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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Geschütz
reich durch Napoleon lii. 1852 erfolgte, später!
auck seitens anderer Mächte (so 1861 in Preußen '
in Gestalt des kurzen 12-Pfünders, Fig. 6 u. 7)
Beifall fand, hoffte man das Einheitsgeschütz der
Feldartillerie gefunden zu haben, das die Vorzüge
der bisherigen Geschützarten in sich vereinigen sollte. .
Für Zwecke des Festungskrieges
wurde ein kurzes 24pfündiges
Kanon zum Granatschnß einge-
führt, auch die Vombenkanonen,
die anfänglich mehr für den See-
krieg ausersehen waren, fanden
hier Anfnahme. Die Lafetten-
systeme wurden weiter fortgebildet und allerwäns
erleichterte Feldlafetten eingeführt.
Da hiermit der Zeitraum beginnt, wo zuerst
brauchbare gezogene G. hervortreten, fo erübrigt
es, das Svstem der glatten G., wie es sich nunmedr
kurz vor seinem durch diese veranlaßten allmählichen
Ausscheiden gestaltet hatte, übersichtlich zu schildern.
Man betrachtete alsHauptgesckützarten die Kano-
nen (s.d.) und die Mörser (s. d.). Den Typus der
erstern, und zwar der kurzen Kanonen, zeigt Fig. 6
als Längcndurchschnitt des preuß. kurzen 12-Pjün-
dors von 1801, dazu Fig. 7, Ansickt von vorn; den
der letztern Fig. 8 als Längendurchschnitt des preuß.
25pfündigen Mörsers. Der Unterschied liegt zn-
näckst in der re-
lativen Länge der
^eele, die bei lan-
gen Kanonen 18,
bei kurzen Kano-
nen 13, dagegen
bei Mörsern nur
^; Kaliber beträgt,
ferner in der Ge-
staltung der Seele,
insofern Kanonen
in derselben gleich weit, Mörser dagegen im bintern
Teile zur Aufnahme der Pulvcrladung verengt find.
Diefer verengte Teil heißt die Kammer; sie ist in
Fig. 8 cylindrisch (X) und schließt sich durch den
halbkugelförmigen Kessel c! an den vordern cylindri-
schen Teil, den Flug ^', an, der dem Geschosse als
Führung dient. Diese Verschie-
denheiten sind darin begründet,
daß die Kanone eine im Verhält-
nis zum Geschoßgewicht große
l/.i bis ^4), der Mörser eine! leine
und dabei wechselnde Ladung hat,
und das hängt wieder damit zu-
sammen, daß dic Kanone ihr Ge-
schoß im flachen, der Mörser aber
im hohen Bogen forttreiben foll.
Kanonen sind im Zusammenhang
mit ibrer großen Ladung im Me-
tall verhältnismäßig stärker als
die Mörsc-r. Vci bc-idc-n findet aber
im allgemeinen eine Abnahme der
Metallstärte von hinten nach vorn statt. Bei Ka-
nonen^ sitzen die Schildzapfen in der Mitte kurz vor
dein ^chwerpuntt, bei Mörsern l'inten. Das Rich-
ten gcsckiebt bei Kanonen unmittelbar durch ein am
bintern Teil angebrachtes Visier und ein vorn be-
findliches Korn; das Visier kann erhöht werden. (S.
Aussatz.) Der Mörser hat eine eingeschnittc-ne Visier-
linie und eine Matte zum Auffetzen eine^ Quadran-
ten. Lange Kanonen haben als Hauptgeschosse Voll-
tugeln, kurze Kanonen und Mörser Hohlkugeln.
Als Zwischengattungen zwischen Kanonen und
Mörsern hat man Haubitzen und Bomben-
kanonen. Erstere haben 6 oder 9 Kaliber Sce-
lcnlänge und heißen demnach kurze oder lange, ihre
innere Einrichtung entspricht im übrigen derjenigen
der Mörser, die äußere Ausstattung derjenigen der
Kanonen. In Fig. 9 ist eine ö st erreichische (kurze)
Feldbaubitze, auf Tafel: Geschützen, Fig.3ist
Grusons 13 cm-Feldhaubitze abgebildet. Haubitzen
von großcm Kaliber haben in derNegel konische Kam-
mern, ebenso die Vombenkanonen, die 10 Kaliber
lang sind und im übrigen den Kanonen gleichen. Die
Vombentanoncn näbcrn sich im Ladungsverhältnis
den Kanonen und schießen vorherrschend im flachen
Bogen, die Haubitzen nähern sich in ersterer Hinsicht
den Mörsern und schießen im flachen und im hohen
Bogen, beide haben Hohlkugcln als Hauptgeschosse.
Als Material der Geschützrohre benutzt man Bronze,
in zweiter Linie auch Gußeisen. Die gewöhnlichen
Kaliber der Kanonen in der Landartillerie sind
24-Pfünder (15 cm), 12-Pfünder (12 cm) und
l)-Pfünder l9 cm), auch hat man 8-Pfünder (W cm)
statt der 6-Pfünder; die Scbiffsartillcrie kennt noch
größere Kaliber als den 21-Pfünder. Für die übri-
gen Gesckützarten hatte man häusig die Benennung
der Kaliber nach dem Steingewicht der Geschosse
beibehalten; dem Durchmesser nach kommen Vomben-
kanonen gewöbnlich als 22 und 28 cm, Haubitzen
außerdem noch als 15 und 17 cm vor; bei den
Mörsern sind alle vier genannten Kaliber vertreten;
anherdem noch 12 cm sHandmörser) und solche
von sehr großer Mündungsweite, zum Werfen von
Steinen bestimmt und Stcinmörfer genannt.
Die Hauptscbwächen der glatten G. liegen in der
Notwendigkeit des Spielraums zwischen Geschoß
und Seclenwänden und in den großen Unregel-
mäßigkeiten der Flugbahnen, sowie in der Kugel-
Fig. 9.
gestalt der Geschosse, die der Wirkung derselben enge
Schranken setzt, und kennzeichnen sich als geringe
Trag- und Trefffähigkeit und ungenügende Gefchosi-
Wirkung, sobald man das gezogene G. dagegenhält.
Der Gedanke an gezogene G. ist, wie Muster
solcher in den Zeughäusern zu Zürich, Berlin und
Paris zeigen, schon im 17. und 18. Jahrh, aufge-
taucht, olme indes eine praktifch brauchbare Gestalt
zu gewinnen; ebensowenig gelang dies einer 180^
durch cincn königlich bayr. Artilleriehauptmann