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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Geologie
resten auch noch auf die äußern Verhältnisse (Klima,
Bodenbeschaffenheit, Meeresströmungen, Verteilung
von Land und Wasser) bei der Bildung der sie be-
herbergenden Schichten schließen kann.
Die Produkte der gesteinsbildenden Thätigkeit
während jedes einzelnen dieser Zeitabschnitte, also
die (Hchichtenkomplere, die während jeder Periode znr
Ablagerung gelangt sind, nennt man Geologische
Formationen; mit ihrer Erforschung beschäftigt
sichdiehistorischeGeologieoderFornlations -
lehre. Die sedimentären Formationen umschließen
in ihrer Gesteinsmasse, gewissermaßen als Denk-
münzen aus den Zeiten, denen sie ihre Entstehuug
verdanken, die Reste der damaligen Tier- und
Pflanzenwelt. Nach der größern oder geringern
Ähnlichkeit ihres Paläontolog. Charakters vereinigt
man einerseits mehrere Formationen zu je einer
Gruppe und teilt andererseits wiederum jede ein-
zelne Formation in eine Anzahl Unterabteilungen
(Stufen). Man erhält dadurch von oben nach unten
folgende Gliederung dersedimeittären Schichtenreihe:
Känozoischc
Formationsgrnftpe
Mesozoische
Formationsgrnpft^
Q.mrtärf°rn."tio? '"^m
Paläozoische
Formationsgrnppe
Tl'rtiärformation
^n'ideforlilatim!
Juraformation
Triasformalion
sHermformation
lStt'iukohll'nforma-
/Pliocän
) Miocän
^ OliaMän
l,Eoc'än
iSenon
^ Tnron
^ Cenoman
Gault
^Neocom
sMalm
-^Dogger
lLias
sKeupor
^Mnschelkall
^Vnntsandstc'in
j Zcchstoin
i Notliegcndt's
sProduktive Stcin-
. " ^ kuhlengrnpfte
""" 'Subcarbon (Kiilm)
cvonijche Forlnation
ilnrische Formation
Cambrische Formation
sUrschicferformation
>eX.Ura.noisformation
Archäische
Formatiousgrupp
In allen diesen Perioden sind bald hier, bald da
Eruptivgesteine aus dem Erdinnern emporgedrun-
gen und haben sich zwischen die ältern Sedimentär-
gesteine eingeschoben oder haben dieselben über-
lagert. Durch das alles wurde der innere Bau der
festen Erdkruste nach und nach ein immer ver-
wickelterer, und die Mannigfaltigkeit seiner Zusam-
mensetzung hat dann auch großen Einfluß auf die
Oberflächengestaltung der Erde ausgeübt. Diese
ist daher in ihren Beziehungen zum innern Bau
und durch ihren Ursprung ebenfalls Gegenstand der
G. Die letztere zeigt, daß die Unebenheiten der
Erdoberfläche vielerlei Ursachen haben. Die wich-
tigsten darunter sind Hebungen, Senkungen, Fal-
lung, Verwitterung, Auflagerungen und Abschwem-
mungen, die sich teils gegenseitig unterstützen und
ergänzen, teils auch in gewissem Grade aufHeden.
Um die im Erdinnern beobachteten Erscheinungen
und die Gestaltung der Oberfläche zu erklären,
beachtet die dynamische G. ganz vorzugsweise
auch die gegenwärtig auf und in der festen Erdkruste
vorgehenden Veränderungen, Zerstörungen und
Neubildungen durch Wasser, vulkanische Thätigkeit,
Luft, organisches Leben u. s. w. und schließt aus
diesen gegenwärtigen Vorgängen auf die frühern,
größtenteils vorhistorischen, die nur noch aus ihren
Wirkungen saus dem besondern Bau der festen Ero-
truste) erkennbar sind. Auf diefe Weise führt sie uns
bis in die frühestell Erdzustände zurück.
Als Resultat aller dieser Forschungen haben wir
gegenwärtig zu betrachten, daß der Erdkörper höchst
wahrscheinlich aus einem heißflüssigen Zustande
durch sehr langsame Abkühlung von außen nach
innen in eineil an der Oberfläche festen, aus er-
starrten Gesteinen (Erstarrungsgesteinen) ge-
bildeteil Zustand übergegangen ist. Auf der Ober-
fläche dieser festen Kruste über einem, wie man
glaubt, noch immer glühenden Kerne hat dann das
Wasser zu wirken angefangen und durch Zerstörung
uild Wiederablagerung der ursprünglich erstarrten
Massen die geschichteten (oder sedimentären) Ge-
steine, die Flözformatiollen gebildet, die in regel-
mäßiger Reihe aufeinander folgen und deren rela-
tives Alter sich am besteil durch die darin ent-
haltenen Versteinerungen bestimmen läßt. Wäh-
rend der Ablagerung dieser Formationen haben
aber fortwährend Reaktionen des hcisistüssigen In-
nern auf die starre Kruste und Oberfläche stattge-
funden. Dnrch andauernde Zusammenziehung der
Erdkruste infolge der Aokühluug und Volumenver-
minderung der Erde runzelte sich die Erdoberfläche
zu Falten, zerbrach in Schollen, die sich über- und
aneinanderschoben (Gebirge); zugleich wurden ur-
sprünglich horizontale Gesteinschichten aufgerichtet
und lavaartige (eruptive) Gesteine durch Spalten
emporgepreßt. Die Vulkane sind die gegenwärtigen
Folgen dieser noch fortdauernden Reaktion. Lange
Zeit hat unter den Geologen ein wissenschaftlicher
Kampf bestanden zwischen den sog. N ep tu nisten
und Vulka nisten, indem die einen alles durch
Wasser, die andern sehr vieles dnrch vulkanische
Thätigkeit entstehen ließeil. Diese extremen An-
sichten sind dnrch die unbefangenen Beobachtungen
der Neuzeit vermittelt. Dennoch bestehen über viele
geolog. Vorgänge noch sehr ungleiche Ansichten.
Die Tendenz, die gegenwärtig in der G. vor-
herrscht, ist wesentlich auf Erforschung der jetzt noch
wirkenden Kräfte und deren Wirkungen in der Vor-
zeit gerichtet. So hat sich namentlich in der Gesteins-
lehre die Erkenntnis Bahn gebrochen, daß beständige
Umwandlungen der Gesteine Platz greifen, durch die
nicht nur die Struktur, fondcrn auch die chem. Zu-
sammensetzung derselben schließlich gänzlich ver-
ändert wird. Man suchte diese Veränderungen eines-
teils all den die Gesteine znsammensetzenden Mine-
ralien zu studieren an der Hand der sog. Pseudo-
morphoseu, bei denen die ursprüngliche Krystallge-
stalt erhalten bleibt, der den.Urystall bildende Stoff
aber durch einen andern ersetzt wird, andernteils auf
chem. Wege durch künstliche Bildung in der Natur
vorkommender Mineralien, wo man dann aus der
Operation auf den in der Natur vorgekommenen
Bildungsprozeß zurüäschloß, oder endlich auch durch
mikroskopische Untersuchungen, die man an Dünn-
schliffeil der Gesteine anstellte. Mit großer Energie
hat man auf der andern Seite das Studium der ge-
schichteten Gesteine und ihrer Einschlüsse weiter-
geführt. In engster Verbindung mit ihm steht die
Aufnahme Geologischer Karten, die durch ver-
schiedene Farben die Verbreitung der Formationen
auf der Oberfläche und die Grenzen derselben genau
erkennen lassen. Einzelne Länder und Provinzen
sind auf diese Weise ganz ausgezeichnet bekannt ge-
wordeil und namentlich sind die ^pecialkarten, die