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Genua (Herzog von) - Genugthuung
delssreiheit im Schwarzen Meere. Überall legten
die Genuesen Niederlassungen an und traten so den
Handelsgelüsten der Venetianer erfolgreich ent-
gegen. Daraus entstand ein langwieriger Krieg
Mischen den beiden Staaten, der schließlich mit der
Vernichtung der von Tizio Cibö befehligten genue-
sischen Flotte bei Chioggia durch den Togen Andrea
Contarini 23. Dez. 1379 und mit dem für die Republik
G. ungünstigen Frieden von Turin 1^>8I endigte.
Zugleich mit den Kämpfell gegen Pisa und Ve-
nedig tobten im Innern unaufhörliche Verfassung^-
kämpfe. Seit dem 12. Jahrh, wurden die Feld-
derren, Beamten und Ricdter aus den vornehmsten
Geschlechtern gewählt, die schließlich alle Gewalt
an sich rissen. Die Einsetzung eines Podefta (12I7>,
der öfters von auswärts geholt wurde, um frei von
Vartcieinflüssen ein strengeres Regiment führen zu
tonnen, konnte der Verwirrung keinen Einhalt ge-
bieten, vielmehr gelang es um 1260 dem Gnglielmo
Voccanegra, auf die Zünfte gestützt, das Podestat
zu beseitigen und sich selbst als (5apitano del Po-
polo mehrere Jahre hinonrch zu behaupten, bis der
Adel die frühere Verfassung wiederherstellte. Dann
folgten die heftigen Fehden zwischen Gbibellinen
lDoria, Spinola u. a.) und Guelfen (Aieschi, Gri-
maldi u. a.); erstere unterlagen 1319, doch wurde
1331 der Kampf unter Vermittelung König Ro-
berts von Neapel dahin beendet, das; fortan beide
Parteien sich in den Besitz der städtifchen Ämter
teilen sollten. Das von dem Adel hart bedrückte
Volt wählte 1339 den ersten Dogen, Simone Boe-
eanegra, dem ein Rat von 12 Männern, 6 aus dein
Volk und 6 aus dem Adel, zur Seite gestellt wurde;
bei seiner Wiederwahl 1361 wurde indefsen der
Adel von allen Ämtern ausgeschlofsen. Als Boe-
canegra 1363 durch Gist beseitigt worden war, be-
gannen die Kämpfe zwischen dem Adel und den
Popolaren aufs neue, sodaß schließlich die durch die
innern Streitigkeiten und die Niederlage bei Chiog'
gia geschwächte Republik 1396 dem König Karl VI.
von Frankreich die Herrschaft über G. übertrug. Die
ser saudte 1402 als Govcrnatore den Marschall Vou-
eieault, der sich aber durch seine selbstsüchtige Politik
dermaßen verhaßt machte, daß im Sept. 1409
ein Aufstand ausbrach und der Statthalter verjagt
wurde. Der Markgraf von Montferrat wurde als
Generalkapitän an die Spitze des Gemeinwesens
gestellt, aber 1413 wieder vertrieben; 1421 jedoch
kam G. infolge der Niederlagen seiner Flotte durch
die Aragonier und Catalonier unter die Herrschaft
Mailands, die aber schon 1436 gestürzt wurde,
worauf die Republik 1458 abermals nach neueu
innern Wirren und äußern Bedrängnissen sich der
Herrschaft Frankreichs unterstellte. 1464 trat König
Ludwig XI. von Frankreich seine Ansprüche auf G.
au den Herzog Francesco Sforza von Mailand ad.
Bis 1499 waren die Eforza Herren in G., bis mit
Mailand auch G. wieder unter die Botmäßigkeit
der Franzofen geriet.
Entscheidend für G.s äußeres und inneres Schick-
sal war es, daß 1527 Andrea Doria (s. d.) seine
Leitung übernabm und es dem schließlich in Ita-
lien siegreicheil Karl V. als ersten und wichtigsten
Verbündeten zuführte. Dadurch wurde G.s Seld
ständigkeit gerettet; aber da durch die Festsetzung
der Spanier in Italien, die der 5?smanen in der
ganzen Levante und an der afrik. Küste G. die Be
thätigung seiner Kraft uacb außen abgeschnitten
war, so wandten sich die unrubigcn Geister wieder
gegen innen. Nach der Verschwörung des Giov.
Luigi Ficsco (s. d.) gegen die Erbherrschaft der
Doria 1547 kam es zu einem erbitterten Kampf
zwischen dem ältern Ad^l von San Pietro und dem
jüngern von SanLuea, welcher zuerst zur Volks-
partei hielt; als aber in letzterer radikale Strömun-
gen die Oberhand gewannen, einigte sich der Adel
gegen das Volk, und jetzt wurde die Nachbildung
der venet. Aristokratie wirklich durchgeführt (1623).
Vor der Uuterwerfung unter Savoyen wurde G.
wie Genf geschützt durch den Neid Frankreichs ge-
gen den emporstrebenden Nachbar, welcher ihm
den Eingang nach Italien zu Lande zu verlegen
drohte. Als aber G. sich gegen die beiden Neben-
buhler auf Spanien zu stützen suchte, bekam es in
dem fürchterlichen Bombardement vom 17. bis
22. Mai 1684 die Macht und die ganze Barbarei
Ludwigs XIV. zu fühlen. Die seit 1714 in der Lom-
bardei herrschenden Österreicher drangen 1746 auch
in G. ein, wurden aber alsbald durch einen Volks-
aufstand wieder hinausgetrieben. Dagegen mußte
es froh sein, das von England unterstützte Corsiea,
welches die Härte der genuesischen Geldaristokratie
zur Empörung gebracht, nach langem und schwerem
Kampfe im Mai 1768 an Frankreich gegen 40 Mill.
Frs. abtreten zu können. Bonaparte machte der
Adelsherrschaft ein Ende, um in der "Ligurischen
Republik" (s. d.) auch einmal den rohen Pöbel zum
Worte kommen zu lassen (2. Dez. 1797), und ver-
leibte dann 4. Juni 1805 das dcnua^s olwa 5500
cikin umfassende Gebiet von G. dem franz. Kaiser-
reiche ein. Nach Napoleons I. Fall wurde die Repu-
blik trotz ihres Widerspruchs 1814 zu Paris und
1815 aufs neue vom Wiener Kongreß als ein be-
sonderes Herzogtum Sardinien zugeteilt. Cavours
tluge Handels- und Gewerbepolitit, die Eröffnung
der Gotthardbahn sowie großartige Hafenanlagen
haben aus G. die wichtigste Seestadt Italiens ge-
macht. Vom 4. bis 15. Sept. 1892 wurde in G. die
400jährige Gedenkfeier der Entdeckung Amerikas
durch den Genuesen Chr. Columbus durch großartige
Festlichkeiten in Anwesenheit des Königspaares be-
gangen. Ihren Mittelpunkt bildete eine Flotten -
Parade von 25 Schlachtschiffen fremder Nationen.
- Vgl. Canale, ^uova. Ltoi'ia. äsll^ re^uddlic^ cli
<Ä6N0va (bis 1550, Flor. 1858 - 64 und Genua
1874, 5 Bde.); F. Donower, stoi-ia äi (^nova
(Genua 1890); Malleson, 8wäi63 li-om (^6N06s6
digwr^ (Loud. 1875); Langer, Polit. Geschichte
G.s und Pisas im 12. Jahrh. (Lpz. 1882); Caro,
Studien zur Geschichte von G., 1190-1257 (Straftb.
1891); Heyck, G. und seine Marine im Zeitalter
der Kreuzzüge (Innsbr. 1886); Celesia, 3wria äei
ttenoveLi N6i XVIII Lecolo (Genua 1855); 3WWW
äfti I'.ulii äol eoinuu6 dslia ro^uddlicii ^(mov^LL
(edd. 1586). ^S. 669d).
Genua, Herzog von, s. Ferdinand Maria (Bd. 6,
Genueser Feige, s. Feige (Bd. 6, S. 632a).
Genuflexion (lat.), Kniebeugung, kmefälligc
Verehrung.
Genugthuung (lat. L^ti^ctio opoi-iä), neben
coiiU'itio'ooräiL, reuige Zerknirschung des Herzens,
und c"iit'688i0 s>ri8, ^ündenbekenntnis, die dritte
! Forderung des Bußfakraments der katb. Kirche, die
^ als Bedingung für die Absolution (s. d.) aufgestellt
wird. - Im surist. Sprachgebrauch ist G. die Wieder
Herstellung eines verletzten Gutes, insonderheit ver-
letzter Ehre. Als ein Vtittel der G. wird in der
Strafrechtswissenschaft im Gegensatz zur öffentlichen