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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Gemmingen - Gemünden
haus trägt und eine herrliche Aussicht auf die Pen-
ninifchen Alpen und den tief unter dem Absturz ge-
legenen Thalkcssel des Leukeroades gewährt, fenkt sich
der Pfad, 1734-40 durch Sprengungen der Fels-
wand abgewonnen, in kurzen Windungen hinab
und erreicht vermittelst der Poststraße die Station
Lcuk (Linie Sitten-Bricg).
Gemmingen, Otto Heinr., Freiherr von, dra-
mat. Dichter, geb. 5. Nov. 1755 in Heilbronn, war
bei der kurpfa'lz. Negierung in Mannheim angestellt
und auch für die Bühne thätig. Das rege Leben
unter Kaiser Joseph II. zog ihn 1784 nach Wien,
wo er eine Zeit lang als Privatmann und von 1799
bis 1805 als bad. Gesandter lebte. Dann zog er sich
auf seine Güter zurück und war dort wissenschaft-
lich thätig. G. starb 15. März 1836 zu Heidelberg.
Einen Namen erwarb er sich besonders durch das
Drama "Der deutsche Hausvater" (Münch. 1780;
neue Aufl., Mannh. 1791), das, dem "I'ei'L äs ia-
millo" Diderots nachgebildet, als eine Darstellung
aus dem häuslichen Leben auf dendcutschenVühnen
großes Glück machte. Außerdem schrieb G. u. a.
einen "Pygmalion" (Mannh. 1778, nach Rousseau
bearbeitet) und eine bemerkenswerte ((Mannhei-
mische Dramaturgie" (ebd. 1779), übersetzte Shake-
speares "Richard II." und gab in Wien mehrere
litterar. Zeitschriften heraus. - Vgl. Flaischlen,
O. H. von G. (Stuttg. 1891). ^kunst.
Gemmoglyptik (lat.-grch.), Gemmenschneide-
Voniiunia. (lat.) nannte man früher die ersten
Entwicklungsstadien der Laubblättcr nebst den dazu- !
gehörigen Htcngelteilen, die noch im Samen ein-
geschlossen sind; die Bezeichnung (^. ist demnach
gleichbedeutend mit?Iumni3. (s. d.). Ferner ver-
stand man unter 6-. die Samenknospe (s. d.), doch
auch diese Bezeichnung ist nicht mehr gebräuchlich.
(S. auch Erblichkeit, Bd. 6, S. 232 a.)
Gemona (spr. dsche-), Hauptstadt des Distrikts
G. (28880 E.) in der ital. Provinz Udine lVenetien),
3 km vom linken Ufer des Tagliamento, an der
Linie Udinc-Pontebba (Station G.-Ospedaletto) des
Adriatifchen Netzes, ist von Mauern umgeben, hat
(1881) 3793, als Gemeinde 7665 E., eine schöne
byzant. Kirche, technische Schule; Seidenfilanden,
Fabrikation von Wollstoffen und Marmorbrüche.
^ Vsinoniav soa^ae (lat., "Seufzertreppe-'), im
alten Nom Stufen, die von dem ('ln-cer ^Inmer-
tinu8 (s. d.) zum Forum herabführten. Auf ibnen
wurden die im Gefängnis Hingerichteten hinabge-
schleift, dann in den Tiber geworfen.
Gemsballen oder Gems kugeln, f. Gemse.
Gemsbart, kokardenförmiger Schmuck sür
Iägerhüte, der aus den langen Rückenhaaren der
Gemsböcke gefertigt wird.
Gemsbüffel (^noa äe^i-ossicoi-uis ^mit//), eine
auf Celebes heimische Büffelart, die viel Antilopen-
Haftes an sich hat. Der G. wird etwa 1 m hoch
und 1^/2 m lang, ist von rot- bis dunkelbrauner Fär-
bung und hat kräftige, fpitze Hörner, die ihm als
gefährliche Waffe dienen. Vereinzelte Exemplare
kommen in die europ. Tiergärten, werden mit etwa
700 M. bezahlt und halten gut aus. Ihre Lebens-
weife gleicht völlig der der Rinder, doch werden sie
meist sehr bösartig.
Gemse (^ntilo^L oder (^P6li3. i-upicapi-I. ^v/.r-
leben,^.Tasel: AntilopenII,Fig. 3), die einzige in
Deutschland vorkommende Art der großen Familie
der Antilopen (s. d.), unterscheidet sich durch die bei
beiden Geschlechtern vorhandenen, gerade aufsteigen-
den, der Länge nach fein gefurchten, an der Basis mit
Querringen versehenen Hörner, die in eine glänzend
schwarze, glatte, nach rückwärts gebogene Spitze
enden. Ob die G. der Pyrenäen, Isard genannt,
eine eigene Art ist, dürste sehr zweifelhaft sein.
Wenn nicht, so bewohnt die G. die höhern Regionen
der ganzen Alpenkette, der Pyrenäen, Apenninen und
des Kaukasus, wie auch den Gebirgszug des Dema-
vend in Persien und nährt sich von Alpenkräutern,
deren unverdauliche Fasern oft mit Haaren gemischt
sich im Magen der G. bisweilen zusammenballen
und die G emskugeln oder Gemsballen (^e^a-
Zi-opilas) oder die europ. Bezoarsteine (s. d.) bilden.
Das Tier besitzt die Fähigkeit, mit der größten
Sicherheit über die gefährlichsten Stellen steiler
Felswände hinwegzueilen. Es springt über 5 m
breite Klüfte mit kaum glaublicher Leichtigkeit und
Genauigkeit und führt selbst Sprünge von 6 bis
10 m in die senkrechte Tiefe aus. Die G. halten
sich in Nudeln von 6 bis 20 und mehr Stücken bei-
sammen, welche Wachen ausstellen und selbst auf
der Flucht sich nur im äußersten Notfalle trennen.
Die Brunftzeit fällt in den Spätherbst; die Tetzzeit
Ende April bis Ende Mai. Da die G. an den unzu-
gänglichsten Orten leben, sehr scheu und aufmerksam
sind und scharfe Sinne besitzen, so ist die Jagd auf
sie beschwerlich, oft auch sehr gefährlich. Sie wird
entweder (wie in der Schweiz) von einzelnen Jägern
ausgeübt, oder es werden (wie in Osterreich) Treib-
jagden in gut bestandenen und gehegten Revieren
veranstaltet. Bei letztern kommen zuweilen an
einem Iagdtage 50-60 und inehr Stücke auf die
Strecke. Das Fleisch der G. ist derber als das des
Nehwildes und weniger schmackhaft. Junge, meist
von Wilddieben eingefangene G., gelangen häu-
figer durch Zwischenhändler für den Preis von
200 bis 250 M. in die zoolog. Gärten, halten sich
aber in der Regel schlecht und geben nur in seltenen
Fällen ein Bild der freilebenden G.
Gemshorn, eine Orgelstimme von weichem und
angenehmem Hornklang. Die Pfeifen dieser Stimme
sind konisch und von Metall, haben weite Mensur
und engen Aufschnitt. Arten des G. sind: Oktav-
gemshorn, Gemshornquinte, Gemshornbah; das
G. findet man bei Orgelwerken im Manual und im
Pedal vertreten.
Gemskugeln oder Gemsballen, s. Gemse.
Gemswurz, s. voi-onicum.
Gemülld an der Eisel, Stadt im Kreis Schlei-
den des preuß. Reg.-Bez. Aachen, am Einfluß der
Olesf in die Urft und an der Nebenlinie Kall-Hellen-
thal der Prcuft. Staatsbahnen, Sitz eines Amtsge-
richts (Landgericht Aachen), Katasteramtes und einer
Obcrförsterei, hat (1890) 1515 E., darunter 170
Evangelische und 80 Israeliten, Post, Telegraph;
Drabtzieberei, Drahtstift-, spulen-, Spielwaren-,
Kunstwolle-, Pappstosf- und Pulverfabriken, Dampf-
sägewerk und Nagclgießerei.
Gemünd in Niederösterreich, s. Gmünd.
Gemünden. 1) G. in Bayern, Stadt im Be-
zirksamt Lohr im bayr. Reg.-Bez. Nnterfranken,
38 km im NW. von Würzburg,^an der Mündung
der Fränkischen ^aale und der ^inn in den Main,
am Fuße der letzten Ausläufer des Spessart und der
Rhön, in 155 m Höhe, an den Linien Elm-G. (46,2 km)
der Preuß. und Würzburg-Afchaffenburg, G.-Obern-
dorf-Schweinfurt (51,2 km) fowie der Nebenlinie
G.-Hammelburg (27,8 km) der Bayr. Staatsbah-
nen, Sitz eines Amtsgerichts (Landgericht Würz-