft (s. d.), der Aktiengesellschaft
(s. Aktie und Aktiengesellschaft) und den Erwerbs-
und Wirtschaftsgenossenschaften (s. d.), durchgeführt.
Wo es aber an solchem Zwecke fehlt, entsteht nach
der auch von den Partilularrechten angenommenen
Grundlage des römifchen, gemeinrechtlichen Ge-
dankens bei gemeinschaftlichem Erwerb von Eigen-
tum, Forderungs- oder andern Vermögensrechten
für die in G. stehenden mehrern Personen ein ge-
j mcinsames Recht. Visweilen zerfüllt die G. mit
! ihrer Begründung, indem der Gegenstand, auf wel-
, chen sich das Recht bezieht, geteilt gedacht wird; für
' die Regel besteht die G. bis zu ihrer Aufhebung fort,
nur so, daß das Recht selbst in Bruchteile zerlegt
i gedacht wird. Anders bei der Gesamten Hand (s. d.).
! Bei Geldfordcrungen, welche von einer Gegenleistung
nicht abhängen, läßt sich die Teilung von vornherein
so durchführen, daß, wenn drei Personen aus einem
Scbuldgrunde von einem Schuldner 3090 M. zu
fordern haben, der- Schuldner an jeden der drei
Gläubiger 1000 M. zu zahlen hat, und daß, wenn
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