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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Geschäfte per Cassa - Geschäftsgebrauch
an Stelle des Veräußernden, etwa unter Festhaltung
des Kundenkreises oder von derselben Betriebsstätte
aus, den gewerblichen Beruf für eigene Rechnung
auszuüben. Vielmehr werden sehr häufig in weiterm
oder geriiigerm Umfange die Mittel, das G. zu bc-
treiben, mitveräuhert, seien es nur die Utensilien oder
ailch die Vorräte und selbst die in den Außenständen
steckenden Betriebsfonds. Diese Znbebd'rungen wer-
den dann wohl auch unter dem Begriff des G. mit-
gefasit. Was danach, bei einer Undeutlichkeit des
schriftlich abgefaßten Veräußerungsvertrags im ein-
zelnen als mit dem G. veräußert anzufeben ist, muß
durch Ausleguug, Zurückgehen auf die Vorverband-
lungen, Vergleich des verabredeten Preises mit dem
Werte u. s. w. ermittelt werden.
GeschäfteperCassa,an Effektenbörsen, s. (^Ä33a
(Vd. 3, S. 98 la).
Geschäftsbücher, s. Handelsbücher.
Geschäftsfähigkeit, s. Dispositionsfähigkcit
und Wandlungsfähigkeit.
Geschäftsführer, s. Geschäftsführung.
Geschäftsführung, nützliche, oder G. ohne
A uftrag (ne^otiorum F68tio). Für einen Abwefen-
den oder fönst an der eigenen Vornahme eines durch
die Sachlage gebotenen oder veranlaßten Gefchä'fts
ls. d.) Behinderten darf ein Dritter (Geschäfts-
führer) das Gefchäfr, auch wenn er dazu von dem-
jenigen, welchen es angeht, nicht beauftragt war,
dann vornehmen, wenn der Geschäftsherr bei Kennt-
nis der wirtlichen Sachlage das Verhalten des Ge-
schäftsführers gebilligt haben, wenn jener, falls er
nicht behindert gewesen wäre, ebenso gehandelt haben
würde. Wenn der Dritte in dieser Weise eine fällige
Schuld des Gcfchäftsherrn zahlt, in der Vestellzeit,
als die Bearbeitung nicht mcbr aufzuschieben war,
dessen Acker pflügen iäßt, dem Mündel des Geschäfts-
herrn Alimente gewährt, bei ausbrechendem Feuer
das Mobiliar ausräumen läßt oder fönst in den
Rechts-, Vermögens- oder Gefchäftsangelegenhcitcn
des abwesenden oder behinderten Geschäftsherrn
etwas Notwendiges oder Nützliches vornimmt, so hat
er einen Anspruch auf Erstattung derAuslagcn gegen
den Geschäftsherrn, wenn er nicht in der Absicht ge-
handelt hat, diesem etwas zu schenken. Hat der Ge-
schäftsherr die G. nachträglich genehmigt, so steht
das einem Auftrage gleich; aber daß er sie nicht ge-
nehmigt, selbst daß er sie nachträglich gemißbilligt
hat, schließt den Anspruch des Geschäftsführers fo
wenig aus, wie daß die G. nach dem Erfolge nicht
zum Vorteil des Gefchäftshcrrn ausgeschlagen ist.
Dagegen ist der Anspruch des Geschäftsführers (actio
li6A0tini-nin ss63t0rum conti-ln'ia) ausgefchlossen,
wenn der Gefchästsherr ihm eine Einmischung in
seine Geschäfte untersagt hatte oder wenn besondere,
dem Geschäftsführer unbekannt gebliebene Umstände
vorlagen, aus denen hervorgeht, daß der Gcschästs-
herr anders gehandelt haben würde, sodaß ihm die
Einmischung dcs Geschäftsführers zum Nachteil ge-
reicht; z. V. der Gefchäftsherr wollte, ohne daß es
der Geschäftsführer wußte, den Acker brach liegen
lassen, oder jenein stand an seinen zahlungsunfähigen
Gläubiger eine Gegenforderung zu, welche er gegen
die vom Geschäftsführer bezahlte Schuld aufrechnen
wollte. So hat der Dcutfche Entwurf §. 753 richtig
die Grenze gezogen: "Es wird vermutet, daß der
Gcschäftsherr gebilligt haben würde, was ein ordent-
licher Hausvater hätte für angemessen erachten
müssen", - sodah dem Geschäftsherrn der Gegen-
beweis besonderer UmMttde freisteht.
Andcrerfeits haftet der Geschäftsführer dem Ge-
schäftsherrn aus den von diesem anerkannten oder
anzuerkennenden Geschäften auf Herausgabe dessen,
was an den Geschäftsführer gekommen ist, und auf
Rechnungslegung; fönst auf Wiederherstellung und
Schadenersatz; in jedem Falle auf Erfatz für Arg/ist
und Nachlässigkeit, bei Abwendung einer dringen-
den Gefahr nur für grobe Fahrlässigkeit. Der Ge-
schäftsherr kann nicht teilen, also nicht die günstigen
Erfolge acceptieren, um die nachteiligen zurückzu-
weisen. Das schließt nicht aus, daß er bei Ge-
nehmigung der G. im ganzen den Geschäftsführer
für das verantwortlich macht, was er verschuldet
hat. Den Anspruch des Geschäftsherrn bezeichnen
die Römer als actio ne^otioruin AEätorum äirecta..
Ob das, was der Gefchäftsführer gethan hat, sich
als ein für den Gefchäftsherrn unternommenes Ge-
fchäft darstellt, ergiebt sich aus objektiven Verhält-
nissen. So, wenn ein Prozehtermin ohne Vollmacht
für den Beklagten abgewartet, wenn dessen Haus
vom Brande gerettet, dessen Vieh aus dem Wasser
gezogen wird. Daß der Geschäftsführer die Per-
fon des Gefchäftsherrn gekannt hat, ist nicht er-
forderlich; wenn er nur für fremde Rechnung ge-
handelt hat. Anders, wenn er glaubte, fein eigenes
Gefchäft zu fübren. Hier kann er gegen den, welchen
die Sache wirklich anging, nur einen Bereicherungs-
anspruch erheben. Daß er zugleich sein eigenes Ge-
schäft führte, fchlicßt, soweit als er das fremde
Interesse wahrnahm, die G. fo wenig aus, wie daß
er von einem andern beauftragt war, das Geschäft
des Tritten zu sühren.
Liegt dagegen eine objektive Beziehung dessen,
was der Geschäftsführer unternommen hat, zu der
Pcrfon des Gcfchäftsherrn nicht, sondern nur die
Thatsache vor, daß der Geschäftsführer das, was er
ausgeführt hat, für Rechnung dieses Dritten aus-
führen wollte, z. V. er hat für Rechnung eines Kauf-
manns, welcher mit Cigarren handelt, solche ohne
Auftrag von einem Fabrikanten gut und billig ein-
gekauft, fo gilt nach der hcrrfchenden Ansicht dies
als ein Geschäft dcs Gefchäftsherrn nur, wenn diefer
dasselbe genehmigt.
Geschäftsgebrauch. Stehen zwei Kaufleute
miteinander in dauernder Gefchäftsverbindung,
fo pflegen die Bedingungen des einzelnen Geschäfts
nicht im einzelnen verabredet zu werden, vielmehr
genügt es, auf frühere Abmachungen zurückzuver-
wcifen. Das kann auch stillschweigend gefchehen,
indem immer in gleicher Weise reguliert, z. B. die
Emballage nach bestimmten Sätzen oder gar nicht
berechnet, der Preis unter Abzug eines Stücks be-
zahlt wird. Ein folcher G. gilt dann als stillschwei-
gend vereinbart. Ebenso bilden sich aber unter
einer ganzen Klasse von Kaufleuten, z. B. zwischen
Verlags- und Sortimentsbuchhändlern, zwischen
Kommittcnten und Kommissionären beim Vörsen-
geschäft, zwischen Verkäufern und Käufern G., welche
den zu dieser Klasse gehörigen Kaufleuten bekannt
und deshalb als stillschweigend vereinbart gelten,
wenn etwas anderes nicht verabredet ist. Sind sie
ausdrücklich in Bezug geuommen, so kann sich der
einzelne Kontrahent nicht damit entschuldigen, daß
er sie nicht gekannt habe. Häusig werden derartige
G. auch wie statutarische Satzungen schriftlich redi-
giert, so namentlich die "Usancen" oder "Bedingun-
gen" der Vorfen. Nach dem Deutfchen Handels-
gefetzbuch Art. 279 ist in Beziehung auf die Ae-
j deutung und Wirkung von Handlungen und Unter-